Media-Markt-Chef Gunz: "Wir brauchen keine Feindbilder mehr"

07.11.1997
MÜNCHEN: Zwei Jahre soll es noch dauern: Dann will sich die Media-Markt-Gruppe die Auszeichnung größter Computerhändler Deutschlands zu sein an die Brust heften. In einem exklusiven Interview schildert Mitbegründer und Unternehmenslenker Walter Gunz ComputerPartner seine Expansionspläne. Das Gespräch führten CP-Chefredakteur Damian Sicking und CP-Redakteur Christian Meyer.? Herr Gunz, Sie sollen einmal geäußert haben, daß Sie der größte Computer-Händler Deutschlands werden wollen. Wie weit sind Sie noch von diesem Ziel entfernt?

MÜNCHEN: Zwei Jahre soll es noch dauern: Dann will sich die Media-Markt-Gruppe die Auszeichnung größter Computerhändler Deutschlands zu sein an die Brust heften. In einem exklusiven Interview schildert Mitbegründer und Unternehmenslenker Walter Gunz ComputerPartner seine Expansionspläne. Das Gespräch führten CP-Chefredakteur Damian Sicking und CP-Redakteur Christian Meyer.? Herr Gunz, Sie sollen einmal geäußert haben, daß Sie der größte Computer-Händler Deutschlands werden wollen. Wie weit sind Sie noch von diesem Ziel entfernt?

GUNZ: Das war eine sehr vollmundige Äußerung von mir. Ich glaube wir sind noch nicht an dem Ziel angelangt, aber ich glaube wir sind in schneller Fahrt auf dies Ziel hin. Ich könnte mir vorstellen, daß wir es in zwei Jahren geschafft haben könnten.

? Nach unseren Informationen haben Sie 1996 in Europa etwa 240.000 PCs an den Mann gebracht und liegen damit hinter Ihrer Konzernschwester Vobis auf Platz 2. Ist Vobis Ihr Feindbild Nummer 1?

GUNZ: Nein. Vobis kann nicht unser Feindbild Nummer 1 sein. Das würde der internen Strategie des Konzerns widersprechen. Selbst wir haben innerhalb unserer Holding zwei verschiedene Labels: Saturn und Media-Markt. Da könnte man auch sagen Saturn ist das Feindbild Nummer 1 von Media Markt. Das wäre aber eine falschverstandene Philosophie. Und ganz sicher würde auch unsere Konzernmutter Metro einen derartigen Vergleich nicht zulassen. Wir haben überhaupt keine Feindbilder mehr. Das ist so eine überholte Strategie. Früher war ich auch immer der Meinung, man braucht ein Feindbild um stark zu sein und kämpfen zu können. Aber ich haben folgendes erkannt: Je mehr man sich auf einen anderen fokussiert, um so weiter weg kommt man von sich selbst. Man verfällt viel zu leicht in das Hase-Igel-Syndrom. Und das ist nicht gut.

Ich glaube, daß es heute viel wichtiger ist, daß sich die Menschen in den Unternehmen auf sich selbst besinnen. Man muß überlegen, wie man innovativ an den Kunden herankommt. Er und das Produkt spielen die zentrale Rolle, nicht der Konkurrent. Und so lautet zwischenzeitlich auch unsere Maxime.

? Dennoch kämpfen innerhalb eines Konzerns Vobis einerseits und Media Markt andererseits um ein und denselben Markt. Kann das auf Dauer gutgehen?

GUNZ: Warum soll es nicht gutgehen? Ich meine, natürlich gibt es Überschneidungen. Aber das gleiche Problem haben wir auch mit Media Markt und Saturn. Hier sind auch zwei selbständig agierende Unternehmen am Markt, die nur in der Holding zusammengeführt sind. Der Markt ist groß genug und wächst viel zu stark als daß nur einer Bestand haben könnte. Wir wollen ja auch eine Vielfalt der Unternehmen. Und ich habe immer - auch wenn mir viele Konkurrenten das nicht abnehmen - betont, daß mir an einer Vielfalt an Läden, an Anbietern und Händlern gelegen ist. Das ist ein Grundsatz der Marktwirtschaft. Es führen nicht nur viele Wege nach Rom, sondern es gibt auch verschiedene Wege einen Computer zu verkaufen. Und das sollte meiner Meinung nach erhalten bleiben. Wir wollen keine Monokulturen schaffen. Und daß Vobis zufällig auch eine Metro-Tochter ist, das hat sich nun einmal so ergeben. Jetzt lebt man zusammen wie Bruder und Schwester. Manchmal verträgt man sich gut und ab und zu gibt es auch mal ein Problem. Aber das halte ich für völlig normal.

