Mehr Schutz bei Kontopfändungen - Das neue P-Konto

07.09.2007
Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen...

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen. Mit dem Entwurf wird erstmalig ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto („P-Konto") eingeführt, auf dem ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Sockel-Pfändungsschutz in Höhe von 985,15 Euro pro Monat erhält. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt.

Damit genießen künftig auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben. Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse verlangen, dass sein Girokonto als P-Konto geführt wird. Hat der Schuldner Unterhaltspflichten zu erfüllen, kann der Basispfändungsschutzbetrag ähnlich wie bei der Pfändung von Arbeitseinkommen erhöht werden.

Ein Girokonto ist heutzutage notwendige Voraussetzung für die Teilhabe am modernen Wirtschaftsleben. Kontolosigkeit und damit der Ausschluss vom bargeldlosen Zahlungsverkehr sind nicht nur finanziell nachteilig. Das Girokonto ist oft Voraussetzung für den Abschluss eines Mietvertrages, eines Stromlieferungsvertrages, mitunter sogar dafür, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass niemand sein Girokonto allein deshalb verliert, weil ein Gläubiger das Guthaben pfändet und der Kontoinhaber erst Rechtschutz suchen muss", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Nach der geltenden Rechtslage führt die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass die anfallenden Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie Begleichung von Miete, Energiekosten oder Versicherungen nicht mehr über das Konto abgewickelt werden können. Um Pfändungsschutz für den pfändungsfreien Selbstbehalt des Kontoguthabens zu erlangen, braucht der Schuldner in vielen Fällen eine Gerichtsentscheidung. Oftmals ist dies nicht rechtzeitig möglich, so dass Kosten für verspätete oder nicht ausgeführte Zahlungen anfallen. Erschwert wird der Pfändungsschutz dadurch, dass er für Gutschriften aus Arbeitseinkommen anders ausgestaltet ist als für solche aus Sozialleistungen. Auch für Banken und Gerichte ist die gegenwärtige Lage daher unbefriedigend.

Mit diesem Gesetzentwurf wird ein moderner und effektiver Schutz bei Kontopfändungen für alle Bürgerinnen und Bürger geschaffen. Unter Wahrung der Interessen der Gläubiger verbleiben einem Schuldner ohne aufwändiges und bürokratisches Verfahren die Geldmittel, die er zur Bestreitung des existentiellen Lebensbedarfs benötigt. Kündigungen von Girokonten wegen des Zugriffs von Gläubigern werden in Zukunft erheblich seltener vorkommen", erläuterte Zypries.

Die vom Bundeskabinett beschlossene Reform des Kontopfändungsschutzes ist ein Teil des Maßnahmenpaketes, mit dem die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern die Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr sichern will.

Vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung des Girokontos hatte der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) schon im Jahr 1995 allen Kreditinstituten, die Girokonten für alle Bevölkerungsgruppen führen, empfohlen, auf Wunsch für jede Bürgerin und jeden Bürger ein Girokonto einzurichten. Die Bundesregierung berichtet in regelmäßigen Abständen über die Umsetzung dieser Empfehlung. In ihrem mittlerweile Vierten Bericht vom Juli 2006 hat sie festgestellt, dass weiterhin Defizite bei der Umsetzung der Empfehlung bestehen. Die Bundesregierung hatte sich daher zur Verbesserung der Lage von Bürgerinnen und Bürgern ohne Girokonto auf verschiedene, aufeinander abgestimmte Maßnahmen geeinigt. So fordert sie Banken und Sparkassen auf, ihre bisherige unverbindliche Empfehlung zum Girokonto für jedermann zu einer rechtlich verbindlichen Selbstverpflichtung gegenüber den Kundinnen und Kunden weiterzuentwickeln. Die Bundesregierung ihrerseits flankiert diesen Weg der Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft mit der Reform des Kontopfändungsschutzes.

