Problematisches Jahr 2015

"Lukrative Geschäfte zulasten der Systemhäuser"

16.10.2014
Von Christian Töpfer
In den vergangenen Jahren hatte die IT-Branche Rückenwind. Doch 2015 wird für IT-Dienstleister ein schwieriges Jahr werden, behauptet der auf die Themen Strategie, Marketing und Vertrieb spezialisierte Unternehmensberater Andreas Franken im Interview.

Die gesamte IT-Branche freut sich über positive Geschäftsergebnisse und ist hinsichtlich des kommenden Geschäftsjahres äußerst optimistisch. Sie sagen jedoch, dass 2015 ein schwieriges Jahr wird. Was wissen Sie, was die Anderen nicht wissen?
Andreas Franken: Leider kann keiner von uns die Zukunft vorhersehen – auch ich nicht –, aber die aktuellen gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen geben doch einige berechtigte Gründe zur Sorge.

Was genau meinen Sie?
Franken: Seit geraumer Zeit existieren Anzeichen für ein gravierendes Performance-Problem der deutschen Wirtschaft. Während im zweiten Quartal 2014 die Wirtschaftsleistung nur leicht ins Minus rutschte, hat sich die Auftragslage im August 2014 so stark verschlechtert wie im Jahr 2009. Das aktuelle Minus beläuft sich auf 5,7 Prozent. Im Juli lagen wir noch bei einem deutlichen Plus von satten 5 Prozent.

Unternehmensberater Andreas Franken: "Viele Firmen haben den Rückenwind in der Vergangenheit nicht genutzt, um dringend erforderliche Anpassungen am eigenen Geschäftsmodell vorzunehmen."
Unternehmensberater Andreas Franken: "Viele Firmen haben den Rückenwind in der Vergangenheit nicht genutzt, um dringend erforderliche Anpassungen am eigenen Geschäftsmodell vorzunehmen."
Foto: Andreas Franken

Aber das könnte doch auch nur ein vorübergehendes Störfeuer sein, oder?
Franken: Das wäre schön, aber leider basiert die prognostizierte Entwicklung auf soliden negativen Fakten. Wir dürfen nicht vergessen, dass einige unserer europäischen Nachbarländer unverändert unter erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten leiden. Viele davon sind zwar hausgemacht, aber sie sind dennoch existent. So sind die beiden wichtigen deutschen Wirtschaftspartner Frankreich und Italien mit ihren internen Sorgen höchst problematisch für uns. Weitere Krisen wie in der Ukraine und im Irak tragen ebenfalls ihren jeweiligen Teil zur miesen Stimmung bei. Kurzum: Viel zu viele Unternehmen halten sich mit ihren Investitionen zurück.

Das klingt tatsächlich bedrohlich.
Franken: Ja, leider. Während die Aufträge aus der Euro-Zone um 5,7 Prozent abnahmen, rutschte der übrige Teil der Welt sogar auf ein Minus von 9,9 Prozent. Ausgenommen von alledem sind Bestellungen aus dem Bereich Konsumgüter. Dort wurde ein Wachstum von 3,7 Prozent verzeichnet.

Und was sollen wir Ihrer Meinung nach jetzt tun?
Franken: Völlig falsch wäre nunmehr in Panik oder gar in eine Art Angststarre zu verfallen. Die Politiker sind redlich bemüht, die Situation möglichst wenig bedrohlich darzustellen. Fakt ist aber, dass die IT-Branche ihren aktuellen erwähnten Optimismus mit ihrem Vertrauen in eine weiterhin florierende Konjunktur begründet. Parallel hierzu sorgt sich die Branche jedoch um steigende Kosten und sinkende Margen. Das heißt doch im Klartext, dass der Rückenwind in der Vergangenheit nicht genutzt wurde, um dringend erforderliche Anpassungen am jeweils eigenen Geschäftsmodell vorzunehmen. Stattdessen wurde das übliche Tagesgeschäft analog dem Motto "Weiter so!" fortgeführt.

Was erwartet die Branche Ihrer Meinung nach konkret?
Franken: Meines Erachtens führt die nachlassende Investitionsbereitschaft vieler Kunden zu einem stärkeren Wettbewerb bei den Standards. Hierzu zählen auch die Themen Security, Cloud und Managed Services. Viele Leistungsangebote von IT-Dienstleistern sind vergleichbar geworden, wodurch zunehmend Druck auf die Preise entsteht. Wie in der Vergangenheit auch werden die Anbieter, denen es an wirksamen Argumenten mangelt, über den Preis verkaufen. Unter dem Strich freuen sich die Einkäufer, denn 2015 werden sie sicher viele aus ihrer Sicht lukrative Geschäfte abschließen können. Leider zulasten der IT-Systemhäuser.

Können die Systemhäuser hiergegen denn etwas tun?
Franken: Können? Sie müssen! Viele sind aber nicht in der Lage, geeignete Konzepte zu entwickeln und werden deshalb in die Rabattfallen tappen. Mit dem in den vergangenen guten Jahren angesetzten "Speck" können die erfolgreichen Systemhäuser auch Krisen sicher überstehen. Auf Dauer zukunftsfähig werden aber in jeder Branche nur die Unternehmen sein, die über die Fähigkeit, die Bereitschaft und die Entscheidungs- bzw. Durchsetzungskraft verfügen, sich immer wieder neu an sich verändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Und das möglichst proaktiv.

Zur Person: Andreas Franken ist Unternehmensberater und hat viele seiner fast 270 Beratungsprojekte in der ITK-Branche durchgeführt. Seine Branchenerfahrung erstreckt sich über 25 Jahre und er veröffentlicht regelmäßig Fachartikel zu Managementthemen, u. a. auch bei ChannelPartner. Zur eigenständigen Optimierung von Unternehmen bietet er auf franken-consulting.org seinen "9-Punkte-Plan" zum kostenlosen Download.

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