Lotus Development: Nur der Name bleibt

08.03.2001
Nach fünf Jahren am IBM-Gängelband verschwindet Groupware-Spezialist Lotus. Er wird in IBMs Software-Abteilung eingegliedert. Wer, wo, wie bleiben wird, wird von Partnern mit Spannung und gebotener Skepsis betrachtet.

Auf der diesjährigen "Lotusphere" hatte Lotus-Chef Al Zollar über den künftigen Kurs der IBM-Tochter schon alles gesagt: In einem internen Memo an die Lotus-Mitarbeiter vom 4. Januar. Der 1995 gekaufte Groupware-Spezialist werde bis Ende März in der Software-Abteilung von IBM neben Datenbanken, Infrastruktur-Software und Netzwerk-Management die vierte Software-Säule bilden. Nur der Name Lotus bleibe. Dass IBM dabei sei, "alle Prozesse zu überprüfen", lasen die rund 7.500 Lotus-Mitarbeiter mit gemischten Gefühlen: Jeder Arbeitsplatz stehe auf der Kippe. "Wir sind dabei, eine neue Lotus zu schaffen" - diese Zollar-Worte mussten so manchen wie eine Kündigung vorkommen. Das tun sie noch immer. Denn gut zwei Monate nach dem Memo rätseln weltweit Lotus-Mitarbeiter, ob, und wenn ja, welche Rolle sie in der unübersichtlichen Big-Blue-Ab-teilung "Software" haben werden.

"Wir basteln ein neues Lotus"

Gewiss ist, dass, wie in den USA gerade bei 183 Mitarbeitern erfolgt, im "Backoffice" Arbeitsplätze gestrichen werden. Erster europäischer Kandidat für Stellenstreichungen ist das Pariser EMEA-Hauptquartier von Lotus. "Für Lotus Zentraleuropa sieht es gut aus", grenzt Lotus-Sprecherin Beate Werlin ab. Dass aber weltweit alle IBM-Lotus-Doppelfunktionen - in Vertrieb, Marketing und Support - geprüft würden, bestätigte US-Sprecherin Mary Rose Green-ough. Konkreter wird sie nicht: "Es handelt sich um eine interne Angelegenheit." Unternehmensnahen Kreisen zufolge müssen sich Mitarbeiter binnen 60 Tagen entscheiden, ob sie bei IBMs Software-Abteilung anheuern oder aber bei Lotus bleiben wollen - falls sich für sie ein Platz findet.

Ebenso offen ist , wie Big Blue sich die künftige Produkt-Strategie für Lotus vorstellt. Die Wissens-Management-Software "Raven" und die Domino-Server dürften als Module in der Infrastruktur-Software "Websphere" aufgehen, Notes aber werde weiterhin gegen Microsoft "Exchange" als Groupware-Lösungsplattform plaziert .

Gerade im Notes-Bereich zeigen sich die Lotus-Partner aber skeptischer, als es Big Blue recht sein kann. "Nicht Lotus, sondern die Partner haben Notes im Lösungsgeschäft etabliert", kritisiert ein Premium-Partner. In den letzten beiden Jahren habe Lotus "das aber nicht honoriert", sondern versucht, über die Direkttruppe Professionell-Services (LPS) die Partner "aus dem Geschäft zu drängen". Es werde bei IBM nicht anders werden. Ein Lotus-Distributor findet es "verständlich", dass Lotus-Partner sich nicht in der "nie richtig strukturierten IBM-Organisition" wiederfinden wollen. Er ist gespannt, ob IBM den "kaputten Notes-Markt, in dem Partner keinen Pfennig im Lizenzgeschäft verdienen, in den Griff bekommt."

Die Partner werden das spätestens dann erfahren, wenn sie zur kos-tenpflichtigen Neu-Zertifizierung bei Big Blues Partnerworld-Abteilung antreten. Als Partner-Direktive hat IBM ausgegeben: "Mehr Klasse als Masse." "Das heißt: Nur die großen Partner bleiben", unkt ein langjähriger Lotus-Partner. Microsoft-Produkte sind sein zweites Standbein.

www.lotus.de

www.ibm.de

ComputerPartner-Meinung:

Das Ende der selbständigen Lotus Development war seit 1. Februar 2000 beschlossen. IBM-Veteran Al Zollar ersetzte Jeff Papows, CEO bei Lotus, und sein Auftrag hieß, Lotus in IBMs Software-Abteilung aufgehen zu lassen. Er stoppte Entwicklungen, gerade im Notes-Bereich, und nahm in Kauf, dass die unprofitable Lotus-Organisation nur noch mit sich selbst beschäftigt war. Jetzt hat Zollar seinen Auftrag abgewickelt. Von Lotus bleibt nur der Name. Und rund 13.000 Partner sind auf der Suche nach ihrer Zukunft. (wl)

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