Gemeinsam mit US-Einzelhändler Kroger

Microsoft stellt Retail-as-a-Service (RaaS) vor

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Das auf Microsoft Azure basierende Angebot nutzt IoT-Sensoren und Regale mit aus der Ferne ansteuerbaren Displays. Nach Abschluß der Pilotphase soll das Konzept Einzelhändlern helfen, sich gegen Amazon zu behaupten.

Der US-amerikanische Lebensmitteleinzelhändler Kroger hat zusammen mit Microsoft ein modernes Shop-Konzept vorgestellt. Es basiert auf Microsoft Azure und soll zur Fachmesse NRF 2019 - Retail´s Big Show, einem Pendant zur Ende Februar 2019 in Düsseldorf statfindenden EuroCIS, Mitte Januar 2019 in New York präsentiert werden. Nach einer Pilotphase ist geplant, die Technologie auch anderen Handelsketten anzubieten. Damit hätte Microsoft für die dann einen weitgehend schlüsselfertigen Gegenentwurf zu Amazons kassenlosen Läden parat. Der wird bereits jetzt als Retail-as-a-Service (RaaS) beworben.

Nach Amazon zeigt nun auch Microsoft ein smartes System für die Lebensmittelbranche. Allerdings will es das nicht selbst nutzen, sondern als Retail-as-a-Service-Lösung anderen anbieten.
Nach Amazon zeigt nun auch Microsoft ein smartes System für die Lebensmittelbranche. Allerdings will es das nicht selbst nutzen, sondern als Retail-as-a-Service-Lösung anderen anbieten.
Foto: Microsoft

Die beiden Unternehmen arbeiten schon länger zusammen und sie haben ihre Kooperation in den vergangenen 18 Monaten deutlich intensiviert. Das neue Konzept soll mit allen Bestandteilen in zwei Pilotfilialen in der Nähe der jeweiligen Firmenzentralen erprobt werden. Darüber hinaus werden die digitalen Preisschilder laut Bloomberg bereits seit Herbst 2018 an den prominent positionierten Regalen am Ende der Gänge in 92 Kroger-Filialen ausprobiert. In den beiden Pilotstandorten kommen aber noch zusätzliche Angebote wie das kassenlose Bezahlen und die App-geführte Einkaufstour in den Ladengeschäften hinzu. Nutzern wird dann für die Produkte ihrer Einkaufsliste auf dem zugehörigen Display ein persönliches Symbol angezeigt (zum Beispiel ein Kürbis), damit sie die schneller finden.

Retail-as-a-Service für andere Einzelhändler geplant

Mittelfristig planen die beiden Firmen zudem, das Retail-as-a-Service-Konzept an Einzelhändler weltweit zu vermarkten. Wesentliche Bestandteile der RaaS-Lösung sind zahlreiche Services in der Azure-Cloud. Sie greifen auf IoT-Sensoren und sogenannte EDGE-Regale (Enhanced Display for Grocery Environment) in den Ladengeschäften zu.

Mit den EDGE-Regalen werden herkömmliche Preisschilder durch Displays ersetzt. In Deutschland führt Euronics ein solches Konzept gerade ein. Bei Media Markt und Saturn wurde die Umstellung bereits vor knapp zwei Jahren abgeschlossen. Als Vorteile digitaler Preisauszeichnung sehen Akteure generell die dynamische und zentrale Anpassung von Preisen. Außerdem lassen sich auch zusätzliche Informationen zu den Produkten anzeigen. Diese Möglichkeit wird im Rahmen Teil des Kroger-Konzepts ausgebaut und vor allem stärker zur Personalsierung genutzt, als man das bisher kennt.

Kroger-CEO Rodney McMullen (links) und Microsoft-CEO Satya Nadella (rechts), bei der Vorstellung der gemeinsamen Bemühungen im Retail-Bereich.
Kroger-CEO Rodney McMullen (links) und Microsoft-CEO Satya Nadella (rechts), bei der Vorstellung der gemeinsamen Bemühungen im Retail-Bereich.

Wie bei Amazon kommen auch bei Microsoft und Kroger in den Filialen Kameras zum Einsatz. Die unmittelbare Auswertung der aufgezeichneten Bilder soll einerseits dazu dienen, Regalplätze zu identifizieren, die aufgefüllt werden müssen. Außerdem kann darüber zum Beispiel das ungefähre Alter und das Geschlecht der Kunden ermittelt werden, um ihnen wahrscheinlich passende Angebote zu unterbreiten. Stammkunden können in einer Smartphone-App Informationen zu Allergien oder Vorlieben für bestimmte Produkte hinterlegen, auf die sie dann beim Einkauf hingewiesen werden.

Eine App weist Kunden auf Sonderangebote oder von ihnen bevorzugte Produkte hin, bei Unverträglichkeiten warnt die App vor ungeeigneten Produkten.
Eine App weist Kunden auf Sonderangebote oder von ihnen bevorzugte Produkte hin, bei Unverträglichkeiten warnt die App vor ungeeigneten Produkten.
Foto: Microsoft

Für die Mitarbeiter in den Filialen können die Preis-Displays an den Regalen Nachfüllbedarf anzeigen oder - in Kombination mit Sensoren - zum Beispiel vor zu hohen Temperaturen im Frischeregal warnen. Ob der Vorschlag, noch verfügbaren Platz auf den Displays für Werbung zu vermieten und dadurch Einnahmen zu erzielen realistisch ist, darf bezweifelt werden: Schon heute funktioniert zumindest in Deutschland dieses Geschäftsmodell nicht einmal auf den Einkaufswagen.

Lesetipp: "Amazon ist eine Herausforderung"

Kroger betreibt unter diversen Namen in den USA insgesamt 2.800 Filialen. Einen Zeitplan, wann sie nach dem Abschluss der Pilotphase mit der RaaS-Lösung ausgestattet werden sollen, ist derzeit noch nicht bekannt. Ebenfalls noch unklar ist, ab wann Dritten das Angebot zugänglich gemacht wird.

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