LinuxWorld ist eine echte Business-Messe

05.11.2004
Mit 14.600 Teilnehmern hat die diesjährige Open-Source-Messe in Frankfurt beinahe das Vorjahresniveau (14.800) erreicht. Die Zahl der Aussteller nahm von 143 auf 150 zu; die von ihnen beanspruchte Standfläche hat sich um ein Fünftel vergrößert. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Ronald Wiltscheck

Eröffnet hat die fünfte LinuxWorld Expo & Conference Thomas Knebel vom Bundeswirtschaftsministerium. In seiner Ansprache betonte der Politiker die steigende Bedeutung von quelloffener Software für die öffentliche Verwaltung. Gleichzeitig sah er aber in Open Source eine Chance, das Ungleichgewicht in Sachen Softwareentwicklung zu Gunsten von Europa zu verschieben.

Passend dazu haben die deutschen Niederlassungen von Hewlett-Packard und Novell die Initiative "Linux Kommunale 2005" ins Leben gerufen. Es handelt sich dabei um ein Komplettangebot beider Hersteller, bestehend aus der Hardware von HP (Server, Speicher, PCs, Notebooks, Thin Clients, Drucker und Scanner) sowie Software von Novell. Die Ex-Netware-Company offeriert Kommunen das Betriebssystem Suse Linux Enterprise Server 9, die OpenExchange-Groupware sowie das nächsten Monat auf den Markt kommende Linux-Desktop mit dem Büropaket OpenOffice.org, dem EvolutionE-Mail-Client, dem Mozilla-Web-browser und einer speziellen Client-Management-Software. Hinzu kommen die für Behörden und Ämter notwendigen Fachanwendungen, die meist von ISVs (Independent Software Vendors) stamme. Zwar sind derzeit noch nicht all diese Applikationen für das Betriebssystem Linux vorrätig, doch HP und Novell ermutigen die Softwarehäuser, ihre Programme nach Open Source zu portieren.

Für die Migration der öffentlichen Verwaltung nach Linux vertrauen HP und Novell auf sieben ihrer Partner. Dabei handelt es sich um Probusiness, GNS IT Solutions, Maxpert, COS, Conet, Linux Information Systems und das Computer Zentrum.

Red Hat nutzte die LinuxWorld, um das eigene Partnerkonzept ins rechte Licht zu rücken. So kam mit den so genannten Runtime-Partnern die bereits neunte Kategorie von Partnern ins Spiel. Hier haben die Amerikaner Unternehmen im Visier, die bereits selbst proprietäre eingebettete Lösungen oder eigens entwickelte Betriebssysteme anbieten, und nun komplett auf Linux migrieren möchten.

Einer der bereits heute aktiven Runtime-Partner ist Gridapp, der Datenbanken unter Linux konsolidiert. Die Storage Computer Association offeriert die eigene Speicher-Management-Lösungen für die Linux-Plattform. Außerdem sucht Red Hat noch Runtime-Partner in den Einsatzbereichen Appliances, Netzwerkserver, TK-Anlagen, Speichernetze, Videobearbeitung, Kassensysteme und Medizintechnik.

Fünfjähriges Jubiläum

Veritas hat auf der LinuxWorld die Verfügbarkeit von diversen Anwendungen angekündigt, die für Red Hat Enterprise Linux zertifiziert sind. Dabei handelt es sich um die Storage Foundation 4.0, einmal für Oracles Real Application Cluster (RAC) sowie als Cluster-File-Sys-tem. Ferner sind nun der Veritas Cluster Server sowie der Volume Replicator für die Red-Hat-Plattform erhältlich. Der Speicherspezialist offeriert bereits seit fünf Jahren Software für Linux.

Der chinesische Hardwarehersteller e28 hat auf der Messe ein auf Linux basierendes Smartphone vorgestellt, das mit Video- und MP3-Funktionalität aufwartet. In Fernost kostet das Gerät derzeit 650 Dollar. Empower Technologies zeigte in Frankfurt den "Power Play Smart Communicator"-PDA mit Linux als eingebettetes Betriebssystem.

Nicht fehlen durfte natürlich auf der LinuxWorld die obligatorische Auszeichnung der Open-Source-Vorreiter. Zum beliebtesten Notebook-Hersteller wurde IBM gekürt. Als Linux-freundlichster Druckerhersteller galt den 100 Juroren Hewlett-Packard. Die Auszeichnung für die für Anfänger am besten geeignete Linux-Distribution erhielt Novell.

Aber auch kleinere Anbieter bekamen ihre Preise, so zum Beispiel X.org für den sehr guten Hardware-Support oder Skole Linux als die meist versprechende Newcomerin unter den Linux-Distributionen. Als bester Anbieter von Multimedia-Architekturen galt den Juroren Jack. Zur beliebtesten Abspielsoftware von Musik und Videos wurde der "Mplayer" aus Ungarn gekürt.

Den Preis für das beste E-Mail-Programm teilen sich Kmail und Mutt. Als performanteste quelloffene Datenbank gilt nach wie vor PostgreSQL. Eine Sonderauszeichnung für herausragende Aktivitäten im Open-Source-Bereich erhielt die EuroLinux-FFII-Allianz.

Aus der diesjährigen LinuxWorld zogen alle Teilnehmer ein positives Fazit. Eine Umfrage des Veranstalters IDG World Expo ergab, dass 86 Prozent der Besucher aus beruflichem Interesse nach Frankfurt kamen. 36 Prozent von ihnen waren Führungskräfte; ein weiteres Drittel entscheidet bei IT-Investitionen mit.

62 Prozent der Fachbesucher arbeiten in mittelständischen Firmen; Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern waren die Brötchengeber von gut einem Viertel der Messeteilnehmer. 55 Prozent der Befragten besuchten die Veranstaltung zum ersten Mal; 92 Prozent von ihnen planen einen erneuten Besuch im kommenden Jahr und würden die Veranstaltung auch weiterempfehlen. 55 Prozent der LinuxWorld-Besucher nehmen an keiner anderen großen Messe teil. Das unterstreicht auch die Leserbefragung von ComputerPartner, der zufolge die Frankfurter OpenSource-Veranstaltung einen hervorragenden vierten Platz im Ranking der wichtigsten Messen hier zu Lande belegt, hinter Cebit, Systems und Photokina, aber noch vor der IFA.

Meinung des Redakteurs

Wie wird wohl IBM auf die HP-Novell-Kooperation im Kommunenumfeld reagieren? Begeistert wird man in Stuttgart sicherlich nicht sein. Immerhin führt Big Blue das größte Linux-Migrationsprojekt hier zu Lande bei der Stadt München ein, wo auch Novell respektive Suse stark engagiert sind. Und außerdem war IBM mit 50 Millionen Dollar bei der Akquisition der Nürnberger durch die Company aus Utah beteiligt.

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