"Mainhattan": Symbiose von Hightech und Finanzen

17.08.2000
Frankfurt am Main ist zwar für seine Finanzdienstleister bekannt, hat aber mehr zu bieten: Die Stadt rühmt sich auch, die größte Online-Drehscheibe Deutschlands und eine der Erfinderhochburgen zu sein.

Frankfurt am Main ist nicht nur die Stadt der Banken, sondern auch der Singles und Erfinder: 50 Prozent der Bürger leben alleine in einem Ort, der - nach den Regionen Stuttgart und München - als deutsche Erfinderhochburg gilt. Laut dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin "Fortune" steht Frankfurt nach Singapur, San Francisco Bay Area, London und New York auf Platz fünf der weltweiten Business-Städte.

Insgesamt 415 Hightech-Firmen sind in Frankfurt angesiedelt. Den größten Anteil stellt dabei die Informations- und Kommunikationstechnik mit 193 Unternehmen. Aber auch die anderen Zahlen sind beeindruckend: Das Technikfeld Biotechnologie/Pharmazie bringt es - genau wie fortgeschrittene Chemie - auf 18, Energietechnik auf 14, Luft- und Raumfahrttechnik auf fünf, Medizintechnik auf acht, Mikro- und Optoelektronik auf zwölf Unternehmen, ebenso der Bereich neue Werkstoffe. Auf Verfahrenstechnik entfallen 60, auf Sensorik, Mess- und Regeltechnik 51, auf Umwelttechnik 35, auf Verkehrs- und Transporttechnik 23 Firmen.

Dass Frankfurt sich neuerdings auch auf die Fahnen schreibt, das "Herz des deutschen Internet" zu sein, dafür sorgt mitunter die Denic eG: das Frankfurter Non-Profit-Unternehmen vergibt Domains. Der Name steht für Deutsches Network Information Center, dahinter verbirgt sich eine zentrale Registrierungsstelle. Etwa 100 Provider haben Denic Ende 1996 als eingetragene Genossenschaft (eG) gegründet. Zur Zeit wird, auf den Tag umgerechnet, etwa alle zehn Sekunden ein neuer Domain-Name bei Denic eingetragen. Vor einem Jahr waren es 500.000, Anfang Oktober 1999 eine Million, und im April 2000 wurde hier die zweimillionste Domain registriert, bis Ende dieses Jahres werden es voraussichtlich 3,5 Millionen sein. Die Domain-Zone ist nach Angaben der Genossenschaft damit die zweitgrößte der Welt. Seit 1997 sitzt die Denic-Verwaltung in Frankfurt, im Januar 1999 siedelte auch die technische Zentrale um. "Was in Karlsruhe noch ein kleiner technischer Dienst für eine kleine Community vornehmlich aus Wissenschaftlern war, hat sich in Frankfurt zu einem Dienst für alle im Internet Vertretenen entwickelt", so Unternehmenssprecher Klaus Herzig. Der Sitz in Frankfurt wurde laut Herzig bewusst gewählt. "Hier besteht bundesweit die beste Infrastruktur für das Internet."