? Dennoch sorgt dieses nicht immer ganz einfache Verhältnis zwischen Vobis und Ihrem Haus - zumindest in dieser Branche - immer wieder für Verwunderung. Welche Erklärung haben Sie beispielsweise dafür, daß ihre eigenen Networks-PCs nicht von Vobis gefertigt werden, sondern von Fujitsu ICL?

GUNZ: Wir waren beseelt von dem Wunsch, auch eine Eigenmarke auf die Beine zu stellen. Und mit dem Label Network haben wir das eigentlich auch geschafft. Wir wollten unseren eigenen, freiheitlichen Weg gehen. Zudem wäre es schade, wenn es nur ein Label gäbe.

? Man hätte aber die PCs auch auf OEM-Basis bei Vobis fertigen lassen und unter dem eigenen Label in die Regale stellen können.

GUNZ: Es ist ja auch nicht so, daß diese eine Entscheidung bis an das Ende aller Tage gelten muß. Sie gilt so lange, bis man zu einer besseren Entscheidung gelangt.

? Welche strategische Bedeutung hat für Sie eigentlich das Marktsegment Computer?

GUNZ: Es hat für uns die wichtigste strategische Bedeutung in unserem Produkt-Portfolio. Vor allem deshalb, weil dieses Sortiment gerade heute für die innovativen Kunden und für die junge Generation das entscheidende Segment ist. Vor zwanzig Jahren war es die High Fidelity. Dieser Aufbruch in den 60er und 70er Jahren entstand durch imagebildende Produkte. Es waren technische Produkte mit denen sich nicht nur der Freak, sondern auch der Jugendliche und der Student beschäftigt hat. Heute sind diese Produkte zu reinen Consumerwaren geworden. Der Kunde hat hier die Faszination an der Technik verloren. Jetzt haben wir mit dem PC ein Produkt, daß diesen Stellenwert wieder einnimmt. Diesem Produkt gehört die Zukunft. Es wird in gewisser Weise sicherlich eine Revolution auch in der Gesellschaft herbeiführen. Man spricht von einer Vernetzung der Welt, ja von der Vernetzung der Menschen untereinander. Und das ist eine Herausforderung. Man sieht aber auch heute schon, wo die Qualität dann seine Grenzen haben wird. Nämlich dann, wenn unkontrolliert im Internet irgendwelche Dinge auftauchen, die ich eigentlich nicht gut finde. Die reine Technik ohne Ethik führt die Menschheit ad absurdum.

? Sie werden in diesem Jahr voraussichtlich rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes mit Computern, Peripherie und Software erzielen. Wo sehen Sie den Anteil in der Zukunft?

GUNZ: Ich denke, daß der Anteil kontinuierlich über die nächsten Jahre hinweg steigen wird. Ich könnte mir vorstellen, daß der An

teil bis auf ein Drittel des Gesamtvolumens steigen kann. Das hängt natürlich auch ein bißchen davon ab, wie innovativ die Produkte des Braune-Ware-Bereiches sind. Seit der CD gab es dort seit Jahren keine echte Innovation mehr. Vielleicht erleben wir jetzt in Berlin auf der Internationalen Funkausstellung den Durchbruch des flachen Bildschirms, von dem ja schon seit Jahrzehnten geträumt wird. Dann könnte sich die Unterhaltungselektronik vielleicht wieder ein bißchen erholen und Marktanteile hinzugewinnen. Aber in der langfristigen Tendenz gehe ich mal davon aus, daß der Anteil wahrscheinlich noch bis zu einem Drittel steigen wird.

? Glauben Sie denn, daß die Kunden Media-Markt als einen Computer-Retailer überhaupt schon erkannt haben.

