Mehr Freiheit und weniger Werbung beim Fernsehen

30.08.2001
Eine neue Dimension des Fernsehens verspricht Fast-Dazzle mit einem Videorekorder im Format einer PCI-Steckkarte. Per Fernbedienung und Programmierung von Sendungen im Internet soll die Karte einen Hauch von Kinoatmosphäre ins Wohnzimmer bringen. Ob dem Hersteller ein großer Schritt in Richtung Unterhaltungszukunft gelungen ist, hat ComputerPartner untersucht.

Waren es früher schicke VHS-Stand-alone-Videorekorder, welche die Herzen der Hobby-Cineasten höher schlagen ließen, soll diese Wirkung bald der PC erzielen. Fast-Dazzle hat dafür die PCI-Steckkarte "tv4me" entwickelt, die einen TV-Tuner beherbergt. Die Karte arbeitet mit einem Chip, der die Fernsehsendungen ins Mpeg-2-Format umwandelt. Der Chip speichert die Videodaten in Echtzeit auf die Festplatte des PCs. Der Anwender kann die Bilder aber an einem per Scart-Anschluss mit der Steckkarte verbundenen TV-Gerät ansehen. Es spielt keine Rolle, wenn der Zuschauer mal kurz unterbricht: Nach erfolgter Erfrischung oder beendetem Telefonat kann er zeitversetzt - aber nahtlos - weiterschauen.

Ein weiterer Clou der Fast-Dazzle-Lösung ist die Programmierung von tv4me übers Internet per Electronic Programm Guide (EPG). Wie nicht anders zu erwarten, arbeitet der Hersteller hier mit einem Ableger des ehemaligen Mutterhauses zusammen. Die Fast TV Server AG entwickelte und pflegt die Seiten der Internet-Programmzeitschrift tvtv (www.tvtv.de). Bis zu 21 Tage im Voraus lässt sich der Videorekorder im PC auf diese Weise für den Urlaub programmieren.

An Hardware darf nicht gespart werden

Wer für einen dreiwöchigen Urlaub gerüstet sein will, darf mit der Festplattenkapazität nicht zu knauserig umgehen. In niedrigster Qualität verlangt eine Stunde Film bereits ein volles Gigabyte Speicherplatz, in voller DVD-Qualität mehr als doppelt so viel. Um diese Datenmenge abzuspielen, muss im Herz des Rechners mindestens ein 400-MHz-Prozessor der Pentium-III-Klasse schlagen. Für DVD-Qualität empfiehlt der Hersteller einen PIII 800.

Der Testrechner von ComputerPartner schaffte jedoch trotz entsprechender Ausstattung in der höchsten Qualität nie eine ruckelfreie Wiedergabe der Bilder. Besonders bedauerlich, denn erst dadurch bekommt der Anwender richtig gute Bilder auf die Mattscheibe. In der niedrigsten Einstellung, VHS genannt, sieht man vor allem an Rändern und bei großflächigen Bildern eine hässliche Mpeg-2-Klötzchenbildung. Leider hat Fast-Dazzle auf eine vom Anwender frei skalierbare Qualitätsabstufung genauso verzichtet wie auf einen Rauschfilter.

Der Verzicht auf große Konfigurations-Arien hat auch positive Seiten: Nach der schnell zu absolvierenden Softwareinstallation geht es gleich zur Registrierung des Electronic Programm Guides auf dem Webserver von tvtv. Dort eingeloggt, lassen sich die favorisierten Sendungen per Makro bestimmen und kategorisieren, um sie später einfach per Mausklick aufzunehmen.

Diese Show-View-Technologie des 21. Jahrhunderts macht die Aufnahmeprogrammierung so einfach wie noch nie, auch wenn man zuvor die Sendersuche bewerkstelligen muss. Mit Hilfe der Videotext-Daten ermittelt die Software bereits selbständig einige Sender, den Rest muss der Anwender manuell einstellen, denn Programme, die nicht explizit benannt sind, kann der EPG nicht ansprechen. Im Test zeigten die manuell in den tv4me-Zeitplaner eingegebenen Aufträge Probleme. Einige Aufnahmen brachen anscheinend grundlos nach wenigen Sekunden ab.

