Ein Kommentar von ahd CTO Marcus Bengsch

Managed Services - Strategie oder Portfolio-Bestandteil?

05.03.2020
Mal eben Managed Services ins Portfolio packen, dem eigenen Systemhaus das Etikett „Bin jetzt MSP“ verpassen und fertig? Das sei am Markt gerade en vogue, funktioniert aber nicht, sagt Marcus Bengsch, CTO von ahd, einer der renommiertesten Kenner der Materie. Warum der Wandel zum MSP eine strategische Entscheidung sein muss, die viel Mut, Leidenschaft und Konsequenz verlangt, schildert er in seinem Kommentar.

Die IT-Branche befindet sich ständig in Bewegung. Neue Technologien, neue Geschäftsmodelle, neue Strategien - einfach enorm viel Neues entsteht überall wo der geneigte Betrachter hinschaut. Manches erscheint auch nur im Deckmantel eines neuen Namens, jedoch nicht mit wirklich neuem Inhalt. Schließlich müssen wir IT-Dienstleister uns in irgendeiner Form neu erfinden - oder nicht? Ist es nicht das, was von den Unternehmen in der IT-Branche laufend gefordert wird?

Marcus Bengsch, CTO der ahd GmbH & Co. KG
Marcus Bengsch, CTO der ahd GmbH & Co. KG
Foto: AHD

Dieser empfundene Druck führt dazu, dass Dienstleister an der ein oder anderen Stelle sagen: "Na ja, wenn mein Kunde das auch noch fordert, dann nehme ich das doch in mein Portfolio auf. Dann wird wenigstens gesehen, dass wir das grundsätzlich anbieten und uns mit dem Thema beschäftigen. Und sollte ein Auftrag drohen, können wir uns immer noch mit der Umsetzung auseinandersetzen."

Managed Services: Strategische Unternehmensentscheidung oder zu kurz gedachtes Mitläufertum?

Vielleicht wird auch nicht mal eben das eigene Portfolio erweitert, sondern gleich ein neuer Name für die eigene Unternehmensausrichtung gefunden. So wie "Public-Cloud-Only-Provider". Oder "Systemhaus 4.0". Oder "Cloud-Born-Provider".

Bei diesem Begriffs-Wildwuchs kann man sich zuweilen die philosophische Frage stellen, die sich bereits Richard David Precht stellte: "Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?" Und nicht nur das: Es stellt sich auch die strategische Frage, ob meine Zielgruppe meine neue Positionierung überhaupt versteht und - ganz wichtig in unserem suchmaschinendominierten Leben: danach im Internet sucht.

Mit Blick auf das IT-Dienstleistungskonzept "Managed Services" zeigt sich, dass schnell passiert, was einleitend bereits angerissen wurde: Die Dienstleistung wird als ein sekundärer Bestandteil in das eigene Portfolio aufgenommen - einfach, damit man Managed Services im Portfolio hat. Oder ein Dienstleister nennt sich von heute auf morgen nicht mehr klassisches Systemhaus, sondern Managed Services Provider.

Handelt es sich bei der Entscheidung für eine Portfolioerweiterung um eine strategische Ausrichtung, ist das natürlich nicht verwerflich. Vielmehr handelt es sich um eine sehr kluge Strategie, denn wer möchte nicht von wiederkehrenden Erträgen oder ganzheitlichen Wertschöpfungsketten profitieren.

Entscheidung für Managed Services heißt: Entscheidung für neues Denken und Handeln

Auch eine Neuausrichtung der eigenen Positionierung kann sinnvoll sein, wenn sie Teil einer ganzheitlichen Strategie ist und einer klaren Vision folgt. Die Überschrift dieses Artikels könnte also auch lauten: Managed Services - strategische Unternehmensentscheidung oder zu kurz gedachtes Mitläufertum?

Denn eine Entscheidung für Managed Services ist immer auch eine Entscheidung für ein neues Denken, neue Kompetenzen und ein neues Handeln im eigenen Unternehmen.

Dienstleistern, die aus dem reinen IT-Projektgeschäft kommen, fällt dieser Schritt häufig schwer. So muss der Vertrieb lernen, das Geschäft der Kunden auf einer ganz anderen, ganzheitlicheren Ebene zu verstehen.

Für dieses Verständnis bedarf es auch:

• neuer Rollen auf Seiten des Dienstleisters - wie beispielsweise der Rolle eines Cloud-Architekten.

• Ein 24x7-Betriebsmodell muss aufgebaut und von richtigen IT-Experten betrieben werden.

• Die technischen Consultants müssen lernen, komplexere Transitionsprojekte umzu-setzen und interdisziplinär im Projekt zusammenzuarbeiten.

Darüber hinaus gilt es viele essentielle Fragestellungen zu beantworten:

• Setze ich als Managed-Services-Anbieter (egal, ob als Portfoliobestandteil oder Positionierung) auf Client- oder Datacenter-Ebene an?

• Bewege ich mich primär im infrastrukturellen Bereich oder möchte ich auch Be-triebsverantwortung für die Applikationen meiner Kunden übernehmen?

• Ist es gegebenenfalls sinnvoll, sich zu vertikalisieren und bestimmte Branchen in den Fokus zu rücken? Gerade mit Blick auf eine Applikationsverantwortung kann eine solche Vertikalisierung nicht nur sinnvoll, sondern unabdingbar sein.

• Und ganz am Schluss die alles entscheidende Frage: Wie schaffe ich es, mein ge-samtes Dienstleistungskonzept so zu digitalisieren und zu automatisieren, dass es mich unternehmerisch auch wirklich nach vorne bringt?

Sie merken: "Mal eben" Managed Services in das eigene Portfolio aufzunehmen funktioniert nicht. Zu kurz gedachtes Mitläufertum wird nämlich weder von den eigenen Mitarbeitenden noch von den eigenen Kunden toleriert.

Vielmehr sollte eine Entscheidung für Managed Services immer eine strategische Entscheidung sein. Und eines sei an dieser Stelle verraten: Diese Entscheidung verlangt gerade von einem kleineren, mittelständischen IT-Dienstleister eine gehörige Portion Mut, Leidenschaft und Konsequenz.

Zur Person

Marcus Bengsch ist seit über 25 Jahren Mitarbeiter der ahd und seit 2015 als Chief Techno-logy Officer für die Cloud Services und das Projektgeschäft zuständig. In dieser Rolle verant-wortet er neben dem technischen Bereich auch die Portfolio- und Produktstrategie des Un-ternehmens. Als Visionär beschäftigt sich Marcus Bengsch seit vielen Jahren mit Zukunfts- und Entwicklungsthemen in der IT. Unter seiner Leitung entstand bereits vor 10 Jahren der Bereich Managed Services und die ahd Cloud. Marcus Bengsch ist zudem seit Sommer 2018 als Vorstands-Mitglied beim Software-Startup hubvision AG tätig

(rb)

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