Microsoft legt die Messlatte im Channel höher

18.03.2004
Am 23. April 2004 tritt das finale Punktesystem im Microsoft-Partnerprogramm mit der neuen Profilierung in Kraft. Auf der Cebit zeigt der Softwareriese, welche Hürden Partner künftig nehmen müssen, um ihren Status zu erhalten.ComputerPartner berichtet über die Einzelheiten vorab. Von ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins

Microsoft führt weltweit alle Partnerprogramme zusammen. Ein Riesenprojekt, das jedem Partner die Möglichkeit geben soll, sich mit seinem Tätigkeitsschwerpunkt wiederzufinden. Das Herzstück des neuen Partnerprogramms bilden deshalb elf so genannte "Kompetenzen", mit denen Microsoft-Wiederverkäufer punkten können. Das müssen sie auch, wenn sie von Microsoft zertifiziert werden wollen.

Microsoft lässt Umsatz-Schlupfloch

Während für die niedrigste Hierarchieebene, den Microsoft-Partner, im dreistufigen Channel-Programm keine Punkte notwendig sind, erreicht ein Wiederverkäufer erst ab 50 Zählern die Stufe Certified Partner. Gold Certified Partner müssen sogar mindestens 120 Punkte auf ihrem Konto vorweisen. "Wir haben die Anforderungen leicht angehoben", räumt Wolfgang Brehm, Abteilungsleiter Partner Program & Sales Group, ein. Microsoft bietet seinen Partnern verschiedene Möglichkeiten, um die höher gelegte Messlatte zu überspringen. Zum Beispiel mit der neuen "Networking Infrastructure Compentence": Dafür sind zwei MCPs (Microsoft Certified Professionals) mit jeweils einer Prüfung, etwa für Windows-Server 2003, erforderlich.

Zusätzlich zu den zwei Spezialisten im Unternehmen müssen Aspiranten jetzt auch noch drei selbst gewählte, aber vom Kunden freigegebene Installationen aus dem Bereich Small Business Server (SBS) oder Windows 2000/2003 vorweisen können. Dafür wählen Partner aus einer 42-Punkte-Liste zwölf Kriterien aus, die ein Projekt erfüllen muss. Microsoft-Wiederverkäufer erhalten für jede zusätzliche Kundenreferenz innerhalb einer spezifischen Kompetenz zwei Punkte. Insgesamt können sie durch nachgewiesene Projekte bis zu 20 Punkte erzielen. "Kunden erwarten nicht nur Fachwissen, sondern auch Erfahrung von ihrem Partner", begründet Brehm die neuen Zertifizierungskriterien.

Allerdings hat der Softwareriese dabei nicht nur die Interessen des Kunden im Auge, sondern auch seine eigenen. Die Referenzen haben nur eine Laufzeit von zwölf Monaten. Das heißt, um den Status zu erhalten, muss ein Partner jedes Jahr mindestens drei Projekte abschließen, die die Microsoft-Kriterien erfüllen. "So stellen wir sicher, dass unsere Partner auf dem neuesten Stand sind", berichtet Brehm. Ein regelmäßiger Geldzufluss in die Microsoft-Kassen ist so gleichermaßen sichergestellt. Brehm betont jedoch: "Wir geben keine Vorgabe über die Umsatzgröße der Projekte."

Grundsätzlich erhält jeder Partner für die Profilierung in der ersten Kompetenz, beispielsweise in Networking Infrastructure, 50 Punkte und damit den Certified Status. Für eine zweite Kompetenz bekommt er 25 Zähler, dann ist Schluss. Die übrigen neun Kompetenzen können Händler zwar dazuerwerben, erhalten dafür aber keine weiteren Punkte.

