Magix begleitet den Musiker von der Melodie bis zur CD

28.10.1999

MÜNCHEN: Seit es gelungen ist, einem PC-Lautsprecher mehr zu entlocken als den Einschaltpieps, gibt es mehr oder minder erfolgreiche Versuche, die Potenz eines Computers mit der Kreativität eines Musikers zu verbinden. Nachdem Atari in den Achtzigern gezeigt hatte, wie das geht, hat das "Copy & Paste" der Windows-Generation wesentlich an der Entstehung und Verbreitung aktueller Technoderivate mitgewirkt. Ob professionelle Software inzwischen mehr zu leisten vermag, hat ComputerPartner am "Music Studio professional" von Magix untersucht.Grau ist nicht nur alle Theorie, sondern auch der silbrig schimmernde Karton, der das "Music Studio professional" enthält. Diskette, CD, 140-seitiges Handbuch und Registrierungskarte, allesamt in deutscher Version, verlieren sich in der mit reichlich Luft gefüllten Verpackung. Die auf der Hülle aufgedruckten Angaben zu den Systemanforderungen sind einigermaßen realistisch, wobei ein Mehr an Speicher und Prozessorleistung nicht schaden kann. Leider enthält das gedruckte Handbuch nur ein Fünftel der entsprechenden CD-Version im PDF-Format. Eine Referenz zum Midi-Teil oder andere Details müssen daher auf dem Datenträger nachgelesen werden.

Nach Einschub der CD startet das Installationsmenü unter heftiger musikalischer Begleitung und gibt einen Vorgeschmack auf die Leistungsfähigkeit der Software. Anschließend wird die beigelegte Diskette benötigt. Bemerkenswert ist, daß weder im Handbuch noch auf der Verpackung von dieser Autorisierungsdiskette die Rede ist.

Die Diskette besitzt zwei Installationscodes, so daß sich das Music Studio nur auf maximal zwei verschiedenen Rechnern installieren läßt - für einen Toningenieur mit einem PC im Studio und einem Notebook gerade ausreichend. Falls jemand das Programm aber dreimal installieren möchte, muß er zuerst eine Version wieder deinstallieren. An eine defekte oder verlorene Diskette am Tag X mag daher auch keiner denken. Allerdings: Ist der Anwender bei Magix registriert, bekommt er jederzeit eine Ersatzdiskette.

Knöpfe satt - nichts für Puristen

Nachdem die Audio- und Midi-Quellen definiert sind, kann es losgehen. Im Music Studio professional verstecken sich zwei Programme, die auch getrennt aufzurufen sind. Elf Verknüpfungen im Startmenü erschweren die Auswahl unnötig. Wird das Midi Studio gewählt, ist klar, warum diese Ausgabe "professional" genannt wird. Wer nicht fit in Midi-Editing und -Sampling ist, also in Aufnahme, Veränderung und Ausgabe von Midi-Daten, sollte sich zuerst mit dem elektronischen Handbuch anfreunden.

Nicht die Komplexität des Programms, sondern die mit Buttons und Fenstern übersäte Oberfläche bringt für den Anfänger die Verwirrung pur. Wer sich trotzdem durchkämpft und die Editoren, die gerade gebraucht werden, auch findet, hat tatsächlich ein professionelles Midi-Studio mit allen Schikanen. Die Aufzählung der Features würde den Testrahmen sprengen. Als wichtigste seien eine unbegrenzte Anzahl von Midi-Spuren und das Einbinden von Audiomaterial genannt. Des weiteren ist die hohe Midi-Auflösung von 960 ppqn (Pulse per Quarter, Impulse pro Viertelnote) hervorzuheben, was einer 3.840stel Note entspricht. Dies läßt eine extrem feine Nuancierung beim Einspielen von Liedern zu. Dazu gibt es noch jede Menge Echtzeiteffekte, Parameter und einen genialen Mixer sowie eine Vorrichtung zur silbengenauen Darstellung der Liedertexte.

