Liebe Leser,

19.07.2001

eigentlich sollte an dieser Stelle das Antwortschreiben des Internolix-Vorstandsvorsitzenden Luigi Carlo de Micco auf meinen Offenen Brief in ComputerPartner 26/01 stehen. Doch die Wirklichkeit hatte uns überholt. Die Druckertinte des ComputerPartner-Heftes war noch nicht ganz trocken, da war de Micco mitsamt seinem Vertriebsvorstand Klaus-Peter Stoll (früher Stoll Datentechnik und Stollcom) schon nicht mehr an Bord. Sie sind bekanntlich nicht die einzigen, die den schwer ins Trudeln geratenen Software-Hersteller verlassen hatten beziehungsweise verlassen mussten.

Der neue Großaktionär Klaus Helbert höchstpersönlich hat den Vorstandsvorsitz übernommen. Selbstverständlich boten wir ihm an, an Stelle von de Micco auf den Offenen ComputerPartner-Brief zu antworten. Aber Helbert wollte nicht. Er zeigte sich im Telefonat mit ComputerPartner pikiert über unsere Rechercheergebnisse zu seiner beruflichen Vergangenheit. Er schäme sich zwar nicht dafür ("Ich war ein erfolgreicher Verleger."), der frühere Herausgeber der Sex-Postillen Coupé und Blitz-Illu erklärte aber, er habe keine Lust, sich auf "dieses journalistische Niveau" zu begeben. Unter seiner Verlagsführung haben die Blätter Coupé und Blitz-Illu zahlreiche Rügen des deutschen Presserates erhalten, meistens wegen des Verstoßes gegen das Gebot der wahrhaften Berichterstattung.

Wir hätten an dieser Stelle auch gerne aufgezeigt oder vom frischgebackenen Vorstandschef aufzeigen lassen, wohin die Reise von Internolix geht. Doch in dieser Hinsicht ist die Nachrichtenlage recht dünn. Bisher sickerte lediglich durch, dass Helbert zusammen mit seinem Weggefährten aus Coupé-Zeiten Markus Tarara Internolix zu einem "digitalen Medienkonzern" aus- oder richtiger umbauen wolle. Ohne dass man heute weiß, was dies konkret bedeutet, stellt sich die Frage, ob die Internolix AG von morgen noch sehr viel Ähnlichkeit mit der Internolix AG von heute beziehungsweise gestern hat. Und damit stellt sich ebenfalls die Frage, ob der deutsche IT-Handel in den Zukunftsplänen der Internolix-Führung überhaupt noch vorkommt. Sollte das nicht der Fall sein, wäre dies vor allem für diejenigen Unternehmen ärgerlich, die bis zu 30.000 Euro für die Autorisierung als Internolix-Vertriebspartner auf den Tisch gelegt haben. Dieses Geld wäre dann wohl auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Lehrgeld oder Leergeld.

Internolix ist eine große Enttäuschung. Das Unternehmen hat sich nicht nur als Risikopapier für die Kapitalanleger erwiesen, sondern auch als Risikopartner für den IT-Handel. Diese Erfahrung mit Internolix wird die Skepsis der Unternehmer im deutschen Fachhandel noch weiter bekräftigen, in das Geschäft mit Newcomern zu investieren. Sie werden sich ebenso wie die enttäuschten Neuer-Markt-Aktionäre in Zukunft wieder auf Standard-Werte konzentrieren, also auf die etablierten Anbieter.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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