Navision-Center erhalten zunächst Freibrief

Die 50 Punkte können Microsoft-Händler aber nicht nur über eine Kompetenz erwerben. Durch die Hintertür darf schlüpfen, wer zwei Mitarbeiter mit einem MCP und entsprechenden Lizenzumsatz vorweist. "Das wird die Ausnahme sein", betont Brehm. Er geht davon aus, dass 99 Prozent der Partner ihren Status über eine Kompetenz erwerben, weil Microsoft das Know-how des Partners nach außen darstellt und dem Kunden die Möglichkeit gibt, gezielt danach zu suchen. Für die Gold-Stufe schließen die Unterschleißheimer das Schlupfloch Umsatz. "Ohne erworbene Kompetenz gibt es diesen Status nicht", bekräftigt Brehm.

Ehemalige Navision-Center der jetzigen Microsoft Business Solutions (MBS) müssen sich aber zunächst noch nicht so strecken, wie der Rest der Händlergemeinde: Sie erhalten den Certified Status qua Existenz. Zwar führt Microsoft ab Juli 2004 die Kompetenz MBS ein, doch die alten Platzhirsche erhalten ein Jahr Schonzeit. Wer von den neuen Leistungen profitieren will, könne aber sofort in das neue Programm wechseln. Neue Partner in dem Microsoft-Geschäftsbereich müssen sich jedoch ab Juli zertifizieren. Details zu den Anforderungen für die MBS-Kompetenz wollte Brehm noch nicht bekannt geben: "Wir verhandeln noch".

Zufriedene Kunden bringen Punkte

Eine neue Punktequelle stellen die zertifizierten Partnerlösungen für Technologien von Microsoft dar. Hier bieten die Unterschleißheimer die folgenden Konditionen an: Für das "Certified for"-Logo gibt es jeweils 50 Punkte, für das "Designed for" -Logo 20 Punkte und für das "Verified for"-Logo zehn Punkte. Partner können ab Sommer 2004 zudem Statuspunkte sammeln, indem sie die Zufriedenheit ihrer Kunden von einem Umfrageinstitut bewerten lassen. Für 20 Kundenreaktionen vergibt Microsoft fünf Punkte. Weitere 30 Anwenderstimmen bringen nochmal fünf Zähler und mindestens 125 Kundenreaktionen insgesamt 20 Punkte. Zählt ein Händler insgesamt mindestens zu den Top-25-Prozent der teilnehmenden Partner im Bereich Kundenzufriedenheit, so erhält er zusätzlich zehn Punkte. Fällt ein Partner bei der Bewertung unter die Top-15-Prozent, bekommt er 15 Zähler und unter den Top-fünf-Prozent 20 weitere Punkte.

Spezifische Leistungen für Kompetenzen

Gleich bleibt für alle Certified Partner der an Microsoft zu entrichtende Obulus. Wie bisher beträgt er 1.560 Euro pro Jahr. Dafür erbringt der Softwareriese neben den Basisleistungen wie Rabatte noch spezifische Vergünstigungen für jede Kompetenz. Partner mit Business-Intelligence-Kompetenz erhalten zum Beispiel mehr Lizenzen des Datenbankservers "SQL". Für den Certified Status hebt Brehm die Betreuung der Partner als wichtigste Veränderung gegenüber dem alten Modell heraus. Diesen Händlern stellt Microsoft künftig einen Mitarbeiter zur Verfügung, der während der normalen Geschäftszeiten telefonisch erreichbar ist. Ziel sei zum einen, den Partner weiterzuentwickeln, und zum anderen, ihn in Microsoft-Kampagnen einzubinden. Hierzu rufen die Unterschleißheimer auch das "Marketing Service Büro" ins Leben, das für die Partner Werbekampagnen entwickelt und umsetzt.

Weitere Details zum Microsoft-Partner-Programm sowie zu den einzelnen Kompetenzfeldern und dem Punktesystem können Sie unter: http://www.microsoft.com/germany/partner/programm/ abrufen.

Meinung des Redakteurs

Die nachzuweisenden Projekte sichern Microsoft die Qualität im Channel, aber auch den Geldzufluss in die eigenen Kassen. Durch das Zertifizierungs-Schlupfloch für Partner mit zwei MCPs und Umsatzvorgabe dürften dagegen die wenigsten Partner passen. Insgesamt schafft das neue Partnerprogramm Transparenz, und das Punktesystem lässt wenig Spielraum für Mauscheleien.

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