Media-Markt springt mit Home Jumper ins Servicegeschäft

08.03.2000
Media-Markt dringt im August in eine der letzten Domänen des IT-Handels vor: das Servicegeschäft für Endkunden. Kontrahenten des Retailers wie die PCKetten Comtech oder Vobis bleiben allerdings gelassen. Sie rechnen nicht mit massivem Kundenschwund, finden das Konzept aber - ganz fairplay - "klasse".

Media-Markt wagt einen Vorstoß in fremde Gefilde: Der Großflächenmarkt will ab Mitte August ins bisher bitter vernachlässigte Servicegeschäft einsteigen. Um in diesen Bereich nicht selbst investieren zu müssen, holt sich der Retailer einen Partner an Bord: Die Home Jumper Service GmbH (siehe Kasten). Die Firma bezeichnet sich augenzwinkernd als "kleines schwäbisches Serviceunternehmen", das weder Hard- noch Software verkauft, sondern reine Dienstleistung rund um den PC.

Ab dem 17. August können die Bin-doch-nicht-Blöd-Kunden in acht Teststädten, darunter München, Bielefeld und Bremen, beim Kauf eines PCs oder Peripherigerätes einen "Servicekoffer" für 99 Mark kaufen. In dem Koffer ist der Gutschein von Home Jumper mit der entsprechenden Telefonnummer. Die Heinzelmännchen des Dienstleisters kommen dann vorbei, packen den Rechner aus, schließen ihn an, installieren die mitgelieferte Standard-Software und sorgen dafür, dass der Kasten funktioniert. "Damit bieten wir Service erstmals als reales Retail-Produkt an", preist Wilhelm Gerbert, Marketing-Leiter bei den Schwaben, das Angebot gegenüber ComputerPartner. Der Handelsgigant und die schwäbische Servicefirma kamen über ihre gemeinsame Werbeagentur ins Gespräch. Die Kooperation könnte sich für die Ulmer auszahlen: "Media-Markt verkauft 1,4 Millionen PCs im Jahr. Wenn jeder Kunde dazu einen Koffer mitnimmt, sind wir gut dabei", reibt sich Gerbert bereits voller Vorfreude die Hände.

Die reinen PC-Ketten bleiben bei der Nachricht gelassen und finden sogar lobende Worte: "Sehr gute Idee", meint Vobis-Chef Jürgen Rakow und legt nach: "Wir werden uns mal ansehen, wie die Sache bei Media-Markt läuft. Wir haben ein ähnliches Konzept fix und fertig in der Schublade liegen. Wenn der Kunde das will, dann starten wir."

Service traut man nur Spezialisten zu

Aber es gibt auch Einwände: "Die klassischen Media-Markt-Kunden bezahlen nicht ohne weiteres 99 Mark für Aufbau und Installation, sondern lassen es einfach darauf ankommen, ob der Rechner läuft oder nicht", meint Christian Burlein, Einkaufsleiter Comtech/Mobilcom. Er wertet den Servicebedarf deutscher Kunden anders: "Service traut man doch hier nur Spezialisten zu. Wenn meine Waschmaschine von Bosch nicht funktioniert, rufe ich den Bosch-Kundendienst, aber keinen Generalisten."

Massiven Kundenschwund Richtung Großflächenmärkte befürchtet keiner: "Das Media-Markt-Konzept geht für Erstkäufer auf, aber es fehlen trotzdem die Komponenten Beratung und Aufrüstung. Und das ist dem deutschen Kunden total wichtig. Das PC-Geschäft läuft doch wie die Auto-Branche: Eine Grafikkarte für 1.000 Mark braucht kein Mensch, aber sie ist ein Statussymbol wie der Stern auf der Kühlerhaube", sagt Darius Zwacka, Einkaufsleiter beim Retailer Atelco.

Der kleinere PC-Fachhändler um die Ecke sieht das ähnlich: "Die Idee ist klasse, ich sag’ nur Servicewüste Deutschland. Nur deswegen stehen bei Media-Markt auch nicht mehr Verkäufer rum und helfen dem Kunden bei der Qual der Wahl. Den individuellen Service über das Produkt hinaus kann der Retailer auch damit nicht leisten", meint Bernd Gretscher, Geschäftsführer von GHL Computer in Mönchengladbach. "Ich glaube nicht, dass Media-Markt damit seine Kundenzahl steigern kann. Ich stehe auf dem Standpunkt: Service bis zur Ladentür, das ist unser Job. Jeder Kunde, der mehr will, geht zum Fachhändler", sagt dann auch Rakow über das Vobis-Konzept.

Was Media-Markt jetzt noch fehlt, ist der Einstieg ins E-Business. Nach der Kooperation mit Home Jumper darf spekuliert werden: "Die Stärke von Media-Markt sind die flächendeckenden Outlets, aber sie haben keine Kooperation mit einem bundesweiten Lieferdienst. Mit dem Home-Jumper-Deal halten sie sich doch für die Zukunft eine Option offen: neben Service auch die Lieferung bis an die Kundenhaustür und schließen damit ihre logistische Lücke", vermutet ein Branchenbeobachter. (ch/st)

www.mediamarkt.de

www.homejumper.de

Home Jumper

Facts & Figures

Die Home Jumper Service GmbH versteht sich als reines IT-Serviceunternehmen, das "Service als Produkt" verkauft. Das Angebot des Unternehmens besteht aus einem Vor-Ort-Service für alle Angelegenheiten rund um den Computer, von der Pannenhilfe über Installation bis zu Kaufberatung und Netzwerkservice. Zielgruppen sind sowohl Privatanwender und Freiberufler als auch Unternehmen.

-Firmensitz: Ulm

-Gründungsdatum: 01.04.1999

-Gesellschafter: Klaus Harisch, Alexander Kornegger (Geschäftsführer)

-Zahl der Mitarbeiter: zirka 100, ein weiterer Ausbau ist geplant

-Zahl der Niederlassungen: derzeit 20, bis zum Jahresende sollen fünf weitere eröffnet werden

Mehr zum Unternehmen Home Jumper lesen Sie in Computer-Partner 28/00. (st)

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