GUNZ: Ja. Das kann ich sogar belegen. Ich glaube wir haben das sehr schnell und sehr gut geschafft. Wenn ich den Marktforschern Glauben schenken darf, dann sind wir als Fachanbieter vom Kunden nicht nur angenommen worden, sondern wir sind einer der wenigen wirklich anerkannten Fachanbieter in der Branche. Das hat sich sehr schnell zu unseren Gunsten gewandelt. Dafür haben wir uns aber auch mächtig angestrengt.

? Die Nachfrage aus dem Consumer-Markt ist in diesem Jahr als eher schwach zu bezeichnen. Zumindest was den Computer-Bereich betrifft. Das müssen auch Sie zu spüren bekommen. Was tun Sie dagegen?

GUNZ: Die Nachfrage hängt natürlich sehr stark vom Konjunkturklima ab. Und wir haben in diesem Jahr in Deutschland eine sehr, sehr schwierige Situation. Die hohe Arbeitslosigkeit, die Schwierigkeit der Regierung, das längst überfällige Steuerprogramm spricht Bände für sich. Ich stelle fest, daß sich in solchen Zeiten leider auch die Kultur in eine Art Unkultur verwandelt und jeder gegen jeden ist.

Auch der Konsument ist oft zurückhaltend. Es gibt genügend Untersuchungen darüber, daß jeder über Geld verfügt, es aber nicht ausgegeben wird, weil man Sorge um die Zukunft hat. Und das ist ja auch gar nicht ganz unberechtigt. So kämpfen wir also in allen Bereichen. Wir kämpfen in einem sehr, sehr schweren Markt. Was wir verkaufen sind letztendlich Fun-Produkte. Jemand kauft sich keine neue HiFi-Anlage oder einen Fernseher nur weil die alten Sachen kaputt sind, sondern weil er sich was neues kaufen möchte. Er hat Lust daran, sich etwas anzuschaffen.

Ich hoffe, daß sich das allgemeine Umfeld wirtschaftlich wieder bessert. Da muß man schon ein Optimist sein. Und ich bin einer, auch wenn zur Zeit die Zeichen nicht gut dafür stehen.

? Daß sie Optimist sind, merkt man auch daran, daß sie auch in diesem Jahr vom Wachstum der Media-Markt-Gruppe ausgehen. Es soll zwar nicht so stark ausfallen wie im letzten Jahr, aber es stellt sich die Frage, wo es herkommen soll. Nur aus zusätzlichen Filialen an neuen Standorten, die Sie besetzen wollen?

GUNZ: Nicht nur. Wir haben ein gutes Wachstum bei Computern, wir wachsen aber auch bei Software. Wir wachsen sogar in einigen Braune-Ware-Bereichen. Natürlich tun wir uns auf unveränderter Fläche sehr schwer. Das müssen wir ehrlich zugeben. Das kostet viele Anstrengungen. Die weitere Expansion bestreitet natürlich den Hauptteil des Wachstums.

? Wenn Sie Ihren Umsatz bei Computern bei einem insgesamt flachem Marktverlauf ausweiten, bedeutet das letztendlich, daß Sie auch Marktanteile hinzugewinnen. Auf wessen Kosten?

GUNZ: Der Bessere wird wieder einmal gewinnen. Ich glaube aber, daß prinzipiell jede Unternehmensform - ob Fachgeschäft, Kettenladen oder technisches Kaufhaus - Chancen hat. Man muß sich nur um die Kunden bemühen.

Aber zurück zur eigentlichen Frage. Ich glaube, die Zahl der Direktversender wird nicht mehr stark steigen Auch bei den Einzelhandelsgeschäften wird es Verlierer geben. Es ist eine Frage der Qualifikation. Wer seine Stärken erhält und sie zeigen kann, hat meiner Meinung nach eine gute Chancen.

Wer aber nur von Qualitäten spricht, ohne sie zu haben, wird verlieren. Aber es wird nicht an der Form des Unternehmens liegen. Trotzdem: Laut Statistik sind Unternehmen mit Jahresumsätzen unter fünf Millionen Mark sehr gefährdet.

? Sie sehen sich jedenfalls bereits auf der Siegerstraße. In Ihrer Image-Broschüre steht zu lesen, daß die "mobile Freizeitgesellschaft des 21. Jahrhunderts im Media Markt einkaufen wird". Worauf stützen Sie diesen Optimismus?

