Manager schweben oft ähnlich abgehoben über der Belegschaft ihrer Unternehmen wie Politiker über dem Wahlvolk. Deshalb dringt die Stimmung an der Basis nicht mehr zu ihnen durch. Und wenn ihnen die Mitarbeiter - zum Beispiel bei Veränderungsprojekten die Gefolgschaft verweigern, sind sie oft ähnlich überrascht wie manch Spitzenpolitiker nach der Bundestagswahl. Dieser Auffassung ist Stefan Bald, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.
Herr Bald, Sie behaupten: Viele Top-Manager wissen nicht, was in ihrer Firma wirklich passiert. Wie meinen Sie das?
Bald: In den meisten Unternehmen gibt es keine offene Kommunikationskultur. Speziell gegenüber ihren Chefs, überlegen sich die Mitarbeiter meist zwei oder gar drei Mal, was sie ihnen sagen. Teilweise zu Recht! Denn schließlich entscheiden diese als ihre Vorgesetzten auch über ihr berufliches Fortkommen. Wenn dies aber über mehrere Hierarchieebenen hinweg geschieht, dann bekommt die Unternehmensführung nur noch verzerrte Informationen über die Themen, die die Mitarbeiter wirklich bewegen.
Warum ist das so?
Bald: Eine Ursache, warum Mitarbeiter ihre Chefs speziell mit schlechten Nachrichten nicht konfrontieren möchten, ist die Furcht, dass das Problem dann mit ihnen verbunden wird. Sie kennen ja die Geschichte vom Überbringer einer schlechten Nachricht. Also schwiegen sie lieber, damit sie nicht gesteinigt werden.
Gibt es Faktoren, die ein solches Verhalten fördern?
Bald: Ja. Viele Manager haben kaum Kontakt zu den Mitarbeitern auf der operativen Ebene. Sie sitzen in einem Elfenbeinturm oder genauer gesagt im obersten Stockwerk der Firmenzentrale weit, weit von der Unternehmensrealität entfernt.
Ähnlich weit wie Politiker von den Wählern?
Bald: Ja, bei Politikern stellt man oft fest, dass diese zwar endlos in Gremien und Ausschüssen, also unter ihresgleichen sitzen, aber den Kontakt zum Bürger verlieren. Diese Verschiebung der Kommunikationskontakte, weg vom Bürger hin zu Politiker-Kollegen und Verwaltungen, verändert auch die Wahrnehmung und die Bedeutung, die Themen beigemessen wird. Irgendwann ist der Konflikt in der Partei für sie wichtiger als manch Thema, das die Bürger bewegt.