Mainz bliebt Mainz - aber für das Systemhaus Schumm ändert sich eine Menge

09.07.2000
Weil er für sein Systemhaus in einer größeren Gruppe bessere Chancen sah, brachte Unternehmer Michael Schumm seine Firma in die Systematics-Gruppe ein. Jetzt will er weiter wachsen.

Sein schneller, dunkelblauer 5er-BMW ist ein Langstreckenfahrzeug, und das liegt in erster Linie daran, dass Michael Schumm in letzter Zeit häufig die Strecke Mainz-Köln-Mainz zurücklegt. Denn seitdem sein Unternehmen zur Systematics AG gehört und der Planorg AG in Köln zugeordnet ist, pendelt er häufig zwischen den beiden Karnevalshochburgen. Mit Spaß und närrischem Frohsinn hat das aber nichts zu tun.

Die Entscheidung, sein Unternehmen zu verkaufen, hat sich Schumm nicht leicht gemacht. Dazu steckten zu viele Emotionen in der Firma. Schließlich handelte es sich bei der Schumm Bürocenter GmbH in Mainz-Hechtsheim um ein Familienunternehmen mit 68-jähriger Geschichte. Doch Juniorchef Schumm, der selbst bereits seit 18 Jahren in der Firma arbeitet, spürte die Gefahr, dass das Unternehmen unter den veränderten Rahmenbedingungen nicht mehr dauerhaft überlebensfähig sein werde. Daher schlüpfte Schumm unter die Fittiche der Systematics AG. Organisatorisch ist er der 100-prozentigen Systematics-Tochter Planorg zugeordnet (siehe Kasten, Seite 17).

Mit wachsender Besorgnis hatte er den Konzentrationsprozess im Systemhausbereich beobachtet. Immer mehr Hechte entstanden, die den Karpfen immer weniger Nahrung übrig ließen. Ohne eine kritische Größe, das wurde Schumm von Tag zu Tag klarer, würde es schwierig werden, sich gegen die Branchenschwergewichte zu behaupten. Und um aus eigener Kraft diese Größe zu erreichen, dazu fehlte den Mainzern sowohl das Geld als auch die Zeit. "Als Einzelkämpfer hätten wir vielleicht noch vier bis fünf Jahre durchgehalten", glaubt Schumm.

Allerdings gibt es auch andere Meinungen zu diesem Thema. Heinrich Straub zum Beispiel, Geschäftsführender Gesellschafter der Sandata GmbH in Nürnberg, hatte sich ebenfalls nach reiflicher Überlegung gegen einen Verkauf seines Unternehmens entschieden (siehe ComputerPartner 15/00, Seite 18). Auch innerhalb der eigenen Familie stießen Schumms Ansichten zunächst auf Ablehnung. Erst nach langen und zum Teil sehr emotional geführten Diskussionen haben Vater Schumm und Bruder Markus ihre Zustimmung zu ei-nem Verkauf gegeben.

Positive Reaktionen von Kunden und Mitarbeitern

Michael Schumm war jedoch inzwischen so sehr von der Notwendigkeit einer Integration in eine größere Gruppe überzeugt, dass er zu keinem Nachgeben mehr bereit war. Man einigte sich schließlich: Der Geschäftsbereich Informationstechnik mit etwa 30 Mitarbeitern und 45 Millionen Mark Umsatz, den Michael Schumm leitete, wurde zum 1. Januar dieses Jahres aus dem Unternehmen Schumm Bürocenter ausgegliedert und firmierte seitdem unter Planorg IT Systeme GmbH, befand sich aber noch im Besitz von Michael Schumm. Die "alte" Schumm Bürocenter GmbH, die Bürotechnik (beispielsweise Kopierer und Faxgeräte) sowie Büromöbel vermarktet, wird von Vater und Bruder Markus weiterbetrieben. Rückwirkend zum 1. Januar 2000 ist die Planorg IT-Systeme GmbH eine 100-prozentige Tochter der Systematics AG.

Im Gegensatz zu seiner Familie haben Michael Schumms Mitarbeiter und Kunden positiv auf die Veränderung reagiert, versichert der Mainzer. Er hatte bereits Mitte vergangenen Jahres seinen Angestellten mitgeteilt, dass es eine Veränderung geben werde, und die Hintergründe erläutert. Im Herbst dann informierte er sie, dass das Unternehmen zukünftig als Tochtergesellschaft eines größeren Ver-bundes agieren werde. Die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter hat sich gelohnt: Lediglich zwei Angestellte wollten diese Änderung nicht mitmachen und kündigten.

