Mehr Rechtklarheit

Massenentlassungen

13.09.2010
Die Entlassungssperre gem. § 18 Abs. 1 KSchG ist eine Mindestkündigungsfrist, sagt Andrea Wernicke.

Nachdem der EuGH am 27.01.2005 in seiner "Junk-Entscheidung" entgegen der bis dahin in Deutschland gängigen Praxis darauf abgestellt hat, dass unter Entlassung nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen ist, sondern die Kündigungserklärung selbst, hat nunmehr eine Entscheidung des zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts für weitere Rechtsklarheit bei anzuzeigenden Massenentlassungen geführt.

Das BAG hat klar gestellt, dass es sich bei der Entlassungssperrfrist gemäß § 18 Abs. 1 KSchG bzw. § 18 Abs. 2 KSchG um eine Mindestkündigungsfrist handle. Diese Frist müsse nicht zusätzlich zur Kündigungsfrist hinzugerechnet und damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht hinaus geschoben werden.

Die Kündigung kann damit nach Anzeigenerstattung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit erklärt werden, die betroffenen Arbeitnehmer dürfen nur nicht vor Ablauf der Monatsfrist des § 18 I KSchG bzw. im Fall des § 18 II KSchG der zweimonatigen Frist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Lediglich für den seltenen Fall einer Kündigungsfrist von weniger als einem Monat, z.B. bei einer Kündigung innerhalb einer vereinbarten Probezeit, führt die Kündigung erst mit Ablauf der Sperrfrist zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Kündigung selbst bleibt dagegen als rechtsgeschäftliche Willenserklärung wirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. November 2008, 2 AZR 935/07).

Es bleibt damit nur noch die endgültige Klärung der Frage, ob unter der sogenannten Freifrist des § 18 IV KSchG, d.h. die erforderliche Durchführung der Entlassungen innerhalb von 90 Tagen, der Ausspruch der Kündigungen oder die rechtliche Beendigungswirkung zu verstehen sind. Zwecks Vereinfachung der Anzeigeverfahren für die Unternehmen sowie Entlastung der Agentur für Arbeit wäre eine baldige Klarstellung wünschenswert. (oe)

Die Autorin ist Mitglied des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de).

Kontakt:

Andrea Wernicke, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kanzlei Wernicke & Partner, Ohmstraße 13, 80802 München, Tel.: 089 38038710, E-Mail: info@wernicke-und-partner.de, Internet: www.wzp-law.de

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