Michael Dell: "Die Compaq-Händler werden Pfeiffer den Krieg erklären"

07.11.1997
MÜNCHEN: Michael Dell glaubt nicht, daß ein Hersteller erfolgreich auf zwei Hochzeiten tanzen und sowohl über den direkten als auch den indirekten Kanal problemlos verkaufen kann. Mit dem Direktverkauf über das Telefon hat der PC-Hersteller weltweit großen Erfolg. Der Aktienwert des Unternehmens ist im vergangenen Jahr um 300 Prozent gewachsen, Tendenz steigend. Nur in Deutschland scheint dieses Erfolgsrezept nicht zu funktionieren.? Vor drei Jahren lag Dell im weltweiten PC-Markt noch auf Position acht. Seitdem haben Sie sich auf den dritten Platz vorgekämpft. Wollen Sie nun die Nummer eins sein?

MÜNCHEN: Michael Dell glaubt nicht, daß ein Hersteller erfolgreich auf zwei Hochzeiten tanzen und sowohl über den direkten als auch den indirekten Kanal problemlos verkaufen kann. Mit dem Direktverkauf über das Telefon hat der PC-Hersteller weltweit großen Erfolg. Der Aktienwert des Unternehmens ist im vergangenen Jahr um 300 Prozent gewachsen, Tendenz steigend. Nur in Deutschland scheint dieses Erfolgsrezept nicht zu funktionieren.? Vor drei Jahren lag Dell im weltweiten PC-Markt noch auf Position acht. Seitdem haben Sie sich auf den dritten Platz vorgekämpft. Wollen Sie nun die Nummer eins sein?

DELL: Wenn wir unser gegenwärtiges Wachstumstempo weiter durchhalten, wird Dell bereits im Jahr 2000 der weltgrößte PC-Hersteller sein.

? Glauben Sie, daß IBM und Compaq Ihnen die Führungsspitze kampflos überlassen werden?

DELL: Nein, Compaq-Chef Eckard Pfeiffer plant bereits weitere Firmenkäufe. Beispielsweise gibt es Übernahmeverhandlungen zwischen Compaq und Gateway 2000. Auf diese Weise hofft Compaq seine Führungsposition abzusichern. Aber auch IBM ist noch für einige Überraschungen gut.

? Pfeiffer hat bereits angekündigt, daß Compaq ebenfalls in den Direktverkauf von PCs einsteigen will. Fürchten Sie nicht, daß er Ihnen Marktanteile abnimmt?

DELL: Eckard Pfeiffer hat noch immer nicht verstanden, daß das direkte Vertriebsmodell völlig anders funktioniert als sein gegenwärtiges Geschäft. Außerdem, was glauben Sie, wie seine Händler reagieren werden, wenn Pfeiffer PCs an ihnen vorbei verkauft. Die Compaq-Händler werden ihm den Krieg erklären. Ich glaube nicht, daß ein PC-Hersteller sowohl im direkten als auch im indirekten Verkauf erfolgreich sein kann.

? Wird Dell ebenfalls versuchen, seine Marktanteile durch Firmenübernahmen zu steigern?

DELL: So wichtig ist uns das Ranking nun auch wieder nicht. Dell wird keine Firmen übernehmen, nur um eine oder zwei Positionen nach oben zu rutschen. Viel entscheidender ist es für uns, das rasante Wachstum fortzusetzen und gleichzeitig profitabel zu bleiben.

? Um die Nummer eins der Branche zu werden, müssen Sie wohl erst noch Ihr Unternehmen umstrukturieren?

DELL: Zugegeben, wir werden einiges anders machen müssen. Das heißt jedoch nicht, daß wir unser Prinzip des Direktvertriebs aufgeben. Sie werden es auch nicht erleben, daß Dell seine Computer über den indirekten Vertriebsweg anbietet.

? Was muß sich dann ändern?

DELL: Mit dem Verkauf von Computern über das Internet gehen wir bereits heute neue Wege. Nur sechs Monate nach dem Startschuß liegt unser täglicher Umsatz im Internet schon über einer Million Dollar.

? In den meisten Ländern Europas ist Dell sehr erfolgreich. Nur in Deutschland bekommen Sie kein Bein auf die Erde. Woran liegt das?

DELL: Kein Bein auf die Erde würde ich nicht sagen, da wir in den letzten zwei Jahren kontinuierlich um 100 Prozent gewachsen sind und daher jetzt einen Marktanteil von 3,4 Prozent erreicht haben. Allerdings ist die Situation im deutschen Markt weltweit einmalig: So haben zum Beispiel lokale Hersteller einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent.

? Und warum kommen Sie gegen die nicht an?

DELL: Filialketten wie Vobis und Escom haben dafür gesorgt, daß die Deutschen am liebsten ihre Computer im Laden an der Ecke kaufen. Diese Tradition ändert sich nur sehr langsam. Trotzdem bin ich für die Zukunft sehr optimistisch, denn die lokalen Anbieter haben langfristig keine Überlebenschance.

? Warum passen Sie sich nicht dem lokalen Trend an und verkaufen hier Ihre PCs auch über Einzelhandelsketten?

DELL: Wir wollen keinerlei Partnerschaften mit Einzelhandelsketten eingehen. Dell setzt weltweit auf den direkten Vertrieb. Davon werden wir auch in Deutschland nicht abweichen.

? Sie haben viel Geld auf der Bank und in eigenen Aktien angelegt. Was wollen Sie mit dem Vermögen anfangen?

DELL: Insgesamt haben wir in den letzten Jahren für rund 3,5 Milliarden Dollar eigene Aktien zurückgekauft. Und auch in Zukunft planen wir unsere Gewinne in eigene Aktien anzulegen.

? Kein Geld für Übernahmen?

DELL: Bei jährlichen Wachstumsraten von mehr als 50 Prozent macht es keinen Sinn, noch schneller zu expandieren. Wir sind froh, wenn wir die täglichen Probleme bewältigen, die dieses rasante Wachstum mit sich bringt. Warum sollten wir dieses Wachstum noch weiter anheizen?

? Also keine Expansionsgelüste?

DELL: Wir expandieren zur Zeit sehr stark in neue Märkte. Beispielsweise planen wir unsere Produkte demnächst auch in Lateinamerika, China und Indien zu verkaufen. Aber auch unsere Produktpalette wird erweitert. Schon in Kürze werden wir auch Intel-Workstations mit Windows NT anbieten.

Dieses Interview erschien zuerst in der Wirtschaftswoche Nr. 27 vom 26.6.1997. Es wurde von Jürgen Homeyer geführt.

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