Microsoft: Aufnahmestopp im elitären Club der "Large Account Reseller"

01.08.2002
Großkunden, Behörden und Institutionen aus Forschung und Entwicklung darf bei Microsoft nur betreuen, wer sich als "Large Account Reseller" des Konzerns bezeichnen darf. Den Titel müssen sich die Partner regelmäßig neu erarbeiten. Wer es nicht schafft, dem ist der Spott der Kollegen sicher.

Die Zeiten sind bekanntlich schwieriger geworden, das neue Lizenzmodell von Microsoft macht es den Partnern auch nicht gerade leicht. Wer sich da zu den "Large Account Reseller" von Microsoft zählen darf, dem ist das Geschäft mit 250 Lizenzen und mehr pro Kunde aber relativ sicher: Die so genannten LARs sind die wichtigsten Partner von Microsoft, sie dürfen Kunden aus Industrie, Forschung und Entwicklung sowie Behörden im Namen des Softwarekonzerns betreuen - und genießen dabei auch noch "Revierschutz".

Firmen wie GE Compunet, Bechtle, PC-Ware und ADA sind im elitären Partner-Club; Arxes, Unisys und Sysdat neuerdings nicht mehr. 18 LARs sind es in Deutschland insgesamt noch, mehr als 70 sollen es mal gewesen sein. Alle drei Jahre müssen sich diese Partner einer strengen Prüfung unterziehen, wer rausfliegt, dem ist der Spott der "Kollegen" sicher. So ist das Ausscheiden von Arxes, Unisys und Sysdat derzeit nicht nur Gesprächsthema Nummer eins bei den Microsoft-LARs, sondern wird von einigen auch dazu genutzt, die eigenen Qualitäten zu untermauern: "Dem Kunden wird erzählt, dass die Firmen rausgeworfen wurden, weil sie den Ansprüchen von Microsoft nicht genügen. Umso besser steht man dabei als verbliebener LAR selbst da", berichtet einer der Partner.

LARs bei Microsoft: Es werden immer weniger

So etwas hört man im Softwarekonzern gar nicht gern: "Die Zahl der LARs ist tatsächlich gesunken", sagt Christine Scheib von Microsoft. Das habe zum einen mit Fusionen von Partnern wie HP und Compaq zu tun, zum anderen mit der strategischen Ausrichtung der einzelnen Unternehmen. Die drei Ex-Partner hätten sich eben für einen anderen Weg entschieden. "Rausgeflogen sei aber keiner", so Scheib.

Grundsätzlich gilt: Wer einmal drin ist, will eigentlich nicht mehr raus. Denn um reinzukommen, muss man schon einiges leisten und preisgeben: "Um autorisierter Large Account Reseller zu werden, muss sich ein Unternehmen mit detaillierten Unterlagen bei uns bewerben", erklärt Scheib. Der Softwarekonzern will es genau wissen: Geschäftsziele- und Berichte werden ebenso abgefragt wie Vision und Positionierung des Unternehmens, das Kundensegment sowie detaillierte Angaben zu Services, die dem Kunden rund um das Thema Lizenzierung angeboten werden. Wer dann noch Referenzen im Licencing-Umfeld vorweisen kann und sicherstellt, dass er neue Kunden findet und nicht etwa im Revier eines anderen LARs jagt, hat theoretisch gute Chancen. "Die endgültige Entscheidung liegt natürlich bei uns", so Scheib.

