Microsoft-Lizenzbestimmungen

04.08.1999

MÜNCHEN: Neuen Stoff für Zoff haben Microsoft-Unwillige Anfang des Jahres in den Lizenzbestimmungen des Softwaregiganten ausgegraben. In diesen heißt es, der Kunde erhalte von seinem PC-Hersteller Geld für nicht gewollte Software zurück. Davon wollen aber weder Microsoft noch die meisten PC-Hersteller etwas wissen.Hermann E. kauft sich einen neuen PC. Im Bundle befindet sich neben dem Betriebssystem Windows 95 auch ein vorinstalliertes Microsoft Office-Paket. Eigentlich wollte er das nicht, da er seit Jahren gute Erfahrungen mit Freeware gemacht hat. Aber sein Händler hat ihm den PC nur im Komplettpaket angeboten. Er läßt also das Setup laufen, um zu sehen, was die Lizenzbestimmungen sagen. Zu seiner Erleichterung stellt er fest, daß er das Software-Produkt auch ablehnen und dafür vom PC-Hersteller Kostenerstattung verlangen kann. So geht er zu seinem PC-Händler und legt ihm eine Hardcopy der Microsoft-Lizenzbestimmungen hin.

Doch der Händler verweist auf den PC-Hersteller, denn laut Microsoft sei es ja an ihm, die Softwarekosten zu erstatten. Aber auch der Hersteller will davon nichts wissen. Er beruft sich auf sein günstiges Komplettangebot. Hermann E. bleibt hartnäckig und sagt, daß der PC-Hersteller für das Versprechen von Microsoft geradestehen müsse.

Rücknahme ja, aber nur komplett mit PC

Für so manchen Rechtsanwalt spricht die Sachlage eindeutig zugunsten des Kunden: Die Erfüllung des Zahlungsversprechens "gilt nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung auch dann, wenn keine Vereinbarungen zwischen Microsoft und dem Hersteller über eine Erstattung bestehen", erklärt Rechtsanwalt Klaus Sakowski. "Es dürfen keine Unklarheiten zu Lasten des Käufers bestehen", unterstreicht der Münchener Rechtsanwalt Wiese.

Die Praxis der meisten Computeranbieter sieht aber anders aus: Sie bieten dem Kunden lediglich an, auf seine Kosten den PC komplett auszutauschen.

"Denn wie soll man sonst wissen, ob das Produkt nicht doch installiert wird", gibt ein Macrotron-Mitarbeiter zu bedenken. "Vorgekommen ist das noch nicht, und wenn doch, dann würden wir aus reiner Kulanz gegenüber dem Kunden die Kosten für die OEM-Software zurückerstatten", lautet die Auskunft von Actebis. Bei Macrotron heißt es, bei Marken-PCs müßte die Rücknahme der Software in jedem einzelnen Fall mit dem PC-Hersteller geklärt werden. Nur Franchiser PC Spezialist bezeichnet es eindeutig als Recht des Kunden, die nicht gebrauchte OEM-Software gegen Kostenerstattung zurückzugeben.

Microsoft sieht Argumentationsprobleme

Der von ComputerPartner befragte Verbraucherschutz sieht das anders:

"Die Frage der Kostenerstattung für nicht genutzte Software beantworten der Kaufvertrag und die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlers", erklärt eine Sprecherin. Somit können die Hersteller die Verantwortung wieder an den Händler zurückgeben. In seiner Not entscheidet sich der Händler, direkt bei Microsoft anzuklopfen. Bei dem Softwareriesen, dessen OEMs seit 1994 befürchten müssen, in eine teurere Losgrößenkategorie zu kommen, wenn sie mit ihren PCs Microsoft-Produkte nicht aktiv vermarkten, muß der Händler erst mal damit rechnen, als exotischer Vogel behandelt zu werden. Denn Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner kennt in Deutschland bisher "nur einen Fall". Doch dann erklärt Baumgärtner: Wenn

der Kunde die Lizenzbestimmungen des Microsoft-Betriebssystems zwar akzeptiere, die Zusatzsoftware aber nicht, sieht er für den Kunden

"Argumentationsprobleme".

Es gibt auch Alternativen

Dabei vergißt der Microsoft-Sprecher, daß es eine wachsende Anzahl von kostengünstigen oder sogar kostenlosen Alternativen gibt: Be OS und Linux etwa bei den Betriebssystemen sowie Staroffice oder Smartsuite im Office-Bereich. Als "zu teuer" bezeichnet auch Marktforscher Gartner Group die Microsoft-Lizenzen, denn alle Hersteller seien durchaus in der Lage, ein System für unter zehn Dollar anzubieten. Für den Händler heißt die damit zu erwartende Migrationswelle: weg von Microsoft: Er braucht eine eindeutige Regelung für sich und seine Kunden. Oder er muß in Zukunft darauf verzichten, seine Kunden mit preisgünstigen PC-Bundles an sich zu binden. (kh)

Nur wenige achten auf die Lizenzbestimmungen, doch das Kleingedruckte zu lesen, kann sich lohnen.

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