Tröstlich, dass nur die Programmierung des Videorekorders der Arbeit am Computer bedarf. Die Bedienung des tv4me läuft ausschließlich über das On-Screen-Display (OSD) auf dem Fernsehbildschirm. Dieses steuert der Benutzer per mitgelieferter Fernbedienung. Das Kabel des Infrarot-Empfängers für die Fernbedienung ist jedoch - ebenso wie das Scart-Kabel - nur fünf Meter lang. Das könnte mitunter zu wenig sein, wenn der Rechner nicht von vornherein neben dem Pantoffelkino steht.

An der Betriebsstabilität des OSD muss Fast-Dazzle allerdings noch ein wenig arbeiten, denn im Test stürzte das Programm bei Menüwechseln unerklärlicherweise ab. Trotzdem ist die Bedienung der PC-Karte der eines herkömmlichen Videorekorders um Welten voraus. Aufgenommene Sendungen sind an Miniaturbildern mit detaillierter Beschreibung zu erkennen, gelöscht wird per Knopfdruck. Auch das Überspringen von Werbeblöcken ist kein Problem mehr, wenn der Zuschauer die Aufnahme programmiert hat und sich die Sendung einige Minuten nach deren Start anzusehen beginnt. Zum Ende der Sendung hat er diese eingeholt. Ferner bietet das tv4me eine praktische Bild-in-Bild-Funktion, mit der sich zwei Sendungen betrachten lassen. Per Fernbedienung kann man sogar den PC ausschalten. Einfacher geht#s nicht.

Wer braucht#s?

Die eingefleischte Video-Gemeinde wird eher zum Stand-alone-Festplattenrekorder greifen, als im Rechner herumzuschrauben und ihn neben dem Fernseher zu platzieren. Denn wer möchte schon dem monotonen Surren eines rotierenden Prozessorkühlers im Hintergrund lauschen, wenn er sich zum Home-Cinema-Abend niederlässt? PC-Enthusiasten werden sich dagegen über die großartige Möglichkeit zur Archivierung von Filmmaterial freuen.

Die Trickser unter den Usern entschlüsseln ohnehin erst einmal den Premiere-Kanal und öffnen sich damit das Tor zur werbefreien Spielfilmwelt. Mit der richtigen Div-X-Encoder-Software aus dem Internet kann der Anwender anschließend den Speicherbedarf des aufgenommenen Materials verkleinern. Will er einen ganzen Film auf CD-Größe reduzieren, muss er für jedes eingesparte Megabyte Qualität opfern. Jedoch sinkt sie selbst bei zwei Stunden Filmmaterial auf einer Disc nicht unter VHS-Standard. Tv4me benötigt bei gleicher Menge in dieser Qualität immerhin 2 GB. Bei einem Rohlingpreis von einer Mark steht dem umfassenden Video-CD-Archiv also nichts mehr im Wege. Vor allem Besitzer eines DVD-Brenners werden sich über das hochwertige tv4me-Füllmaterial für ihre Silberlinge freuen. (jos)

<b>Kurzgefasst</b>

Der heimische Rechner als hochwertiger und vergleichsweise günstiger Videorekorder, und jeder, wirklich jeder kann ihn bedienen. Der Haken der PCI-Steckkarte tv4me von Fast-Dazzle: Der Rechner muss im Umkreis von fünf Metern vom Fernseher stehen und kann somit zum Störfaktor im Wohnzimmer werden. Auch die noch enthaltenen Bugs und die daraus resultierenden Abstürze sind für den entspannten Videogenuss nicht gerade förderlich. Dagegen sorgt die im üppigen Paket enthaltene Fernbedienung für eine strippenfreie Steuerung vom Fernsehsessel aus. Die Hardwarekonzeption ist tadellos und entlastet den Prozessor bei der Aufnahmearbeit. ComputerPartner ist die Lösung die Note Zwei wert.

Hersteller: Dazzle Europe GmbH

Hansastr. 32

80686 München

Tel.: 0 89/5 52 94-0

Fax: 0 89/5 52 94-199

E-Mail: info@dazzle-europe.de

www.dazzle-europe.de

Preis: 649 Mark

(empfohlener Verkaufspreis) )

Wertung:

Gerät/Software: 3

Handbuch: 2

Lieferumfang: 2

Ease-of-Use: 1-2

Händler-Support: 3

CP-Tipp: 2

(Bewertung nach Schulnoten)

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