Marktforscher IDC wagt zehn Prognosen für das neue Jahr 2004

18.12.2003
Wieder einmal wagt Marktforscher IDC einen Blick in die Glaskugel, was die nahe Zukunft bringt. Über allem steht die Prognose: 2004 wird vom PC-Replacement geprägt ein Jahr des Aufschwungs sein. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

Wie jedes Mal im Dezember wartet Marktforscher IDC wieder mit zehn Prognosen für das kommende Jahr auf. Grundtenor: Vieles wird besser, manches bleibt in der Schwebe.

Die Prognosen im Einzelnen:

1. Es wird ein "Wiederauferstehen der Technik" geben. Der Aufschwung wird an Dynamik gewinnen. Waren die Marktforscher im November für 2004 noch von 4,9 Prozent Wachstum der weltweiten IT-Ausgaben ausgegangen, mehren sich die Anzeichen, dass die Steigerungsrate eher gegen sechs bis acht Prozent gehen wird.

2. Massenware- oder "Commodity-Strategien" (x86, Linux) gewinnen die Oberhand und fordern die Server- sowie auch Softwaremarktführer heraus. Der Druck hin zu Standards wächst, womit die Anbieter aber auch zunehmend Schwierigkeiten haben werden, sich von den Wettbewerbern zu differenzieren. Linux wird als preisgünstiges Serverbetriebssystem für Unternehmen immer interessanter. Entsprechend werden sich auch die Fronten mit Microsoft verhärten.

3. "Utility Computing" ist gleich "Futility Computing": Ansätze des Nützlichkeitsgedankens wie virtualisierte Systeme oder Echtzeit-Reaktion auf geschäftliche Veränderungen werden mehr oder weniger im Infrastruktur-Management und in der Nutzlosigkeit (Futility) verharren, da sie 2004 zumindest wenig helfen werden, Geschäftsprobleme wirklich zu lösen.

4. Offshore-IT-Services haben von drei Jahren des Abschwungs profitiert und werden auch nach dem Aufschwung bleiben.

5. IT-Anbieter müssen versuchen, sich mehr in die Anforderungen im Geschäftsleben einzufühlen und entsprechende Angebote unterbreiten. Wo dieses Geschäftsdenken nicht Einzug findet, werden laut IDC Köpfe rollen.

6. Sechs Prioritäten auf CEO-Ebene treiben die IT-Ausgaben: 1. Erfüllung von Auflagen wie Basel II; 2. Produktentwicklung und Innovation; 3. Integrationsbestrebungen nach Fusionen und Übernahmen; 4. Kundenorientierung in allen Kanälen und über sämtliche Angebote hinweg; 5. besserer Return on Investment; 6. Auf- und Ausbau von Dienstleistungen.

7. Eine RFID-Blase wird aufblähen und platzen. RFID steht für Radio Frequency Identification und soll, zum Beispiel in Supermärkten auf jeden Artikel geklebt, die Warenwirtschaft revolutionieren und die herkömmlichen Kassensysteme überflüssig machen - so das Versprechen der Anbieter. Laut IDC werde sich jedoch herausstellen, dass eine komplette RFID-Infrastruktur zu errichten gar nicht so einfach sein wird wie versprochen.

8. WLAN-Hotspots werden sich weiter prächtig entwickeln und vor allem in Europa massenhaft Endverbraucher anziehen, während die drahtlose Vernetzung in den Unternehmen noch in der Testphase steckt und wenig Nutzen bringt.

9. Ein neues China und eine neue Europäische Union sind im Entstehen begriffen. Chinas Markt für IT-Produkte und Services soll 2004 auf ein Volumen von über 30 Milliarden Dollar anschwellen, wovon das SMB-Segment dann bereits 25 Prozent ausmachen soll. Die Osterweiterung wird die Zahl der EU-Mitgliedsstaaten am 1. Mai 2004 von 15 auf 25 erhöhen. IDC zufolge wird der Eingliederungskraftakt rund 25 Prozent der IT-Ausgaben in Osteuropa kosten. Insgesamt werden die IT-Ausgaben in EMEA somit um elf Prozent steigen, so die Prognose der IDC-Auguren.

10. Der nächste digitale Mediensprung wird sich wieder zu Hause abspielen. Vier Szenarien sind dabei von speziellem Interesse: 1. Bildhandys werden sich 2004 laut IDC zum dem am schnellsten wachsenden CE-Produkt seit Menschengedenken entwickeln. Europa wird Japan dabei als größten Markt für Bildhandys ablösen. Der Ruf nach hör- und sichtbaren Auslösesignalen zum Schutz der Privatspähre der Fotografierten wird, wie in Korea, unüberhörbar. 2. DVD-Rekorder werden besonders in der zweiten Jahreshälfte 2004 zum Horrorfilm Hollywoods. 3. Breitband wird sich bis Ende 2004 in 40 Prozent aller Online-Haushalte finden. Diese Verlagerung zu höheren Datendurchsatzraten wird auch die Internetanwendungen verändern. 4. Neue PC-ähnliche Consumer-Produkte (Entertainment- oder Multimedia-PCs) werden in die Wohnzimmer drängen. Die Hauptgewinner dieser Entwicklung werden marketinggewaltige Unternehmen wie Hewlett-Packard und Dell sein.

Meinung des Redakteurs

Wenn auch nicht alle von IDC vorhergesagten Entwicklungen Deutschland betreffen, scheint absehbar, dass 2004 von Aufschwung geprägt sein wird - bis hin zu gewaltigen Wachstumsraten beispielsweise bei Bildhandys. Gleichzeitig zeichnen sich bei den Unternehmenskunden, etwa beim Thema Standardisierung, Tendenzen ab, die selbst einige Branchenriesen zum Umdenken zwingen werden. Ohne Namen nennen zu wollen: Unflexible Kolosse werden dabei wohl auf der Strecke bleiben.

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