Die Reaktionen auf Seiten der Kunden waren ebenfalls sehr positiv, erklärt Schumm. Er hat alle per Brief über den Gesellschafter- und Namenswechsel informiert, die größeren Kunden persönlich besucht. "Die Kunden haben realisiert, dass unsere Leistungsfähigkeit durch die Zugehörigkeit zur Planorg-Gruppe gestiegen ist, und das haben sie begrüßt", sagt Schumm.

Dass Schumm und die Schumm-Kunden von dem größeren Verbund profitieren können, liegt unter anderem auch daran, dass Schumm und Planorg einerseits einige Gemeinsamkeiten haben und sich andererseits gut ergänzen. So sind beide Firmen gut im Banken- und Sparkassengeschäft vertreten. Beide haben einen überdurchschnittlich hohen Dienstleistungsanteil: Bei Schumm liegt er bei etwa 25 Prozent, bei Planorg sogar bei rund 38 Prozent. Nahezu ideal die Ergänzung auf Kundenseite: so gut wie keine Überschneidung. Die Sparkasse in Mainz war der einzige Kunde, der von beiden Firmen betreut wurde.

Das Wichtigste allerdings, damit eine derartige Übernahme wirklich auch dauerhaft Früchte trägt, besteht in den so genannten weichen Faktoren. "Die Chemie muss stimmen", bringt es Schumm auf den Punkt. Und für ihn selbst gibt es natürlich noch eine andere, sehr große Herausforderung: Er muss damit klarkommen, dass er nun nicht mehr der Boss ist, der nach seinem Ermessen entscheiden kann, sondern ein Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis, der einem Berichtswesen unterliegt und der sich strategische Entscheidungen von oben absegnen lassen muss. Für viele Unternehmer eine Horrorvorstellung und daher auch ein wesentlicher Grund, selbstständig zu bleiben.

Blick nach Europa

"Über diesen Punkt habe ich natürlich lange nachgedacht", sagt Michael Schumm, der angestellte Geschäftsführer mit Fünfjahresvertrag. "Das Ergebnis: Ich bin bereit, fünf Prozent abzugeben und dafür 15 Prozent zu gewinnen." Soll heißen: Lieber weniger Entscheidungs-freiheit und Einfluss in einem erfolgreichen, als viel Entscheidungsfreiheit und Einfluss in einem erfolglosen Unternehmen. Und so ganz falsch konnte es wohl nicht sein, was Schumm bisher gemacht hat, sonst hätte Planorg-Chef Jürgen Maczollek den quirligen Schumm nicht in seinem Führungsteam und dessen Firma nicht in seiner Gruppe haben wollen. "Das Geschäft der heutigen Planorg IT-Systeme hängt stark von der Person Michael Schumm ab", sagt Michael Schumm ohne falsche Bescheidenheit.

Bescheidenheit ist auch nicht angebracht, wenn es um die Wachstumsziele von Planorg geht. Zunächst will man eine flächendeckende Organisation in Deutschland aufbauen. Dabei sollen auch Synergien mit den übrigen Systematics-Töchtern, vor allem MSH/Memorex-Systemhaus, zum Tragen kommen. Doch an den deutschen Landesgrenzen hört für Schumm die Expansion noch nicht auf. "Europa ist schon im Visier", sagt er und lächelt. (sic)

www.planorg.de

Planorg AG

Facts & Figures

Die Planorg AG wurde 1992 vom heutigen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Maczollek als Siemens-Nixdorf-Werksvertretung gegründet. Maczollek stand zuvor 25 Jahre auf der Nixdorf-Gehaltsliste und war für die Niederlassung in Köln verantwortlich. Seit Ende 1999 gehört Planorg zur Systematics AG in Hamburg. 1999 setzte die Planorg-Gruppe mit insgesamt 210 Mitarbeitern rund 96 Millionen Mark um. Für dieses Jahr liegt die Planzahl bei 270 Mitarbeitern und 120 Millionen Umsatz (ohne die Neuerwerbung Schumm beziehungsweise Planorg IT-Systeme). Der Dienstleistungsanteil ist in den vergangenen Jahren von 22,5 Prozent im Jahr 1997 auf 38 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Planorg ist an der Wnet Partner AG beteiligt, einem Zusammenschluss von 22 ehemaligen Siemens-Werksvertretungen. (sic)

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