Vom Internet-Café zur Unternehmerin

Auch die Twinwave Intranet und Internet GmbH, die hierzulande als erster Anbieter eines flächendeckenden Frame-Relay-Netzwerks Schlagzeilen machte, ist nicht zufällig in Frankfurt angesiedelt. Die Gründerin und Geschäftsführerin Gaby Gläsener-Cipollone sammelte ihre ersten IT-Erfahrungen in einem Internet-Café und stieg 1997 als Business-Service-Provider für den Mittelstand in das Geschäft ein. Für ihr Unternehmen, das inzwischen 25 Mitarbeiter beschäftigt, sei Frankfurt der ideale Standort. Als Argumente nennt sie eine hervorragende netztechnische Anbindung über den hier beheimateten De-cix (Knotenpunkt), ein enges Netz von Business-Kontakten und Zugriff auf Human Resources in der Main-Metropole. "Und natürlich die ausgebaute Infrastruktur - ob Flughafen, Verkehrsmittel oder Glasfasernetze -, hier ist Frankfurt an führender Stelle zu nennen." Die Ballung von Kapital und "First Movers" ermögliche zudem die Umsetzung neuester Ansätze und damit die frühzeitige Antizipation von neuen Technologien und Lösungen. Was ihr an Frankfurt besonders gut gefalle, sei das bunte Flair: "Internationales Publikum sorgt auch außerhalb des Netzes für eine selbstverständliche Atmosphäre der Globalisierung", meint die Managerin. Tatsächlich sind 28,5 Prozent der 650.000 Einwohner Ausländer. Damit ist Frankfurt nicht nur die fünftgrößte Stadt Deutschlands, sondern auch eine der multikulturellsten. Von den 40.000 Unternehmen haben rund 3.000 ihren Ursprung ebenfalls in anderen Ländern. "Es ist nicht leicht, die emotionale Qualität von Leben und arbeiten in Frankfurt auszudrücken", so Gaby Gläsener-Cipollone, "aber eines ist sicher: Hier passiert’s!"

Das sieht Mathias Entenmann, Vorstandsvorsitzender der Paybox.net AG und Erfinder der Paybox, der ersten massenfähigen Zahlungsmethode per Mobiltelefon, genauso. "Frankfurt als ,The City of the Euro’ und als einer der führenden europäischen Finanzplätze ist für uns als Anbieter von Zahlungslösungen ein idealer Standort. Hier können wir uns durch kurze Wege zu kompetenten Partnern und durch eine hohe Zahl an qualifizierten Mitarbeitern für den Bereich Finanzdienstleistungen besser entwickeln als an anderen Standorten."

Glasfaser als Zukunftschance

Banken und Hightech sind in Frankfurt eine erfolgreiche Symbiose eingegangen. Bestes Beispiel ist die Firma MFS (Metropolitan Fibre Systems Communications), die vor vier Jahren den Aufbau ihres ersten privaten Glasfasernetzes in Frankfurt am Main ankündigte. Damit fiel der Startschuss für einen der wichtigsten Zukunftsmärkte in der Mainmetropole: Die Investitionen in die Glasfaser-Datenleitungen haben durchaus dazu beigetragen, dass Frankfurt seine Position als Standort für Banken und Finanzdienstleister weiter ausbauen konnte. Zu den Kunden der Kabelanbieter gehören aber nicht nur Finanzdienstleister, sondern auch Unternehmen aus der Computer- und Telekommunikations-Branche, aber auch Werbe- und PR-Agenturen, Druckereien oder Verlage. Die Firma MFS, die inzwischen von der MCI Worldcom, dem größten Betreiber von Glasfasernetzen der Welt, aufgekauft wurde, hatte 1995 in Frankfurt mit der Verlegung der ersten zehn Kilometer Glasfaserkabel begonnen, bis heute sind es 140 Kilometer. Das Wachstum des Telekommunikations-Marktes lässt sich in keiner anderen Stadt Europas so genau an den Entwicklungen einzelner Unternehmen ablesen: Nur hier - und in London - sind alle weltweit tätigen Daten-Transporteure versammelt.

In den vergangen Jahren waren das die Deutsche Telekom, MCI Worldcom und Colt. Ende letzten Jahres haben zwei neue Mitbewerber, Level 3 und Metromedia, Frankfurt ebenfalls entdeckt. Beide Firmen sind bereits dabei, eigene Glasfasernetz-Strecken zu verlegen.

Fast neunzig Unternehmen sind es insgesamt, die sich in irgendeiner Form mit der "Dark Fiber", wie die Glasfaser genannt wird, beschäftigen. Beispielsweise die Mainova Telekommunikation GmbH, die gemeinsam mit den Stadtwerken anderer Kommunen im RheinMain-Gebiet ein so genanntes "Backbone", ein Rückgrat, über das die Fernverbindungen bis an die Stadtgrenzen laufen, anbietet. Einer der größten Großhändler ist Star Telecom, in dessen Räumen bereits zweimal die Itex (International Telecom Exchange) stattgefunden hat, eine Messe für Anbieter und Kunden aus dem Glasfasernetz-Geschäft.

