Machtkampf tobt bei Microsoft Business Solutions

15.08.2002
Der Greatplains-Geschäftsführer Thilo Roetger muss im Machtpoker um die deutsche Führungsspitze der neu gegründeten Geschäftseinheit passen. Wer das Spiel gewinnt, ist jedoch noch nicht entschieden.

Wenn wir in Deutschland nicht dreistellig wachsen, habe ich mein Ziel verfehlt", erklärte Thilo Roetger, Geschäftsführer bei Greatplains Deutschland, im ComputerPartner-Interview vor einem Jahr. Der Greatplains-Manager hat keine Chance mehr, dieses Ziel zu erreichen: Im Machtkampf um die deutsche Führungsposition der neu ins Leben gerufenen Microsoft Business Solutions hat er verloren und verlässt das Unternehmen.

Bis zur endgültigen Neustrukturierung des deutschen Managements wird Insider-Berichten zufolge der Greatplains Sales Director David Langridge als Ansprechpartner fungieren und die Integration in den nächsten Monaten aktiv begleiten. Laut internen Informationen führten unterschiedliche Ansichten über die künftige strategische Ausrichtung der Microsoft Business Solutions zum Abgang von Roetger. Vor allem für neue E-Enterprise-Partner sei sein Abgang ein Schlag in das Kontor. Im Rahmen eines Development-Programms habe Roetger ihnen beispielsweise ein Kostenrechnungsmodul versprochen, das derzeit unter dem Namen "Flexanalyzer" entwickelt wird. Interne Quellen gehen davon aus, dass dieses Vorhaben gestoppt wird.

Neben der Produktstrategie bleibt auch die Situation an der Unternehmensspitze verworren. Lars Damsgaard Andersen, Country Manager Deutschland und Vice President Central Europe bei Navision, wollte sich ab 1. September seiner Familie und seinem Boot widmen. Daraus wird nichts: Sein designierter Nachfolger John Frederiksen, der bis zur Übernahme durch Microsoft die Amerika-Geschäfte des dänischen ERP-Herstellers leitete, verließ von einem Tag auf den anderen die Deutschland-Zentrale in Hamburg. Wer künftig hier zu Lande die Geschäfte der Microsoft Business Solutions leiten wird, steht noch in den Sternen. Die Hamburger stellten jedoch klar, dass es bei ihnen auch künftig drei Geschäftsführer geben wird. Zwei sind an Bord: Jürgen Baier betreut das Ressort Produkte, und Thomas von Broich ist zuständig für Vertrieb und Marketing.

www.navision.de

www.greatplains.com/germany

ComputerPartner-Meinung:

Der Quereinsteiger Thilo Roetger hatte im Kampf um die deutsche Führungsspitze der Business Solutions die schlechtesten Karten. Zumal in Europa Navision den Ton angibt. Doch mit dem Ausscheiden des Greatplains-Geschäftsführer sind die Probleme der Redmonder noch lange nicht gelöst. Die beiden Unternehmen agieren als eigenständige Rechtsgesellschaften. Zum einem die Greatplains Deutschland GmbH & Co. KG und zum anderen die Microsoft Business Solutions (Navision) Hamburg PC & C Vertriebs GmbH. Dazu kommt die von Kurt Sibold geführte Microsoft GmbH. Auf Europaebene soll es ein Headquarter für die Business Solutions in Dänemark geben. Derzeit arbeitet aber auch noch die europäische Greatplains-Zentrale in London, und die EMEA-Zentrale von Microsoft sitzt in Paris. Dazu kommt, dass die beiden ERP-Hersteller allein hier zu Lande fünf ERP-Suiten anbieten. Insgesamt steht Microsoft also vor einer gewaltigen Integrationsaufgabe, die auch ein Softwaregigant nicht mal eben so erledigt. Im Interesse der Vertriebspartner und der Kunden sollte Microsoft jedoch schnellstens für klare Verhältnisse sorgen. (hei)

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