MBS bremst Apertum-Partner aus

13.03.2003
Microsoft Business Solutions stellt auf der Cebit die neue Version "Apertum 4.0" vor. Doch nur drei Partner repräsentieren auf der Messe das ERP-Paket. Mit einer Null-Prozent-Finanzierungs-Kampagne für Soft- und Hardware wollen die Redmonder aber den Absatz aller Partner ankurbeln.

Der Name Apertum kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "offen". Verschlossen blieb dagegen den meisten Apertum-Partnern die Tür zur Cebit. Nur drei präsentieren ihr Haus am Stand von Microsoft Business Solutions (MBS, Halle 5, Stand A04) auf der diesjährigen Nabelschau der IT-Branche: Wegner Datentechnik, Unidienst und Cosus. Dem stehen rund 30 Navision- und Axapta-Partner gegenüber.

Die MBS-Verantwortlichen sehen keine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Channel: "Wir haben allen Partnern das gleiche Angebot unterbreitet", teilt Communications-Manager Heiko Elmsheuser mit. Gemeint ist "gleich teuer": rund 12.000 Euro kostet ein Standplatz.

Excel-Anbindung für Apertum

Zu viel Geld für langjährige Apertum-Wiederverkäufer. Friedrich Klippel, Gründer und Geschäftsführer von Data Com, sind die Plätze zu teuer. Klippel stellte sein Unternehmen sieben Jahre lang auf der Cebit der IT-Technologie vor und teilte sich die Kosten beispielsweise mit der Cush-Gruppe: "Das ist jetzt nicht mehr möglich", kritisiert Klippel. Auch für den großen Apertum-Partner Interface aus Darmstadt macht die Messe zu diesen Konditionen keinen Sinn: "Das rechnet sich auf Basis der Erfahrungen der vergangenen Jahre nicht", berichtet Jörg van Heyst, Geschäftsführer bei Interface.

Den drei genannten Apertum-Partnern bleibt es somit vorbehalten, die ab April verfügbare neue Version 4.0 des ERP-Pakets auf der Cebit zu präsentieren. Das Release bietet laut MBS dem Anwender rund 150 neue Funktionen. Unter anderem verfügt es über ein erweitertes Office-Modul, das nun das Tabellenkalkulationsprogramm "Excel" und die Routenplanung "Mappoint" von Microsoft integriert. Darüber hinaus ist die Mehrsprachigkeit bis auf Artikel-Ebene eingeführt worden, sodass nun auch Systemtabellen und Artikelnamen in unterschiedlichen Sprachen bezeichnet werden können. Das Produktionsmodul von Apertum 4.0 verfügt jetzt über eine Schnittstelle für die Feinplanung der Produktionsaufträge.

Trotz der Verbesserungen bleibt der Erfolg der neuen Version fraglich. Obwohl Apertum mit Microsoft seit langem einen Eigentümer hat, der vor einer Übernahme so sicher ist wie Bayern München vor dem sportlichen Abstieg in die zweite Liga, sind viele Kunden durch die bewegte Geschichte der ERP-Suite verunsichert. Apertum hat in den vergangenen sechs Jahren viermal den Besitzer gewechselt. Im März 1998 brachte der Entwickler SCI GmbH aus Gilching das Produkt in die Fusion mit der BTK ein. Im Januar 2000 übernahm Great Plains die aus dem Zusammenschluss entstandene BTK Software & Consulting AG und Microsoft im Dezember 2000 Great Plains.

Van Heyst von Interface sieht die Zukunft von Apertum aber bis 2005 gesichert: "Das Commitment haben wir von Microsoft." Branchenkenner glauben jedoch nicht, dass Apertum eine Zukunft über das Jahr 2005 hinaus beschieden ist. Dann soll laut Microsoft das Release 1 einer Dotnet-basierenden ERP-Suite fertig sein.

MBS positioniert Apertum gegen kleine Softwarehäuser

Damit sich die nach dem Zusammenschluss von Microsoft und Navision verbliebenen Apertum-Partner in diesem Zeitraum nicht mit den jetzigen Wiederverkäufern von "Navision" (ehemals Attain) ins Gehege kommen, hat MBS die Preise für das einst von SCI entwickelte Produkt gesenkt. Für die Apertum-Version 3.61 verlangt der Softwaregigant nur noch 1.650 Euro für drei Lizenzen. Damit bekommen Kunden drei Lizenzen annähernd zu dem Preis, den sie früher für eine bezahlt haben.

"Über drei Anwender bleibt die Preisstruktur gleich", erklärt Stefan Gries, Channel-Manager bei Microsoft Business Solutions. Die Redmonder haben laut Gries festgestellt, dass Apertum-Verkäufe bei Unternehmen mit einem bis drei Anwendern kaum stattfinden. Van Heyst begrüßt die neu-en Konditionen: "Bei einem Einstiegspreis von 10.000 Euro für drei Arbeitplätze war es schwer, Kunden in diesem Segment zu gewinnen." Dieser Marktbereich steht den Apertum-Partnern jetzt offen.

Finanzierungshilfe für den Mittelstand

Offen steht ihnen, wie allen 220 Partnern auch, das neue Finanzierungsmodell von Microsoft Business Solutions. MBS hat dazu einen Rahmenvertrag mit der Leasingfirma BFL für Hard- und Software sowie Wartung mit einer Laufzeit von 36 Monaten vereinbart, wobei die Gesamtsumme über 33 Monatszahlungen verteilt werden soll. Für die zeitweise Nutzungsüberlassung zahlt der Kunde keinen Zins, verspricht MBS. Die nur in Deutschland gültige Kampagne endet am 13. Juni. Sonderaktionen wie "Close the Deal" könnten nicht kombiniert werden. Am Ende des Leasingvertrags, frühestens nach Ablauf der kalkulierten Laufzeit, hat der Leasingnehmer unter anderem die Option, die genutzte Hard- und Software zu kaufen. MBS rechnet mit einem Preis von zehn bis zwölf Prozent der ursprünglichen Rechnungssumme für die Hardware und mit drei bis fünf Prozent für die Software.

www.navision.de

ComputerPartner-Meinung

Wie schon zur Systems dominieren auch auf der Cebit die Navision-Partner den Stand von Microsoft Business Solutions. Damit sich die Vertriebspartner des jeweiligen Produkts nicht auch im Kampf um Projekte kannibalisieren, senkte MBS die Preise für Apertum, und eröffnete den Channel-Partnern für das ehemalige SCI-Produkt ein neues Marktsegment. Doch dieses Revier kontrolliert Sage KHK. Da heute noch niemand weiß, ob MBS im Jahr 2005 tatsächlich ein Dotnet-basierendes ERP-Paket auf den Markt bringt, welche Funktionen es enthält und vor allem was es kostet, wird es für Apertum-Partner trotz der Preissenkung schwer, Neukunden in diesem Segment zu überzeugen. Das neue Finanzierungsangebot leistet ihnen zwar Schützenhilfe, aber nur bis Juni 2003. (hei)

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