Mehr als ein Ersatz für Unix

11.07.2002
Als vor mehr als zehn Jahren Linus Torvalds ein anderes Betriebssystem für seinen 386er-PC entwarf, suchte er lediglich nach einer DOS-Alternative. Damals hätte er sich nie träumen lassen, dass Linux mal auf IBMMainframes laufen würde.

Dass Linux eine ernst zu nehmende Server-Alternative zu Windows und Unix darstellt, dürfte bekannt sein. Doch auch auf dem Desktop steht das junge Pflänzchen vor einem Wachstumsschub. So hat etwa Bundesinnenminister Schily an-gekündigt, das Open-Source-Betriebssystem auch auf den Clients zu fördern. Hierzu beauftragte Schily das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit der Durchführung von Pilotprojekten. Deren Ergebnisse sollen Ende des Jahres veröffentlicht werden. Und auch wenn dann vielleicht eine andere Bundesregierung am Ruder ist - der Trend zu Open-Source ist nicht aufzuhalten. Auch die CDU gab bekannt, an quelloffener Software festzuhalten.

Lokalmatadoren kämpfen um Wettbewerbsanteile

Gleichzeitig setzt auf dem Markt der Linux-Anbieter ein Verdrängungswettbewerb ein. Die lediglich lokal präsenten Distributoren Suse, Caldera, Turbolinux und Conectiva haben erkannt, dass sie allein nichts ausrichten können und schlossen sich zu der United-Linux-Allianz zusammen (siehe auch ComputerPartner 22/02, Seite 12). Derzeit agieren die vier genannten Anbieter noch unabhängig und offerieren lediglich das "nackte" Betriebssystem unter dem Brand "United Linux".

Doch dies muss kein Dauerzustand sein. Erste Auflösungserscheinungen zeichnen sich bereits ab. So schloss etwa Caldera seinen Erlanger Standort und die dort ansässige Entwicklungsabteilung. Gleichzeitig musste der Chef Ransom H. Love seinen Stuhl räumen - die Zahlen von Caldera waren einfach zu schlecht. Abgefunden wurde Love mit der Leitung der UnitedLinux-Aktivitäten. Angesichts der Tatsache, dass die einzelnen Distributoren weiterhin ihre Linux-Produkte in Eigenregie vermarkten, handelt es sich dabei wohl eher um die Position eines Frühstücksdirektors.

Die vier lokalen Anbieter werden also nicht umhinkommen, geschlossener aufzutreten, um dem unbestrittenen Marktführer im Linux-Bereich Red Hat Paroli zu bieten. Denn all dies, was sich Suse und Co. durch ihre United-Linux-Initiative erhoffen, nennt Red Hat bereits - wenn teilweise auch nur in Ansätzen - sein Eigen: weltweite Präsenz, ein dicht geknüpftes Servicenetz und Großkunden wie die Deutsche Bank.

IBM bleibt neutral

Fein raus ist hier IBM: Es unterstützt sowohl Suse als auch Red Hat und kann von Fall zu Fall entscheiden, welche Distribution gera-de besser passt. So gibt es zwar die gesamte Lotus-Domino-Server-Produktpalette für die Linux-Plattform von Suse, andererseits arbeitet Big Blue auch mit Red Hat zusammen, etwa bei der Portierung von Linux auf die Server der X-Series-Reihe.

Dennoch ist Suses Bindung an das Unternehmen aus Armonk enger. Red Hat kooperiert ja noch mit Oracle, Dell und Hewlett-Packard. Dies sind auch die bevorzugten (Premier) Partner des US-amerikanischen Linux-Distributors. Weniger Wert legt Red Hat auf Implementierungs- und Servicepartner.

Auch wenn die Amerikaner betonen, eine reine Software-Company zu sein, ist ihr Serviceanteil weitaus höher als der von Suse. Immerhin trennten sich die Nürnberger vergangenes Jahr von fast einem Viertel ihrer Mitarbeiter, und so war ihre Ausrichtung hin zum indirekten Vertrieb fast zwangsläufig (siehe auch ComputerPartner 14/2002, Seite 38).

www.unitedlinux.com

www.suse.de/de/partner

www.redhat.com/partners

ComputerPartner-Meinung:

Der Linux-Markt konsolidiert. Künftig wird es nur noch zwei bedeutende Distributionen geben: die von Red Hat und United Linux. Das ist zu begrüßen, denn dadurch müssen ISVs ihre Software nicht auf verschiedenen Linux-Plattformen testen. Andererseits bleibt der faire Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Open-Source-Anbietern dennoch erhalten. (rw)

Zur Startseite