„Halte-Zwang“ beim Umstieg auf Microsoft 365 fällt weg

Microsoft macht umstrittene Lizenzänderung rückgängig

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Die im Mai 2020 mit Hinweis auf „den Wunsch der Kunden“ eingeführte Regelung machte es Enterprise-Kunden unmöglich, beim Umstieg auf Microsoft 365 ihre On-Premise-Lizenzen zu verkaufen. Anbieter von Gebrauchtsoftware sahen darin einen Versuch, den Markt auszutrocknen.
"Der Kampf hat sich gelohnt und Microsoft hat ein Einsehen", zeigt sich Andreas E. Thyen, Präsident des Verwaltungsrats bei Lizenzdiret, erleichtert.
"Der Kampf hat sich gelohnt und Microsoft hat ein Einsehen", zeigt sich Andreas E. Thyen, Präsident des Verwaltungsrats bei Lizenzdiret, erleichtert.
Foto: Lizenzdirekt AG

Microsoft hat zum 1.6.2021 einen umstrittenen Passus aus seine Lizenzbedingungen gestrichen, den es erst ein Jahr zuvor mit dem Wunsch und den Anforderungen der Kunden begründet hat. Er sah vor, dass Unternehmen mit Software Assurance, die auf Microsoft 365 wechseln, ihre bisherigen Lizenzen behalten. Inwieweit ihnen dafür Vergünstigungen eingeräumt wurden war nicht ganz klar. In jedem Fall konnten sie jedoch die eigentlich nicht mehr benötigten Lizenzen jedoch nicht weiterverkaufen.

Das sahen einige Händler und Distributoren von Gebrauchtsoftware als gezielten Versuch, den zwar durch mehrere Urteile als legal bestätigten, aber bei Microsoft unbeliebten Markt auszutrocknen, da insbesondere große Unternehmen mit Volumenlizenzen von der Regelung betroffen waren. Konkret heißt es nun: "Allgemeines: Für Kunden, die sich für den Erwerb von "From SA"-Lizenzen entscheiden, haben wir die Anforderung aufgehoben, dass der Kunde die entsprechenden 'Qualifizierenden Lizenzen' während des gesamten Abonnementzeitraums der From SA-Lizenz behält. Alle anderen Bestimmungen und Einschränkungen im Vertrag gelten weiterhin."

"Woher der Wind wehte, der Microsoft zu der Anpassung der Produktbestimmungen veranlasste, ist unbekannt, aber wir bei der MRM begrüßen die Entscheidung", sagt CEO Ernesto Schmutter.
"Woher der Wind wehte, der Microsoft zu der Anpassung der Produktbestimmungen veranlasste, ist unbekannt, aber wir bei der MRM begrüßen die Entscheidung", sagt CEO Ernesto Schmutter.
Foto: MRM Distribution

"Der Kampf hat sich gelohnt und Microsoft hat ein Einsehen", begrüßt Andreas E. Thyen, Präsident des Verwaltungsrats bei Lizenzdirekt, den Rückzieher von Microsoft Produktbestimmungen. "Gerade die größeren Kunden, sogenannte 'Enterprise Kunden', wurden hier schwer getroffen. Obschon diese zu den besten Microsoft-Kunden gehören dürften, missgönnte Microsoft diesen offenbar den Vorteil, nicht mehr benötigte Softwarelizenzen gemäß geltendem Recht zu veräußern. Gleichzeitig sollte offenbar gezielt der Gebraucht-Markt beschränkt werden", kritisiert Thyen.

Microsofts Bewgeggründe, sich jetzt gegen den im vergangenen Jahr als Begründung vorgebrachten "Wunsch der Kunden" zu entschieden, sind noch unklar. Möglicherweise hat eine Klage in Großbritannien den Ausschlag gegeben, mit der das Unternehmen Value Licensing den US-Konzern unter anderem wegen dieser Neuregelung auf einen Schadenersatz von rund 313 Millionen Euro verklagt hatte.

"Durch den Halte-Zwang, der mit der neuen Regelung zum 1.5.2020 in Kraft getreten war, fühlte es sich sicher für manch ein Unternehmen an, als hätte man ihm die beste Möglichkeit zur Refinanzierung der Weiterentwicklung ihrer IT-Architektur genommen", kommentiert Ernesto Schmutter, CEO von MRM Distribution. Zudem habe man das Gefühl gehabt, dass eine gewisse Abhängigkeit von der Cloud suggeriert wurde. Die zum 1.6.2021 in Kraft getretene Änderung wertete Schmutter "als ein gutes Zeichen, denn Großkunden sind durchaus bereit, in die Cloud zu wechseln", seien jedoch "aufgrund der ambivalenten Kommunikation und der letzten Regelung verunsichert" gewesen.

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