GUNZ: Den stützen wir darauf, daß es uns gelungen ist, die jungen Menschen anzusprechen. Wir haben einen sehr hohen Anteil an jungen Käufern. Unsere Marktforscher haben zudem herausbekommen, daß ein hoher Anteil an Kunden eine hohe Schulbildung besitzt. Das sind Menschen, die auch die drei Mark noch haben, um sie ausgeben zu können. Man muß versuchen, die Jugend für sich zu gewinnen. Dann kann man hoffen, daß er - vorausgesetzt er wird gut bedient und beraten - wieder kommt oder vielleicht sogar, wovon jeder Händler träumt, ein Stammkunde wird.

? Welche Produktgruppen aus dem Computer-Bereich verkaufen Sie derzeit eigentlich am meisten?

GUNZ: Der Trend geht sehr stark zur Software. Da stecken natürlich auch die Hersteller dahinter. Es ist ja schon als Kunst zu bezeichnen, einen Computer ohne Verluste zu verkaufen. Das muß einmal klar gesagt werden. Auch wir haben unser Lehrgeld bezahlt. Aufgrund der ständigen Innovationen ist der Alterungsprozeß der Waren natürlich extrem schnell. Und wer die falschen Produkte im Lager hat, hat oft das Nachsehen. Daraus haben auch wir gelernt. Mit Software

ist es ein bißchen anders. Sie ist von vornherein höher kalkuliert.

? Verdienen Sie dann mit dem Verkauf von Computern Geld?

GUNZ: Wir tun es wieder. Das hat uns einige Jahre gekostet. Wir haben das Lagerproblem gelöst. Früher waren wir einfach nicht schnell genug.

? Sie sprachen gerade davon, daß sich Software bei Ihnen überproportional gut verkauft. Es gibt Meldungen, denen Sie zufolge nach dem Vorbild von Karstadt, die ja in Duisburg ein Software-Geschäft namens Know-House eröffnet haben, etwas ähnliches planen. Wie konkret sind diese Überlegungen?

GUNZ: Wir überlegen uns natürlich, wie wir den Vertrieb dieser Produkte noch optimieren können. Dazu zählen auch Überlegungen, ob wir es vielleicht mit anderen Ladentypen probieren könnten. Aber konkrete Planungen gibt es noch keine, denn dann würden wir uns ja irgendwie doch wieder selber Konkurrenz machen. Es dürfte sich als schwierig erweisen, neben Saturn und Media Markt noch ein Label in den Markt zu bringen. Man muß aufpassen, sich nicht selbst aufzufressen. Der Weg scheint interessant, ist, glaube ich, aber nicht unser Weg. Ich habe keine Lust auf Kannibalismus.

? Welche Vision haben Sie? Wo soll die Media-Markt-Gruppe in fünf Jahren stehen?

GUNZ: Also vor 20 Jahren waren fünf Jahre noch relativ realistisch einzuschätzen. Heute leben wir in einer so schnellebigen Zeit, daß unsere langfristigen Planungen eigentlich drei Jahre nicht übersteigen. Meine Vision für 2002 ist, bis dahin ein europäisches Unternehmen zu sein. Und damit meine ich, nicht nur die Kernländer sondern auch geografische Randgebiete besetzt zu haben. Wir haben den ersten Markt in Budapest eröffnet. Aber wir müssen noch viel lernen, denn es ist gar nicht so einfach, dort Geschäfte zu machen. Ich möchte, daß wir zu den führenden europäischen Unternehmen in dieser Branche gehören. Das hieße, daß wir mindestens das doppelte Volumen erwirtschaften müßten. Um eine Zahl zu nennen: 16 Milliarden Mark Umsatz wären das Minimum.

? Sie wollen aber auch in Deutschland wachsen. Sie wollen 1997 hier weitere 14 Media-Markt-Läden eröffnen. Dann sind es 95 Märkte in der Gesamtzahl. Wann ist ein Ende der Fahnenstange eigentlich erreicht?

