Microsoft kann zufrieden sein

15.10.1998

MANNHEIM: "Die Brötchen sind super, und die Vorträge finde ich auch sehr informativ." Dies war das Urteil eines der rund 1.800 Teilnehmer am diesjährigen Microsoft Fachhändlerkongreß. Der Softwareriese hatte die meisten seiner insgesamt rund 18.000 aktiven Fachhändler in das Mannheimer Kongreßzentrum Rosengarten eingeladen, sich eineinhalb Tage lang aus erster Hand über Aktivitäten, Strategien und neue Produkte zu informieren.Den Kern der Veranstaltung bildeten 42 Aussteller - Hersteller, Distributoren und Kooperationspartner -, die ihre Produkte auf kleinen Ständen präsentierten. Begleitet wurde die Ausstellung von zahlreichen Fachvorträgen zu Microsofts Technik, Strategie und Marketing. Auf der Agenda standen unter anderem Vorträge zu Support, Training, Windows NT, SQL Server 7.0 oder NT Terminal. Auf Parties mit üppigen Buffets gab es zudem genügend Gelegenheit, untereinander Kontakte zu knüpfen.

Ebenso bestand die Chance, mit der Geschäftsleitung von Microsoft direkt in Dialog zu treten. Geschäftsführer Rudolf Gallist und Gabriela Spindler, zuständig für Marketing Vertriebsunterstützung, setzten sich auf den heißen Stuhl und beantworteten die Fragen, die den Partnern auf den Nägel brannten.

Zum Einstieg sprach Moderator Michael Kausch die Jahr-2000-Problematik und die Auswirkungen des amerikanischen Kartellrechtsverfahren auf die deutsche Division an. Danach ging es ans Eingemachte, als Gallist von den Teilnehmern direkt mit den immer geringer werdenden Margen des Fachhandels konfrontiert wurde. An diesem Punkt wich der Geschäftsführer aus: "In unserer Branche wird preisaggressiv vorgegangen", wiegelte er ab. Auch die Frage nach besseren Händlerrabatten fiel nicht auf fruchtbaren Boden: "Wir sind nicht in der Lage, Rabatte dahin zu steuern, wo wir es wollen. Selbst ein Rabatt von 30 Prozent bleibt nicht beim Händler hängen, sondern beim Endkunden." Dennoch mußte Gallist nicht nur Schelte einstecken.

"Ich fühle mich von Microsoft durchaus gut betreut", lobte ein Zuschauer.

Punkte sammeln für kostenloses Markting

Eine Neuheit für viele Teilnehmer war die Ankündigung des "Sales Plus"-Programms, einer Bonusaktion, die noch bis März in der Versuchsphase laufen wird. Der Fachhändler kann zum Beispiel durch überdurchschnittlichen Umsatz Punkte sammeln. Für den erreichten Punktestand bekommt er von Microsoft Prämien in Form von Anzeigenunterstützung, besonderen Supports oder kostenlosen Schulungen. Thomas Hauptmann, Channel & Solution Provider Marketing, zeigte in seinem Vortrag die verschiedenen Arten von Microsofts Zusammenarbeit mit dem Fachhandel auf. "Viele Fachhändler ahnen gar nicht, was wir ihnen alles bieten. Als Microsoft Certified Solution Provider können sie zum Beispiel unsere Promotionteams in Anspruch nehmen", verteidigte er Microsofts Partnerkonzepte.

In Bezug auf Produktneuheiten bekamen die Kongreßteilnehmer unter anderem einen Vorgeschmack auf "Office 2000". In der neuen Version des Paketes sollen die Programme unter anderem eine "künstliche Intelligenz" bekommen. Löscht man zum Beispiel die Programmdatei von Excel, so beginnt Office 2000 beim nächsten Excel-Start automatisch mit der Installation der fehlenden Datei. Die Frage, warum nach Office 97 nun gleich Office 2000 komme, wurde von höchster Stelle beantwortet.

"Die nächste Version 'Office 99' zu nennen wäre ein sehr schlechtes Marketing. Damit würden wir ja einen Jahrtausendnamen verpassen", stellte Steve Ballmer, President von Microsoft, klar.

Microsoft orientiert sich am menschlichen Körper

Nachdem in Mannheim ein großer Teil der Microsoft-Partnergemeinde versammelt war, nutzte der Hersteller die Gelegenheit, seine neueste Vision an die Händler zu bringen. Nachdem die 1990 ausgegebene Parole "Information at the fingertips" schon fast Spinnweben angesetzt hat, heißt das Schlagwort nun DNS - Digital Nervous System.

Die Strategie nimmt sich das Nervensystem des menschlichen Körpers zum Vorbild und stellt dar, wie Microsoft sich in Zukunft die Zusammenarbeit von Menschen mit Systemen und Netzwerken auf Basis der neuen Technologien vorstellt. Man arbeitet und denkt nicht mehr lokal, sondern global. Neue Technologien sollen den nahtlosen Informationsaustausch gewährleisten. Programme müssen in Zukunft mitdenken und zum Beispiel dem Kunden beim Online-Shopping nach der dritten Anfrage zu Druckern automatisch passende Zusatzangebote, wie Druckerkabel, machen. Für einen Partner aus den Nürnberger Raum ist das nichts Neues. "Das hat es 1990 schon gegeben. Nur haben sie es jetzt unter einen neuen Hut gepackt und mit neuen Technologien und Produkten gewürzt. Aber wenn man es noch nie gehört hat, ist DNS schon interessant", lenkt er ein. Ein weiterer Partner winkt ebenfalls gelangweilt ab. "Das klingt, als meine Microsoft, es müsse sich mal wieder eine Strategie aus der Nase ziehen", vermutet er.

Ein anderer Händler aus dem Rheinland ist da etwas optimistischer.

"Auf Dauer gesehen ist die Vision durchaus realistisch."

Aussteller wie Teilnehmer zufrieden

Insgesamt kann Microsoft den 2.Fachhändlerkongreß als Erfolg verbuchen. Sowohl Aussteller als auch Teilnehmer waren zufrieden. Paravisio-Chef Peter Eichhorst beispielsweise kam aus dem Präsentieren seines Workflow-Produktes "Smart Flow" nicht mehr heraus.

"Die Resonanz ist großartig. Der Stand war den ganzen Tag von einer Menschentraube umgeben", freute er sich.

"Sehr interessant. Die Veranstaltung hat uns viel gebracht - vor allem Kontakte", lobte Edmund Weigert, Chef des Systemhauses Infotech aus Rückersdorf. "Wir werden nächstes Jahr wiederkommen. Die 350 Mark Teilnahmegebühr haben sich wirklich gelohnt", resümierte ein Teilnehmer aus München.

Auf diese Weise wohlgestimmt ließ sich denn die versammelte Fachhändlerschaft von der Hauptattrak-tion des Tages gerne motivieren.

Steve Ballmer, President von Microsoft und nach Bill Gates der wichtigste Mann im Konzern, gönnte den Zuhörern 40 Minuten seiner knappen Zeit. Er brachte ihnen temperamentvoll die Ziele und Visionen von Microsoft noch einmal nahe und versicherte als Sahnehäubchen zum Abschluß noch einmal laut: "Wir brauchen Euch!" (gn)

Microsoft-President Steve Ballmer war extra eingeflogen, um die Händlerschaft zum Abschluß noch einmal nachhaltig zu motivieren

Zwischen den Vorträgen konnten sich die Teilnehmer des zweiten Microsoft-Fahhändlerkongresses an den Ständen der über 40 Aussteller informieren.

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