Microsoft sollte in seine Partner investieren und nicht in eigene Lösungen

01.08.2002
Zum Kommentar über Microsofts neue Strategie, zukünftig als Lösungsanbieter auftreten zu wollen (siehe ComputerPartner 29/02, Seite 8), erreichte uns folgende Leserzuschrift:

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel: "An Lösungen muss auch der Partner verdienen" gelesen. Als Microsoft Certified Partner, der die strategischen Schachzüge der Kollegen aus Redmond beobachtet, möchte ich Folgendes anmerken:

Microsofts Wandel zum Lösungsanbieter ist unter der Maßgabe, im Serverbereich endlich wachsen zu wollen, sicherlich sinnvoll. Allerdings sollte man sich die Lösungen "made by MS" einmal genauer ansehen. Die wenigen zurzeit vorhandenen Lösungen werden primär von der MS Services (Microsoft Consulting Services + Product Support) implementiert. Sicherlich verlängert sich MS hierbei mit Partnern wie uns - eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht. Für die MS-Service-Organisation stellt sich die Aufgabe, anspruchsvolle Umsatz- und Stückzahlvorgaben einzuhalten. Und hier liegt meiner Meinung nach das Problem. Während die MS-Consulting-Organisation in den vergangenen Jahren hauptsächlich in Infrastrukturprojekten tätig war, soll nun noch in die nächste Domäne der Partner vorgedrungen werden: die Lösungsberatung. Als IT-Unternehmensberatung sehen wir diese Tendenz natürlich mit einem gewissen Maß an "Misstrauen". Denn genau wie im Projektgeschäft "Infrastrukturen" befürchten wir, dass MS nicht nur - wie immer wieder beteuert - die strategischen Accounts betreuen möchte, sondern unter dem Umsatzdruck leidend, grundsätzlich jeden Kunden als "strategisch" deklariert, der beglückt werden könnte.

Da nicht nur MS-Lösungen auf Basis seiner Technologie anbietet, wäre mir offen gestanden folgende Strategie lieber - MS unterstützt die Partner, die Lösungen basierend auf MS-Technologie entwickelt haben.

Als vermeintlich kleines Unternehmen ohne strategische Bedeutung für MS - wie zum Beispiel HP, SBS, Accenture u.a. - ist es uns nur wenig gelungen, MS für unsere Business-Applikation Gewinn bringend zu nutzen. Das heißt, für die breite Masse der Lösungsanbieter gibt es bis heute keine geregelten Partnerunterstützungsprogramme.

Was also müsste geschehen? Microsoft sollte sich wieder auf seine Kernkompetenzen besinnen: Softwareentwicklung, Vertriebsunterstützung und Marketing. Die Partner und Entwickler waren immer die besten Multiplikatoren für MS und eben diese sollten bei der Lösungsentwicklung und beim Vertrieb unterstützt werden. Wir haben innerhalb unserer Lösungsentwicklung viel investiert - das sollte MS jetzt auch tun - aber nicht in eine Service- und Vertriebsorganisation mit Umsatzvorgaben, die unser Engagement "ausbremst"- sondern in eine Organisation, die unsere Produkte und Dienstleistungen verkauft und bei MS-Kunden positioniert.

Freundliche Grüße

Stephan Pohlmann,

Tireno Innovations AG, Hamburg

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