GUNZ: Wenn man uns vor fünf Jahren gefragt hätte, dann hätten wir gesagt, daß wahrscheinlich bei 60 oder 70 Standorten Schluß ist. Aber das Ende der Fahnenstange kennen wir noch nicht. Ich denke, irgendwann in zwei bis drei Jahren wird die Expansion in Deutschland enden.

? Haben Sie einen Standort eigentlich schon einmal wieder aufgeben müssen?

GUNZ: Ja einmal. Aber nicht in Deutschland. In unserer europäischen Euphorie haben wir einmal einen Laden in einem ganz miesen Viertel im Norden von Paris eröffnet. Als ich dort hingefahren bin habe ich mir gedacht: Mein lieber Schwan! Die Gegend hier ist aber unsicher! Aber die französischen Kollegen haben mich leider überzeugt, daß der Standort doch gut sei. Als dann aber zum dritten Mal eingebrochen worden ist und der Lastwagen gleich rückwärts in die Glastüre gefahren ist, mußten wir eingestehen, daß der Standort nicht so optimal gewählt war. Eine genaue Marktuntersuchung vorab, hätte uns jede Menge Ärger erspart.

? Spielen bei Ihren Expansionsplänen Beteiligungen oder Übernahmen eine Rolle?

GUNZ: Ob das ein Thema ist, kann ich heute noch nicht sagen. Das hängt wirklich vom speziellen Fall ab. Ich kann es aber nicht ausschließen, gerade in Hinblick auf die Europäisierung.

Unsere Muttergesellschaft Metro hat schon sehr früh an Beteiligungen denken können, und ich glaube, daß ist auch einer der Gründe weshalb die Metro-Gruppe heute im Handel so stark ist. Es ist die Fähigkeit in Gruppen zu denken. Man muß nicht immer alles alleine machen. Durch diese Philosophie haben auch wir etwas dazugelernt. Man braucht immer wieder einen Partner.

? Wer sind eigentlich Ihre Kunden im Computer-Bereich? Sind das nur Privatpersonen oder sind das auch gewerbliche Anwender?

GUNZ: Wir bedienen beide Kundengruppen. Wir haben eine Menge gewerblicher Anwender, prozentual sind es aber natürlich mehr Privatkunden. Wir wollten aber von Anfang an nie ein Unternehmen für eine ganz spezielle Gruppe sein. Eine segensreiche Entscheidung wie ich meine.

? Neben der Media-Saturn-Holding, Vobis und MaxData zählt jetzt seit kurzem auch Peacock mit zu den Computerhändlern beziehungsweise Distributoren im Metro-Konzern. Welche Auswirkungen wird die Neuerwerbung Ihrer Meinung nach auf den Gruppenverbund haben?

GUNZ: Die Entscheidung der Firma Vobis war sicherlich eine gute und richtige Entscheidung. Hier haben sich zwei erfolgreich agierende Unternehmen zusammengetan. Gerade im Computer-Bereich muß man dem Konsumenten ein gutes Produkt zum guten Preis anbieten können. Das geht nur mit entsprechend hohen Stückzahlen. Wir selbst sehen uns aber nicht tangiert.

? Das Manager-Magazin warf Ihnen vor kurzem vor, Jagd auf lästige Mittelständler zu machen. Auch das ZDF-Magazin Frontal stellte Ihre Wettbewerbsmethoden an den Pranger. Was sagen Sie eigentlich zu diesen Vorwürfen?

GUNZ: Das ist eine lange Geschichte. Hier ist meiner Meinung nach etwas sehr Unglaubliches geschehen. Wir haben natürlich auch Fehler gemacht. Zum Beispiel haben wir Testkäufe unternommen, ohne den Testkäufern vorher genaue Vorschriften zu geben. Tatsache ist, daß wir an unter einem David-und-Goliath-Syndrom zu leiden hatten. Nachdem ist a priori der Große auch der Böse. Wenn Sie sich einmal unsere schriftlichen Stellungnahmen ansehen, erkennen Sie, daß beispielsweise meine persönlichen Zitate als Bekenntnis gewertet wurden, daß wir eine negative Firmenphilosophie gegenüber dem Mitbewerb betreiben würden. Genau dieses Zitat, das hier entnommen wurde, habe ich vor zwei Jahren ausgesprochen. Damals habe ich aufgrund der Sorge um die ganze Branche aus eigenen freien Stücken alle Konkurrenten nach Berlin eingeladen. Ich wollte ein Forum schaffen, das Wege aufzeigen sollte, wie man sich gemeinsam aus diesem überzogenen Wettbewerb wieder entfernt. Ich bin der Meinung, es steht jedem gut an, wenn er nicht nur immer auf die anderen zeigt, sondern auch selbst erkennt, daß man Fehler gemacht hat. Das war die eigentliche Motivation. Ich wollte Ehrlichkeit zeigen und hatte die Hoffnung glaubwürdig zu sein. Doch wenn dann gerade das Bemühen um Harmonie als Beweis für das Gegenteil herangezogen wird, dann ist das eine Farce.