Größte Online-Drehscheibe Deutschlands

In Frankfurt, dem Sitz des deutschen Internet-Knotens DE-CIX, werden inzwischen 85 Prozent des innerdeutschen Internet-Verkehrs abgewickelt, die Stadt ist damit die größte Online-Drehscheibe Deutschlands. Daniel David, Vorstandsvorsitzender beim Frankfurter Multi-Service-Provider Gigabell AG, ist ebenfalls der Ansicht, die Main-Metropole sei eben ein hervorragender Standort für Unternehmen der Internet- und Telekommunikations-Branche: "Das war, als wir als Provider 1995 anfingen, bereits so und hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt." Die gute Infrastruktur, die Internationalität der Stadt, die Nähe zu vielen Telekommunikationsanbietern und zu großen Unternehmen machen für ihn die Attraktivität Frankfurts aus. "Außerdem entstehen gerade im Osten der Stadt viele Internet-Startups, die interessante Produkte entwickeln, personelles Know-how anziehen und fördern werden. Auch das hilft uns", meint David.

Die angrenzenden Dienstleister wie Werbe- und PR-Agenturen, Film- und Fernsehproduktionsgesellschaften und Multimedia-Agenturen sind für das Business ebenfalls von großer Bedeutung. Acht der führenden deutschen Werbeagenturen haben ihren Sitz in der Rhein-Main-Metropole und erwirtschaften 37 Prozent des Cross-Income der Top-20 der Werbelandschaft. Erweitert man die Liste auf die Top-100, haben sogar 20 davon ihre Zelte hier aufgeschlagen und blicken auf einen Umsatz von 4,26 Milliarden Mark.

Insgesamt brüten in Frankfurt rund 200 Werbe- und 50 PR-Agenturen über kreativen Aufträgen. Alles potentielle Kunden für Großaufträge im IT-Segment. Laut Gigabell-Manager David kann man es gar nicht besser treffen: "Keine andere Stadt bietet so viele gute Eigenschaften wie das von anderen oft belächelte Mainhattan." (mf)

www.denic.de

www.gigabell.de

www.twinwave.de

www.paybox.de

www.frankfurt.de

STANDORT FRANKFURT

Surf-Tipps aus der Region

Die offizielle Seite der Stadt: www.frankfurt.de: Geschichtliches und Aktuelles, Webcam und weiterführende Links www.frankfurt-online.de: Stadtführer mit aktuellen Nachrichten, Branchenbuch und Ausgehtipps www.frankfurt-interaktiv.de: Portal im Rhein-Main-Gebiet - Geschichte, Adressen, Business, Zahlen, Fakten und mehr, mit Forum www.prinz.de/frankfurt/citylife: das Stadtmagazin mit den wichtigsten Nachrichten für Nachtschwärmer www.platowbriefe.de: Berichte aus Banken, Wirtschaft, Industrie, Politik www.fr-aktuell.de: Frankfurter Rundschau - schönere Aufmachung und mehr Infos, als "FAZ online" zu bieten hat.

Frauen, die sich für das Thema IT in der Frankfurter Region interessieren, sollten unbedingt mal bei der "Software-Schule für Frauen" unter www.frauen-computer-schulen.de/fswh-fra/index.htm und beim "Netzwerk für Frauen in den Neuen Medien" unter www.webgrrls.de vorbeischauen.

Daran kommt man nicht vorbei: www.frankfurter-buchmesse.de.

www.rmcc.de: Rhein-Main-Computerclub - hat sich zum Ziel gesetzt, den Umgang mit neuen Technologien einer breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen

www.stub.uni-frankfurt.de: Stadt- und Universitätsbibliothek

www.th.physik.uni-frankfurt.de: Biographien berühmter Physiker aus der Region

www.musix.de: Kartenvorverkauf für Frankfurt

www.bahn.de: Wer jetzt unbedingt hin will, kann sich hier die entsprechende Verbindung raussuchen lassen. Und den schnellsten Weg zum Messegelände vor Ort gibt’s auch. (mf)

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