Lobby für Ssystemhäuser und IT-Fachhandel:

07.09.1998

VATERSTETTEN: Seit Jahren fordern Deutschlands Systemhäuser und Fachhandelsunternehmen eine eigene Interessenvertretung. Geschehen ist aber bis heute nichts. Jetzt hat Walter Steigauf, geschäftsführender Gesellschafter der Steigauf Datensysteme GmbH in Vaterstetten bei München, die Initiative ergriffen. Das Konzept für den ersten unabhängigen Verband der Systemhäuser und IT-Fachhandelsunternehmen steht. Im folgenden Beitrag erläutert Steigauf die Konzeption dieses Verbandes.

Dem Berufsstand der IT-System-Häuser und des IT-Fachhandels wird das Leben derzeit nicht leicht gemacht. Wiewohl beide Gruppen in wachsenden und wohlhabenden Märkten aktiv sind, müssen sie sich mit einer Vielzahl von Umständen auseinandersetzen, auf die sie kaum Einfluß haben und auf die sie deshalb meist auch nur reagieren können. Zum bewußten Agieren im Markt fehlen den meisten Unternehmen das Know-how und die Ressourcen.

Die Folge ist, daß es viele Unternehmen nur mit Mühe schaffen, in den schwarzen Zahlen zu arbeiten, und auch das oft nur, weil sie ihren Unternehmerlohn nicht oder, gemessen am geleisteten Einsatz, viel zu niedrig ansetzen. Wichtige unternehmerische Grundlagen wie Wareneinkauf auf Ziel, Investitionen in Ausbildung und neue Techniken, Qualitätsmanagement und Kundenorientierung bleiben auf der Strecke.

Keiner vertritt die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen

Wohin der Weg der Branche führt, kann derzeit niemand prognostizieren. Aber die Branche muß mit ihren Bedingungen leben und damit fertig werden - und das jeder für sich. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.

Manchmal wünschte man sich aber, daß man in bestimmten Situationen jemanden fragen könnte zu einem Thema. Jemanden, der neutral ist und Bescheid weiß, der womöglich sogar willens und noch dazu imstande ist, einen bei der Wahrnehmung seiner Interessen zu unterstützen: einen Berufs- oder Branchenverband zum Beispiel. In Deutschland gibt es bislang aber keinen Verband, der explizit die Interessen der System-Häuser und IT-Fachhändler vertreten würde. Es gibt den BVIT, in dem sich primär die Großen der Branche tummeln, den Verband der Software-Industrie, zumindest einen für Bürohandelsunternehmen und mehrere für Unternehmensberater. Keine von diesen Vereinigungen kann die Interessen der vielen kleinen Unternehmen legitim vertreten, sie sind dort auch nicht Mitglied. Dabei gäbe es, außer der Beratung, noch eine Menge anderer Dinge zu tun, die bis jetzt kaum jemand für sie erledigt.

Zum Beispiel die Vertretung der Interessen gegenüber

- dem Gesetzgeber in Bonn/Berlin oder in Brüssel,

- den Landes- und Bezirksbehörden,

- den Industrie- und Handelskammern,

- den Handwerkskammern,

- den Herstellern und Distributoren.

Zum anderen geht es um die Themen:

- Steuern

- Berufsausbildung, Fort- und Weiterbildung,

- Tarif- und Arbeitsrecht,

- Sozialversicherung und gesetzliche Unfallversicherung,

- Betriebswirtschaft und Rechnungswesen,

- Marketing und Werbung,

- Handels-, Urheber- und Wettbewerbsrecht,

- Qualitätsmanagement,

- Umweltschutz und Recycling.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Gemessen am Anteil des Brutto-Inlandsprodukts, den die IT-Branche erwirtschaftet, ist sie in der öffentlichen Meinung total unterrepräsentiert. Auch gemessen daran, welchen Stellenwert die Ergebnisse ihrer Arbeit für die gesamte Wirtschaft besitzen, müßte sie höhere Aufmerksamkeit genießen.

Was kann die IT-Branche tun?

Die Lobby der Landwirte liefert uns ein Beispiel. Obwohl der Anteil der Landwirtschaft am Sozialprodukt kaum höher ist als der, den die IT-Branche erwirtschaftet, genießt sie allseits Beachtung. Sie steht geradezu unter Artenschutz. Sie ist ja auch wichtig für uns alle.

Wenn wir nur halb so viel Beachtung und ein Zehntel der Subventionen erhalten würden, welche der Landwirtschaft jährlich zugestanden werden, könnten wir uns viele Probleme vom Hals halten. Wir wollen aber weder Subventionen, noch aufhören zu arbeiten, noch der Landwirtschaft etwas von ihrem Stellenwert absprechen. Mit diesem Beispiel soll nur aufgezeigt werden, daß es IT-System-Häuser und -Fachhandel in der öffentlichen Meinung praktisch nicht gibt. Und das sollte dringend geändert werden.

Von alleine wird sich wohl kaum etwas bewegen. Wenn sich an der Situation etwas ändern soll, werden die IT-Häuser sich selbst organisieren und gegebenenfalls einen Verband gründen müssen - einen Bundesverband der IT-System-Häuser und IT-Fachhändler in Deutschland zum Beispiel.

Wie wärs mit dem Namen "de.BIT"?

Zur Gründung müssen zumindest sieben Mitglieder beisammen sein, es bedarf außerdem einer Satzung und einer Beitragsordnung. Die Mitglieder finden sich. Nicht nur die sieben, sondern bestimmt viel mehr. Auch für den Namen gibt es bereits einen Vorschlag: de.Bit.

Die Satzung muß die Aufgaben des Verbandes ebenso wie Aufgaben und Pflichten der Mitglieder regeln. Sie muß die Arten der Mitgliedschaft definieren, muß aufzeigen, wie man Mitglied wird und wieder austreten kann. Daneben müssen die formalen Prozeduren geregelt werden, damit die Demokratie zu ihrem Recht kommt.

Mitglieder soll es ordentliche, außerordentliche und gegebenenfalls solche ehrenhalber geben. Die ordentlichen haben Stimmrecht und rekrutieren sich aus der Zielgruppe. Außerordentliche können Hersteller und Distributoren werden, auch Verlage und andere Institutionen. Sie genießen Beobachterstatus. Mitglieder ehrenhalber müssen sich um die Branche oder den Verband verdient gemacht haben.

Die Beiträge sollten sich an der Größe der Mitglieds-Unternehmen orientieren. Als Meßlatte für die Beitragsbemessung kann die Anzahl der Beschäftigten einschließlich des Unternehmers selber dienen. Aushilfen zählen anteilig mit, Azubis gar nicht. Mit 20 Mark pro Mitarbeiter und Monat zum Beispiel wäre niemand überfordert, aber der Verband könnte damit etwas auf die Beine stellen.

Das liest sich so einfach wie es (fast) ist. Nur - ein Verband alleine macht es nicht. Er muß nicht nur die Unterschriften und das Geld der Mitglieder besitzen, sondern von diesen auch aktiv legitimiert sein. Das bedeutet, daß die Mitglieder ihre Meinung artikulieren und diese im Dialog untereinander und mit dem Verband hinterfragen und festigen müssen. Sie müssen mit ihrem Verband bewußt kommunizieren wollen. Wenn das der Fall ist, kann der Verband als Sprachrohr der Branche auftreten und im Sinne der Mitglieder etwas bewegen. (gn)

Walter Steigauf, Geschäftsführer der SDS GmbH, fordert mehr Beachtung und Mitspracherecht für Systemhäuser und IT-Fachhandelsunternehmen

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