Oder daß in Frontal gesagt wurde, wir hätten eine Jubiläums-Anzeige, die der ProMarkt als Wettbewerbsverstoß angesehen hat, nicht schalten dürfen, es aber trotzdem getan haben, kann ich so nicht stehen lassen. Wir haben damals vor dem Oberlandesgericht in Karlsruhe eindeutig gewonnen. Man hat uns von vornherein als Bösen abgestempelt und sich eine Story überlegt, wie wir sehr schlecht dabei wegkommen.

Wir konnten nicht viel dagegen machen. Denn: Wer sich verteidigt, klagt sich an. Wir gehen nicht mehr darauf ein, weil wir uns sonst nur noch schuldiger in deren Augen machen.

? Die Testkäufer waren also Mitarbeiter Ihrer Konkurrenz?

GUNZ: Ja. Die Testkäufer, die dort gezeigt wurden, waren gestellt. Auch die ganzen Zahlen sind irrsinnig hochgespielt worden. In genau sieben von 140 Filialen sind Untersuchungen gemacht worden, weil es wettbewerbswidrige Nachlässe gegeben haben soll. Insgesamt sind zwölf Fälle rechtsanhängig gewesen. Doch gesprochen wurde von Tausenden.

? Aber Sie haben jetzt natürlich aufgrund auch dieser Veröffentlichungen, ein bestimmtes Image. Sie sind jetzt zum Totengräber des Fachhändlers deklariert worden. Sie aber behaupten, daß Sie sich seit Jahren vergeblich darum bemühen, einen Branchenfrieden herbeizuführen. Stimmt das?

GUNZ: Ja. Ich habe vor zwei Jahren den Anlauf mit Berlin gemacht, indem ich alle Konkurrenten - ob Warenhaus, Karstadt, Einzelhandel, Interfunk oder Expert - eingeladen habe. Damals schon habe ich ihnen meine Sorge mitgeteilt, daß eben diese Fokussierung auf den Konkurrenten zu einer unguten Entwicklung in der Branche führt. Und ich wollte den Kollegen eigentlich zurufen, sich auf das eigene Profil zu konzentrieren. Die Idee war geboren aus diesem Konkurrenzkampf zwischen ProMarkt und Media Markt, zu der Zeit als wir sogar in die vergleichenden Werbungen gegangen waren. Aber irgendwie fand ich es dann ganz einfach schade um diese Branche. Ich bin jetzt seit 30 Jahren in ihr tätig und ich glaube, es tut ihr ganz gut, wenn sich wieder jeder auf seine eigenen Stärken besinnen würde. Das extreme Beäugen des Konkurrenten war sicherlich auch unser eigener Fehler. Auch wir sind irgendwo schwach geworden, nachdem wir uns diesen Bazillus eingefangen hatten. Deswegen mein Versuch mit Berlin. Doch die einen haben gesagt, dem Media Markt würde es so schlecht gehen, darum würden wir jetzt die Friedenspfeife anbieten und für die anderen sind wir einfach der Wolf im Schafspelz. Man hat mir die Ehrlichkeit nicht abgenommen.

Wir wollen jetzt, begleitet durch die Konzern-Mutter Metro, einen Schlußstrich unter diese ganzen Querelen mit unseren Konkurrenten gezogen wissen.

Wenn es künftig wieder Probleme gibt, schalten wir den Einzelhandelsverband ein und bitten ihn um Klärung. Wir werden uns nicht mehr mit den Rechtsanwälten kloppen - nicht wegen jeder Kleinigkeit.

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