Namensgleichheit kann Indiz für Rechtsmissbrauch sein

"Mein Bruder ist Anwalt!"

16.04.2009
Familienbande und wenig Umsatz können Abmahnungen scheitern lassen. Johannes Richard* stellt ein Gerichtsurteil zu diesem Thema vor.

Ein besonderer Aspekt von rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen ist es, wenn bereits auf den ersten oder zweiten Blick eine Verbindung zwischen dem abmahnenden Rechtsanwalt und dem Abmahner augenscheinlich ist, beispielsweise dadurch, dass beide den gleichen Nachnamen tragen. Eine solche "Familienhilfe" kann einen schalen Beigeschmack haben derart, dass der zum Abmahner gleichnamige Anwalt wohl kaum seiner eigenen Verwandtschaft die Kosten für die Abmahnung voll und ganz in Rechnung stellen wird. Hierbei kann es sich um ein Indiz (mehr jedoch nicht) für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG handeln. Denkbare Konstellationen sind unter anderem, dass Abmahner und Rechtsanwalt verheiratet oder etwa Geschwister sind.

Indiz 1: Abmahner und Anwalt sind Brüder

Einen derartigen Fall hat das Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 05.11.2008 (Az.: 13 O 34/08, noch nicht rechtskräftig) entschieden. Bei diesen Abmahnungen war schon augenfällig, dass offensichtlich mit allen Mitteln versucht wurde, die Namensidentität zwischen Abmahner und Rechtsanwalt zu verschleiern, indem nur die Bevollmächtigung für eine Einzelfirma angezeigt wurde, ohne dass deren Inhaber genannt wurde. Hier musste man schon genau nachrecherchieren, um dann festzustellen, dass Abmahner und Anwalt den gleichen Nachnamen haben. In der Entscheidung des Landgerichtes Bielefeld - das Gericht hatte Unterlassungsansprüche unter anderem wegen Rechtsmissbräuchlichkeit abgelehnt - waren Abmahner und Anwalt Geschwister (Brüder).

Indiz 2: Abmahngebühren höher als Umsätze

Dies war jedoch nicht der Hauptgrund für die Annahme des Gerichtes, dass die Abmahnung rechtsmissbräuchlich war. Hauptgrund war vielmehr, dass bei einer größeren Anzahl von bekannten Abmahnungen diese in keinem Verhältnis zum geringen Umsatz standen, der sich für einen Monat im Jahre 2008 auf unter 200 Euro belief. Es heißt insofern in der Entscheidung:

"Selbst wenn man keinen Bagatellverstoß annehmen wollte, wäre die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches jedenfalls rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Von einem Missbrauch ist auszugehen, wenn mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde Ziele wie etwa das Interesse, Gebühren zu erzielen, das die Verfahrenseinleitung beherrschende Motiv bilden; möglicherweise daneben vorhandene wettbewerbsrechtliche Absichten schaden nicht, wenn nur die sachfremden Erwägungen vorherrschen (BGH NJW-RR 2000 1644, 1645). Indizien für einen Rechtsmissbrauch können insbesondere ein systematisches, massenhaftes Vorgehen, eine enge personelle Verflechtung zwischen dem Abmahnenden und dem beauftragten Anwalt, eine weit überhöht in Ansatz gebrachte Abmahngebühr und das Fehlen eines nennenswerten wirtschaftlichen Eigeninteresses sein (OLG Naumburg NJW-RR 2008, 776, 777).

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Abmahnung verfasst hat, ist zugleich der Bruder des Betreibers des Shops. Die Klägerin hat einen hohen Gegenstandswert von 10.000 Euro zugrunde gelegt; die geltend gemachten Abmahngebühren sind mehr als dreimal so hoch wie die Umsätze der Klägerin im August 2008, die sich nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten lediglich auf 184,88 Euro beliefen.

Auch wenn die Umsätze in einem klassischen Ferienmonat wie August sicherlich geringer ausfallen als zu anderen Zeiten, fällt auf, dass die Klägerin keine näheren Angaben dazu gemacht hat, in welchen Größenordnungen sich ihre üblichen Umsätze bewegen. Gleichwohl hat die Klägerin zumindest acht weitere Mitbewerber abgemahnt. Gegen ein nennenswertes wirtschaftliches Interesse der Klägerin spricht darüber hinaus, dass ihr Angebot sich nur in Randbereichen mit dem Angebot der Beklagten deckt. Wirtschaftliche Nachteile durch die von der Beklagten früher verwendete Belehrung waren nicht ernsthaft zu befürchten. Diese Umstände sprechen bereits dafür, dass die Klägerin in erster Linie bestrebt war, Abmahngebühren zu kassieren."

Abmahner wurde vorgeschoben

Es liegt der Verdacht nahe, dass der Abmahner hier nur vorgeschoben wurde, um ein Wettbewerbsverhältnis zu konstruieren. Auch unter Geschwistern oder bei näheren Familienbanden muss sich der Abmahner so behandeln lassen, als würde er seinen Rechtsanwalt tatsächlich aus seinen Umsätzen bezahlen können.

Es lohnt sich daher, bei Abmahnungen, bei denen der Nachname des Anwaltes und des Abmahners identisch ist, genauer hinzuschauen.

Rechtsanwalt Johannes Richard, c/o Rechtsanwälte Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen, Richard Wagner Straße 14, 18055 Rostock, Tel: 0381 448998-0, E-Mail: rostock@internetrecht-rostock.de, Internet: www.internetrecht-rostock.de

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