Loewe: Arrivierter TV-Hersteller versucht sich mit Multimedia

28.05.1998

MÜNCHEN: Nach diversen erfolglosen Anläufen der IT-Industrie, das Wohnzimmer zum Multimedia-Raum umzufunktionieren, versucht sich mit der Loewe Opta GmbH nun ein TV-Hersteller mit einem neuen Konzept. Der Hersteller liefert außerdem eigene Internet-Inhalte und hat sich bei der PC-Konkurrenz das Logistikkonzept Configure-To-Order abgeschaut.

In der Vergangenheit wurden bereits mehrere Versuche gestartet, um das Multimedia im heimischen Wohnzimmer zu etablieren (siehe Kasten: Das gab's doch schon einmal). Derzeit ist kaum ein großer IT-Hersteller zu finden, der nicht einen PC mit dem Aufdruck Multimedia im Angebot hat. Die Verkaufszahlen sprechen allerdings eine deutliche Sprache: die Allround-Maschinen fanden bisher nicht den rechten Zugang zum Kunden und belasteten eher die Regale von Distributoren und Händlern.

Warum sollte nun ausgerechnet ein Hersteller von brauner Ware, der mit PCs bisher (außer einem Ausflug in die BTX-Branche Ende der Achtziger) nichts am Hut hatte, mit seinem Konzept Erfolg haben? Vielleicht, weil der Ansatz der Loewe Opta GmbH das Thema Multimedia anzugehen ein anderer ist, als bei den konkurrierenden Zwitter-Produkten aus TV und PC. "Wir glauben, daß ein Multimedia TV-Gerät nur mit PC-Bestandteilen integraler Natur erfolgversprechend ist", beschreibt Roland Simon, Produktmanager des Segmentes Multimedia bei Loewe in Kronach, das Konzept. Nach der Meinung des Managers muß sich die PC-Technik hinter dem Erscheinungsbild des Fernsehers verbergen. Möchte der Benutzer auf die Möglichkeiten der IT-Medien zugreifen, muß dieses ohne Umstände möglich sein. Computer und Bedienungsfreundlichkeit - diese beiden Begriffe waren sich bisher spinnefeind. Loewe will diesen Konflikt geschickt lösen, indem der User nur mit den für ihn wichtigen Bedienungselementen konfrontiert wird. Beim "Xelos@Media TV-Active" mit komplett integriertem Pentium 166 MMX-PC läuft zwar Windows 95, jedoch versieht dieses verborgen im Hintergrund seinen Dienst. Nur bei explizitem Wunsch erscheint der normale Windows-Desktop auf dem Bildschirm. Bedient wird das Ganze entweder über eine Fernbedienung mit integriertem Trackball und Joystick oder bei Texteingaben per Infrarot-Tastatur.

Vom Videotext zum Internet

Die Idee, den herkömmlichen Fernseher zum Home-Multimedia- Center umzufunktionieren, lag für den Hersteller auf der Hand. "48 Prozent aller TV-Zuschauer nutzen Videotext. Warum also nicht diesen Videotext, mit seinen beschränkten Nutzungsmöglichkeiten, durch die Vielfältigkeit des Internet ablösen?", führt Simon seine Theorie aus. "Im Fernsehen trifft man laufend auf Homepage- oder E-Mail-Adressen", so der Loewe-Mann weiter. "Warum sollte man also nicht Werbepausen dazu nutzen, um sich ergänzende Informationen direkt online zu besorgen oder um E-mails zu verschicken."

Neu: Configure-To-Order bei brauner Ware

Für einen Hersteller von Unterhaltungselektronik-Geräten eher ungewöhnlich ist das Configure-To-Order Konzept (CTO). Die Produktfamilie der Xelos@Media-Geräte ist als Baukastenprinzip ausgelegt. Der Kunde stellt sein Wunschgerät nach individuellen Bedürfnissen und unterschiedlichen multimedialen Nutzungsgebieten aus dem Fernsehgerät und der verschiedenen IT-Komponenten zusammen.

Internet-Angebot als Ergänzung zum Produkt

Um den Kundenkontakt aber auch nach dem Kauf aufrecht zu erhalten, geht der Hersteller den Weg der nutzerfreundlichen Gerätebedienung konsequent weiter und erschuf als Ergänzung zum Multimedia-TV ein passendes Internet-Angebot, welches sich an der Darstellung normaler Fernsehinhalte orientiert. Der "Loewe Channel" (http:

//channel.loewe.de) bietet eine Auswahl deutschsprachiger Internet-Seiten. In 14 Rubriken, die nach Inhalten, wie beispielsweise Nachrichten, Wirtschaft, Kids, Reisen oder Unterhaltung unterteilt sind, sollen Internet-Neulinge Interessengebiete ihrer Wahl auffinden können. Per Bildschirmdialog wird auch der Nutzer ohne PC-Kenntnisse durch das World Wide Web geführt. Der erfahrene Web-Surfer kann natürlich, wie gewohnt, per Tastatur seine favorisierten http-Adressen eingeben.

Fazit

Daß ein TV-Gerät in der Preisklasse deutlich über 2.500 Mark nicht für den Massenmarkt taugt, ist dem Hersteller klar. Simon dazu: "Wir betrachten die neue Linie als ersten Schritt in Richtung Multimedia." Angesprochen auf Umsatzzahlen, die Loewe mit dem Xelos@Media bisher erreicht hat, gibt sich der Manager zögerlich: "Wir haben die Auslieferung der Geräte erst im März gestartet. Die Rückmeldungen sind sehr unterschiedlich. Wir haben Händler, die sich stark für Multimedia engagieren - bei denen läuft das Produkt sehr gut. Es sind aber auch Händler dabei, die bisher nichts verkauft haben." Diese Aussage verdeutlicht ein Vertriebsproblem. Der Hersteller verkauft seine Produkte momentan ausschließlich über den UE-Fachhandel. Dort ist aber in den seltensten Fällen das notwendige Know-how zur Bewältigung von IT-spezifischen Problemen vorhanden. Und nur auf die Händlerschaft zu setzen, die sich "aus Versehen", außer dem Tagesgeschäft, auch noch mit EDV-Technik befassen, sieht nicht unbedingt nach einem zielgerichteten Vertriebskonzept aus. Um in diesem Markt Erfolg zu haben, muß sich Loewe sicherlich zusätzliche Absatzkanäle suchen, um den Anforderungen seitens des Produktes und Xelos@Media nennt die Firma Loewe ihr Home-Multimedia TV-Gerät, welches sich mit verschiedenen Komponenten, wie Online-Modul, Digitalempfangsteil oder einem kompletten PC bestücken läßt.

des Kunden gerecht zu werden. (akl)

Loewe-Produktmanager Roland

Simon: "Internet-Surfen muß so einfach wie Fernsehen sein."

Zur Startseite