Lotus-Partner im freien Fall

12.07.2000
Es sieht schlimm aus. Gedys entlässt ein Viertel der Mitarbeiter, Intraware halbiert das Personal der US-Tochter, und Teamwork wird von einem Insolvenz-Beauftragten geführt. Die drei AGs kämpfen ums Überleben im deutschen Software-Markt. Dass die LPS--Abteilung von Lotus Deutschland an der Entwicklung mitschuldig sei, steht für manchen Lotus-Partner außer Frage.

Sie haben nichts falsch gemacht. Sondern externe Faktoren sind schuld. "Unsere dynamische und lebendige Firmenkultur" zwingt CRM-Anbieter Intraware AG dazu, fast 200 der rund 380 US-Mitarbeiter zu entlassen. Die Karlsruher Gedys AG erklärt 70 der 292 Mitarbeiter, warum "eine Vielzahl von Synergieeffekten" ihre Entlassung unabdingbar machte. Die 53 Mitarbeiter, die jüngst von Lotus-Partner Teamwork einen blauen Brief erhielten, wenden sich bei Fragen am besten an Insolvenzverwalter Frank Kebekus. Dass er ihnen allerdings Firmenprosa wie "es bleibt das Ziel, Europas führendes Unternehmen bei IT-Lösungen für ESolutions zu werden" vorträgt, muss bezweifelt werden.

Seit ihren Börsengängen im Jahr 1999 beziehungsweise 2000 verbrannten die drei Unternehmen Dutzende Millionen Mark, erzielt aus den IPOs. Sie kauften sich Vertriebsmärkte in Europa und den USA, räumten durch Akquisitionen europaweit Konkurrenten weg und glaubten nicht zuletzt, mit Zukunftsvisionen weiteres Kapital gewinnen zu können.

Dass alle drei mit einem boomenden E-Business-Geschäft rechneten, gestützt auf ebenso schwungvolle wie vage Analystenprognosen, ist gewiss.

Doch in diesem Jahr liefen dem "Neuen Markt" die Anleger davon. Wer die um brillante Zukunftsvisionen bereinigten Quartalsmeldungen der drei studierte, erkannte, dass das Projektgeschäft vor sich hin dümpelte, die Lizenzeinnahmen ebenso, und die Kosten für Vertrieb - Aufbau der Märkte, Integration der Neuerwerbungen und Gehälter - exorbitant zunahmen. Der Kapitalwert der Lotus-Partner verfiel, und wenn sich die drei Rettung vom Softwaremarkt erwarteten, irrten sie. Er wird dieses Jahr laut nunmehr vorsichtiger Analystenmeinung nur im einstelligen Bereich wachsen - zu wenig, um im Lotus-Markt zu überleben.

"Wir haben nicht auskömmliche Preise"

"Wir stellen zum ersten Mal seit acht Jahren fest, dass wir nicht sagen können, wie sich die Auftragslage bis Ende Dezember entwickelt", umreißt Gedys-Vorstand Rolf Geishauser gegenüber ComputerPartner die Auftragsmisere. TeamworkSprecher Wilfried Eickholz findet, der Markt marschiere "nicht wie in den letzten Jahren". Dass man von der Intraware erfährt, sie setze nun auf den deutschsprachigen Markt im Ausland, ist konsequent, verblüfft aber in diesem Zusammenhang.

"Derzeit geht es uns schlecht"

"Zu viele Software-Häuser" gibt Geishauser als einen Grund für die traurige Entwicklung der drei Lotus-Partner an. Dass dieser Umstand im Lotus-Umfeld etwas Neues ist, behauptet er nicht. Allein an der Menge der Partner kann es nicht liegen: Die meisten der über 1.000 Business-Partner haben ihr Auskommen mit vielleicht drei bis vier Lizenzverkäufen pro Jahr.

Ein anderer Lotus-Partner analysiert kühler: "Derzeit geht es den uns schlecht." Er steuert dafür zwei Gründe bei: Einmal hätten große Lotus-Partner sich zu viel erwartet, was das Lizenzgeschäft mit seinen proprietären Lösungen (allein sechs Notes-Kernels in Deutschland) angehe. "Im Groupware-Geschäft sind Standards gefragt - zum Beispiel Scripteinbindung über Java und zunehmend XML." Biete man Eigenentwicklungen an, müsse man augenfällige sonstige Vorteile bieten, um die Wahl dieser Plattformen zu rechtfertigen. "Finden Sie als Kunde mal raus, was diese wirklich sind!" Zum zweiten weist er auf die Politik der gewohnheitsmäßig ungeliebten und immer wieder als Hauptschuldige ausgemachten "Lotus Professional Services (LPS)" hin. Diese muss bekanntlich das Ihre zur Sicherung des "Break-even-Point" der IBM-Tochter (siehe ComputerPartner 23/00, Seite 16) beitragen. Dass das aber nur durch Wettbewerb mit Lotus-Lösungspartnern realisiert werden kann, weiß man - bei Lotus und bei den Partnern. Nicht umsonst kündigte Hans-Peter Bauer, Regional Director Central Europe und Lotus-Geschäftsführer in Deutschland, auf dem IBM-Lotus-Partnercamp im Mai dieses Jahres "erhöhten Wettbewerb der Lösungen" an. Allerdings "erst ab Ende 2000", nicht schon jetzt.

Lotus wächst - mit wem?

Nachdem das Notes-Geschäft in diesem Jahr um geschätzte 40 Prozent zunehmen wird, die Anzahl der LPS-Mitarbeiter in Zentraleuropa mittlerweile 300 Mitarbeiter beträgt, es den großen Lotus-Partnern aber dramatisch schlecht geht, ist man sich in Partnerkreisen zumindest darin sicher: Die Aktivitäten der LPS führen nicht zur Partnerharmonie, sondern zum Kampf. Ob die Software-Abteilung von IBM, in der immerhin die zentrale Vermarktung der Plattformen, darunter auch Notes, passiert, auch etwas dazu beiträgt, wollte kein Partner bestätigen.

Klar ist: Die LPS-Geschäfte werden von Partnern noch mehr als bisher mit Argwohn registriert. Das bestreiten sie nicht. Doch sie reden ungern darüber. Dabei könnte sich etwa Geishauser unmittelbar an Fritz Fleischmann, Vice President und General Manager von Lotus EMEA, wenden. Er findet ihn im Aufsichtsrat der Gedys. Und Frank Kebekus? Auch ihm dürfte zur Klärung so mancher Teamwork-Geschäfte der schnelle Gang zu Hans- Peter Bauer nicht verwehrt sein. Auch Bauer hat im Aufsichtsrat von Teamwork Sitz und Stimme. (wl)

www.gedys.de

www.intraware.de

www.lotus.de

www.teamwork.de

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