Marktforscher teilen Optimismus nur bedingt

28.10.1999

MÜNCHEN: Die Preise für WLAN-Adapter sinken, gleichzeitig werden die Produkte zur drahtlosen Netzwerkanbindung leistungs-fähiger. Der richtige Zeitpunkt für VARs, um in das Marktsegment einzusteigen und neue Zielgruppen im Netzwerkmarkt zu erschließen, meint Markus Deisböck, Geschäftsführer der Ulmer Artem GmbH. Eine Einschätzung, die von den Marktforschern nur bedingt geteilt wird.

Für Deisböck ist die Lage klar: Die Zeiten, da WLAN-Adapter ein klassisches Nischenprodukt waren, sind vorbei. Reduzierten sich die Einsatzbereiche von WLAN-Produkten in der Vergangenheit hauptsächlich auf dedizierte Branchen wie das Logistik- und Transportwesen oder die Medizintechnik, sieht Deisböck heute neue Zielgruppen, angefangen beim Mobile Professional bis in den Soho-Markt.

"Wer in Zukunft noch am Kabel hängt, ist selbst schuld." Die konsequente Nutzung moderner SoftwareTools setzt bei wechselnden Arbeits- und Besprechungsplätzen den ständigen Zugriff auf das Netz voraus, eine Bedingung, die laut Deisböck nur "on Air" realisiert werden kann. Mit der Einführung neuer, deutlich leistungsfähigerer WLAN-Adapter erwartet er jetzt den Durchbruch. Nach seiner Ansicht waren in der Vergangenheit Defizite bei der Übertragungsgeschwindigkeit für viele potentielle Anwender das Haupthindernis für die Nutzung. Dieser Aspekt ist seiner Meinung nach heute kein Thema mehr. "Die Performance neuer WLAN-Generationen steht gängigen Netzwerkverbindungen mittlerweile in nichts mehr nach. Hinzukommen allerdings alle Vorteile des Arbeitens ohne Kabel."

Während er gleichzeitig mit der steigenden Nachfrage nach drahtlosen LAN-Produkten das Ende unflexibler Leitungsnetze prophezeit, geben sich die Marktforscher in diesem Punkt spürbar zurückhaltender. Zwar attestieren auch sie der WLAN-Technologie zukünftig hohe Zuwachsraten, betrachten derartige Lösungen jedoch nicht als Ersatz drahtgebundener Infrastrukturen, sondern weiterhin als elegante Ergänzung in Randbereichen.

Konformität bleibt auf der Strecke

Die Geschwindigkeit von Funknetzen nimmt zu. Aufsetzend auf Basistechnologie des amerikanischen WLAN-Pioniers Aironet stellte Artem zur Cebit erstmalig Datenfunksysteme mit einer Übertragungsrate von 11 Mbit/s vor. Nach Angaben des Herstellers lassen sich damit sowohl Online-Verbindungen im LAN-Umfeld als auch hochwertige Point-to-Point- oder Point-to-Multipoint-Anwendungen realisieren. Konformität zum aktuellen IEEE 802.11 WLAN-Standard bieten die Produkte derzeit freilich nur bei deutlich reduzierten Übertragungsraten von 1 und 2 Mbit/s. Nach Aussage von Artem wird die Unterstützung des High-Speed-Modus 11 Mbit/s allerdings Bestandteil der kommenden Erweiterung der IEEE-802.11b-Verordnung sein. Trotz dieses bestehenden Mankos soll die Verbreitung der neuen Technologie schnellstmöglich vorangetrieben werden.

Den notwendigen Anreiz für potentielle Kunden erhoffen sich die Artem-Verantwortlichen zum einen von dem breiten Angebot verfügbarer Client-Adapter mit PC-, ISA- und PCI-Architektur, zum anderen von einer attraktiven Preisgestaltung. So liegen nach Artem-Angaben die Preise der neuen 11-Mbit/s-Komponenten teilweise unter denen der traditionellen 2-Mbit/s-Produkte.

Aufklärungs- und Marketingkampagnen

Derweil herrscht bei den Marktforschern eher gebremster Optimismus. Der WLAN-Markt muß sich erst noch beweisen, heißt es im letzten WLAN-Report der IDC-Analysten. Trotz unbestreitbarer Fortschritte

sehen sie weiterhin Handlungsbedarf darin, die Leistungsfähigkeit von WLAN-Lösungen zu erhöhen und deren Kosten zu senken. Die als

Meilenstein gefeierte Definition des IEEE-802.11-Standards wird ihrer Beurteilung nach nicht ausreichen, den notwendigen Anschub für einen echten Durchbruch zu liefern. Kritisiert wird, daß die IEEE-802.11-Spezifikation derzeit nicht weniger als drei verschiedene Implementierungen zuläßt und darüber hinaus zumindest zwei zusätzliche Geschwindigkeitsoptionen toleriert. Eine für potentielle Käufer schwer überschaubare Auswahl, mit der sie seitens der Hersteller bisher weitgehend allein gelassen werden.

Eine Beurteilung, die Frost & Sullivan teilt. Zwar prognostizieren die Marktforscher bis 2005 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 27 Prozent, beklagen aber gleichzeitig das bis dato mangelnde Engagement der Hersteller im Handelskanal. Die Hersteller von WLAN-Produkten haben sich bisher ausschließlich auf die Weiterentwicklung der Technologie konzentriert und dabei notwendige Aufklärungs- und Marketingkampagnen sowie gezielte Fachhandelsprogramme komplett vernachlässigt, lautet ihr Vorwurf.

Auch Intel steht in den Startlöchern

Frischen Wind in den WLAN-Markt, könnte demnächst ein ausgewiesener Marketingexperte bringen. Im Rahmen eines Technologieabkommens hat sich Chipgigant Intel kürzlich Firmenanteile am WLAN-Hersteller Proxim gesichert. Ziel der Vereinbarung ist die gemeinsame Entwicklung von standardisierten Lösungen für die Integration von drahtlosen Geräten zur Daten- und Sprachkommunikation. Apple unternimmt mit dem neuen I-Book, für das optional ein sogenannter "Airport" verfügbar ist, derzeit erste Gehversuche. David King, Chairman, Präsident und CEO von Proxim, setzt hohe Erwartungen in die Kooperation mit Intel. Er ist zuversichtlich, daß sich die gemeinsam entwickelten Produkte nach der Spezifikation Shared Wireless Access Protocol (SWAP) nicht zuletzt aufgrund der Marktdominanz von Intel im Bereich Personal Computer und Kommunikation als bevorzugte Lösung zur Anbindung mobiler Geräte etablieren. (sd)

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