Seit 2000 trägt auch die Asknet AG den begehrten Partnertitel: "Natürlich ist es ein großer Vorteil, beim Kunden als LAR auftreten zu können. Damit ist es leichter, neue und bessere Aufträge zu generieren", sagt Volker Markert, Key Account Manager, bei der Asknet AG in Karlsruhe und zuständig für das Microsoftgeschäft. Auch wenn der Softwarekonzern über die Details der Anforderungen nicht gerne spricht: "Es wird eine gute technische Qualifikation gefordert, man muss eine gewisse Anzahl von Leuten für die Aufgaben bereitstellen und eine solide finanzielle Basis haben", umschreibt Markert das Procedere. Dass sich die Kunden und Kollegen fragen, warum eine Firma den Titel nicht mehr hat, findet der Manager normal und meint: "Ein LAR zu sein, hat viele Vorteile, es muss aber letztendlich auch in das Konzept des Unternehmens passen." Bei Ask-net passt es noch, das Unternehmen hat sich auf Kunden aus Forschung und Entwicklung spezialisiert. Und äußert sich über die Zusammenarbeit mit Microsoft sehr zufrieden: "Da werden sie von uns keine Klagen hören."

Ins gleiche Horn bläst auch die ADA Systemhaus GmbH: "Obwohl der Status des Large Account Resellers in der Praxis selten konkret wahrgenommen wird, bietet er die Geschäftsgrundlage, um in unserem Zielsegment von Großkunden, auch international, eine umfassende Dienstleistung rund um den PC bieten zu können", so der bei Microsoft zuständige Joachim Kuhn. Frei übersetzt heißt das: Ohne LAR-Titel gibt es eben keine Großkunden.

Zwar seien "optimale Lösungen häufig nicht unter den "Standards" von Microsoft zu finden, so Kuhn weiter, doch da müsse man eben eng mit dem Hersteller zusammenarbeiten - und das klappe schon seit Jahren hervorragend. Der Aufwand für diese Partnerschaft sei aber tatsächlich sehr groß: "Als Verschiebebahnhof von Lizenzen" sei das Geschäft deshalb "sicherlich nicht so interessant."

Etwas anders sieht die Sache bei der Arxes AG aus. Vorstandsmitglied Sascha Hancke ärgert sich darüber, dass einige der LARs nun behaupten, Arxes sei aus der Runde rausgeschmissen worden. "Wir haben selbst um die Auflösung des Vertrages gebeten, weil die Aufgaben eines LARs einfach nicht mehr in unsere Strategie passen - außerdem rechnet es sich nicht." Der Lizenzbeschaffungsmarkt habe sich verändert, sagt Hancke: "Es ist sehr schwierig, hier noch profitabel zu sein. Microsoft hat sehr komplexe Tools, man müsste Lizenzexperten einstellen, und die liegen in der oberen Gehaltsdimension - zugleich ist das Geschäft eher margenschwach."

Drei Unternehmen stiegen aus - freiwillig

Zwar redet keiner der LARs gerne über Zahlen, doch etwa ein Prozent soll es gerade noch sein, dass das Lizenzgeschäft abwirft. Viele Partner verkaufen die Projekte deshalb unter EK und leben dann vom Wachstumsbonus. Aber dass es noch große Wachstumsschübe geben wird, daran glaubt Hancke nicht mehr. Auch könne man den Kunden die Kosten nicht mehr vermitteln: "Microsoft hat seine Forderungen diesmal überzogen."

Und auch wenn der Softwarekonzern "natürlich ein wichtiger Partner für uns bleibt", ein LAR möchte Arxes nicht mehr sein: "Es passt nicht mehr ins Konzept", sagt Hancke. Außerdem, so wird gemunkelt, möchte Arxes seinen Kunden künftig doch lieber die preiswertere Variante, nämlich StarOffice von Sun, anbieten. Mit Microsoft geht in den kommenden drei Jahren sowieso nichts mehr. "Microsoft wird keine neuen Partner autorisieren", sagt Scheib, "denn die heutigen LARs decken alle Kundenbereiche ab, die wir erreichen wollen".

www.microsoft.de

ComputerPartner-Meinung:

Ein LAR zu sein, kurbelt das Geschäft an - doch man muss sich den Titel erst mal leisten können. Der zu betreibende Aufwand ist immens. Andererseits sind die Anforderungen des Konzerns nachvollziehbar: Man will bestes Know-how und Stabilität für seine Kunden. Und so wird der Club bei der derzeitigen Wirtschaftslage wohl noch weiter schrumpfen. (mf)

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