Lotus vermarktet Entwicklungstool von IT-Factory

08.12.1999

MÜNCHEN: Der Streit um den Kernel-Standard für Lotus Notes ist für deutsche Lotus-Partner ausgestanden "LSA ist tot", sind sie sich sicher. Durch ein Vermarktungsabkommen mit der dänischen Softwareschmiede IT-Factory macht sich Lotus nun jedoch daran, ein Produkt zu vertreiben, das auf dem Kernel-Standard LSA basiert."Das Abkommen mit IT-Factory ist der erste Schritt in Richtung LSA", steht für Hans Peter Bauer, Managing Director Lotus Professional Services für Zentraleuropa, fest. IBM Tochter Lotus hat seit Juli mit dem dänischen Partner IT-Factory ein gesamteuropäisches Distributions- und Vermarktungsabkommen für dessen Notes-Entwicklungsumgebung abgeschlossen.

Die Software der Dänen beruht auf der bei Partnern ungeliebten und als "Totgeburt" bezeichneten "Lotus Solution Architecture" (LSA), die Lotus seit der Cebit 98 zum verbindlichen Kernel-Standard für Notes machen will (siehe ComputerPartner 24/98, Seite 1, und 23/99, Seite 15). "Jeder Partner will seinen Kernel zum Standard machen. Also gab es keinen. Aber wir und unser Partner brauchen Standards, um Notes als Unternehmensplattform im Markt zu plazieren", erklärt Bauer.

Doch Werner Waldhier, Country-Manager Deutschland der IT-Factory mit Sitz in Forstern, hängt das Abkommen eine Etage tiefer auf: "Unsere objektorientierte Entwicklungsumgebung beinhaltet vor allem eine Reihe von Werkzeugen, mit denen man schnell Standardfunktionen für Notes erstellen kann." Von einer LSA-Kopie seien die Dänen weit entfernt, und außerdem komme das Produkt hauptsächlich bei Neukunden in Frage.

Marktbeobachter vermuten dennoch, daß Lotus mit dem Abkommen seine zerklüftete Partnerlandschaft in Richtung LSA bewegen will. "Denn wenn Lotus diese Software vermarktet, etwa über die Service-Abteilung, setzen sie de facto Standards", überlegt ein Analyst laut. "Für Partner mit eigener proprietärer Notes-Umgebung gilt dann: Bleibe ich konkurrenzfähig, was Entwicklungskosten und Service betrifft?"

Doch diese Überlegung bestreitet so mancher Lotus-Partner. "Für Kunden, die in Notes investiert haben, wäre eine Umstellung auf LSA viel zu teuer", erklärt ein langjähriger Partner. Ein anderer merkt an: "Von unseren Kunden fragt keiner nach LSA." Und ein dritter erklärt: "Außer der IT-Factory rührt niemand, nicht einmal Lotus, die Werbetrommel für LSA. Es ist zuviel unklar: Unterstützt IBM LSA? Ist Lotus Amerika daran interessiert?" Er kommt zum Schluß: "Im Moment gibt es für LSA keinen Kunden." (wl)

"Wir haben die Mehrheit der Partner für LSA gewonnen", meint Lotus-

Manager Bauer. Dem widersprechen Lotus-Partner: "Es gibt keine LSA-Kunden."

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