Zu den Schwerpunkten des Gesetzentwurfs im Einzelnen:

1. Automatischer Pfändungsschutz

Ein Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrages des § 850c ZPO (985,15 ¤) wird nicht von einer Pfändung erfasst („Basispfändungsschutz"). Das bedeutet, dass aus diesem Betrag Überweisungen, Lastschriften, Barabhebungen, Daueraufträge etc. getätigt werden können. Der Basisbetrag wird für jeweils einen Kalendermonat gewährt. Anders als nach geltendem Recht kommt es auf den Zeitpunkt des Eingangs der Einkünfte nicht mehr an. Wird ein Freibetrag in einem Monat nicht ausgeschöpft, wird der Rest auf den folgenden Monat übertragen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Leistungen nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen zu erfüllen sind. Auf die Art der Einkünfte kommt es für den Pfändungsschutz nicht mehr an. Damit entfällt auch die Pflicht, die Art der Einkünfte wie Arbeitseinkommen, Sozialleistungen wie Rente, Arbeitslosengeld etc. gegenüber Banken und Gerichten nachzuweisen. Damit werden künftig jegliche Art von Einkünften, also auch die Einkünfte Selbstständiger und freiwillige Leistungen Dritter, bei der Kontopfändung geschützt. Eine Erhöhung z. B. wegen gesetzlicher Unterhaltspflichten oder eine Herabsetzung des Basispfändungsschutzes ist auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung möglich. Daneben kommt in bestimmten Fällen eine Erhöhung des pfändungsfreien Betrages durch bloße Vorlage entsprechender Bescheinigungen von Arbeitgebern, Schuldnerberatungsstellen und Sozialleistungsträgern (z. B. über Unterhaltspflichten und bestimmte Sozialleistungen) beim Kreditinstitut in Betracht.

2. Automatischer Pfändungsschutz nur beim Pfändungsschutzkonto („P-Konto")

Der automatische Pfändungsschutz kann nur für ein Girokonto gewährt werden. Dieses besondere Konto – „P-Konto" – wird durch eine Vereinbarung zwischen Bank und Kunde festgelegt. Der Entwurf sieht vor, dass ein Anspruch auf Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos in ein P-Konto besteht. Ein Anspruch auf die neue Einrichtung eines P-Kontos besteht allerdings nicht.

3. Besonderer Schutz für bestimmte Leistungen wie Kindergeld und Sozialleistungen

Kindergeld und Sozialleistungen – etwa nach dem Sozialgesetzbuch II – werden künftig bei ihrer Gutschrift auf dem P-Konto besser geschützt. Wertungswidersprüche zwischen Vollstreckungs-, Steuer- und Sozialrecht werden damit vermieden.

4. Vorrang des P-Kontos

Der Pfändungsschutz auf dem P-Konto ist vorrangig gegenüber dem herkömmlichen Kontopfändungsschutz, der auch in Zukunft erhalten bleiben soll. Hat der Schuldner ein P-Konto, so erhält er allerdings nur für dieses Pfändungsschutz. Denn mit der Führung eines P-Kontos kann er sicherstellen, dass ihm die zur Bestreitung des Lebensunterhalts notwendigen Mittel erhalten bleiben. Auf weiteren herkömmlichen Pfändungsschutz ist er damit nicht mehr angewiesen.

5. Pfändungsschutz für sämtliche Einkünfte Selbständiger

Die Reform schafft einen besseren und effektiveren Pfändungsschutz für sämtliche Einkünfte selbständig tätiger Personen, da das künftige Recht alle Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit wie Arbeitseinkommen und Sozialleistungen behandelt.

6. Inkrafttreten

Nach der derzeitigen Planung soll sich der Bundesrat in seiner Sitzung am 9. November 2007 mit dem Entwurf befassen. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Bei zügigem Verlauf der Beratungen im Deutschen Bundestag kann mit einem Inkrafttreten Ende 2008 gerechnet werden. Damit die Kreditwirtschaft ausreichend Zeit zur Umstellung hat, ist ein Zeitraum von 6 Monaten zwischen Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen.

Lesen Sie dazu auch folgendes Dokument.



(sch)

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