Die Umsetzung auf eine CD nimmt dann das Audiostudio vor. Ebenfalls mit Buttons überhäuft, aber bei weitem übersichtlicher dargestellt, präsentiert es sich mit vier Audiospuren, kann aber bis zu 64 gleichzeitig verwalten. Harddisk-Recording in diesen Dimensionen - immerhin 10 MB pro Spur und Minute in CD-Qualität von 44,1 KHz - verlangt einiges von der Hardware. Bis zu 96 KHz (24 Bit) können verarbeitet werden. Beim Umsetzen eines komplexen Midi-Projekts in einzelne Audiospuren sollte genügend freier Speicherplatz vorhanden sein.

Das Mischpult in der Audiosektion übertrifft den Midi-Mixer nochmals. Bis zu 64 Spuren digital abmischen, mit Effekten und Parameter versehen und optimal abgestimmt an den Brenner zu schicken, das ist der Traum jeder Kellerband. Wie bei der Midi-Sektion ist mit "Plug & Try" nicht viel zu machen. Doch sind Struktur und Vorgehensweise einmal verinnerlicht, zeigen sich das wahre Potential und die technisch durchdachte Funktionalität des Audioteils.

Ein kleines Beispiel, von Magix "VIP" (Virtual Project) genannt, führt auf den richtigen Weg und hilft, einiges an Verwirrung aufzulösen. Per Anweisung aus dem Handbuch kann die erste Mehrspuraufnahme nachvollzogen werden, aber leider nicht interaktiv. Solch eine Übung würde auch der Midi-Sektion gut anstehen. Unter Ausnutzung des vorhandenen Platzes auf der CD könnte eine geführte "Onlineausbildung" noch mehr erreichen. Im Audioteil kann im Menüpunkt "CD" nach einem CD-Rekorder gesucht werden, um das bearbeitete Stück sofort auf die Silberscheibe zu sichern. Dabei gibt die Software weitere Informationen darüber, welche Aufzeichnungsformate unterstützt werden.

Die Richtige Lautstärke besitzen

Je nach Rechenpower und Komplexität der Lieder kann das "VIP" in Echtzeit inklusive aller Effekte und Regeloperationen gebrannt werden, oder es muß als komplett neue Datei gespeichert und dann auf CD gebracht werden. Zusätzlich kann aus dem Studio auch eine externe Brennsoftware gestartet werden, wenn beispielsweise das CD-R-Laufwerk nicht bekannt sein sollte.

Die Ergebnisse bei beiden Programmen können sich hören lassen, von besonderem Vorteil ist dabei die Lautstärkeoptimierung, die beispielsweise zu leise aufgenommene Stücke automatisch auf die optimale Abspiellautstärke heraufsetzt. Bei der Bedienungsfreundlichkeit und Installation sollte der Verbesserungsplan für die nächste Revision ansetzen. Das Midi-Konstruktionskit wird mit den angebotenen 1.000 lizenzfreien Sounds,

Loops und kompletten Arrangements zu langen Gesichtern bei den Midi-Freaks führen, ist doch immer das gleiche Thema entsprechend verändert. Ein wenig mehr Fantasie wäre angebracht. Softwareprodukte auf höchstem technologischem Niveau leicht verständlich und benutzerfreundlich zu entwickeln - dieser Philosophie bleibt Magix noch schuldig. Aber ein professionelles virtuelles Musikstudio ist das Programm allemal. Mit Hotline, Internet- und E-Mail-Support halten die Magix-Leute dem Händler den Rücken frei, eine spezielle Händler-Hotline gibt es allerdings nicht. Erwähnenswert ist noch, daß Magix das Music Studio professional auch direkt vertreibt. (kew)

Für den Anfänger eine verwirrende Reglervielfalt, doch für den Profi ein optimales Handwerkszeug - "Music Studio professional" von Magix.

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