Microsofts Streitereien

15.10.1998

REDMOND: Die Gerichtsverfahren, mit denen sich Microsoft im Moment herumschlägt, sind an sich eine ernste Sache. Doch die Kapriolen, mit welchen die Anwälte aller Parteien den Richtern beweisen wollen, wie böse die anderen sind, werden zunehmend kurios.Da wäre zum Beispiel der Fall Sun gegen Microsoft. Sun hatte Microsoft im Oktober 1997 wegen Vertragsverletzung verklagt. Von der Auslegung des Lizenzvertrages hängt es ab, ob Gates seinen Internet Explorer mit dem Logo "Java-kompatibel" schmücken darf. Erklärtes Ziel der Klage: Microsoft soll den Verkauf aller Produkte einstellen, die abgewandelte Java-Versionen implementiert haben.

Gerade in diesem Verfahren scheinen interne Memos und E-Mails ungeahnte Bedeutung zu gewinnen. Microsoft-Anwalt Charles Quakkenbusch legte dem Gericht eine E-Mail von Sun-Manager Alan Baratz an seine Mitarbeiter vor. Inhalt: "Ihr solltet alle aufhören, den Vertrag zu lesen." Daraus schließt Quackenbusch, daß es selbst im Hause Sun Uneinigkeit über die Auslegung der Lizenzbedingungen gegeben habe. Für Microsoft sei es deshalb um so schwieriger, die Bedingungen zu verstehen. Die Auslegung des Vertrages könnte zum Kernpunkt des Verfahrens werden.

Glücklicherweise hatte der Sun-Anwalt Lloyd Day wiederum eine interne Memo des Gegners in den Unterlagen. Formulierungen wie "Töten des plattformübergreifenden Java" zeigen seiner Ansicht nach eindeutig die böse Absicht Microsofts.

Wintel - eingekringelt und durchgestrichen

Doch auch Gates-Anwalt Quackenbusch ist mit seinen Beweisen noch nicht zu Ende. Eine handgeschriebene Notiz eines Sun-Managers soll nun zusätzlich beweisen, daß Sun eine Verschwörung gegen Microsoft anzetteln wollte. Inhalt der Notiz: das Wort "Wintel" (Abkürzung für die Kooperation zwischen Microsoft und Intel) - eingekringelt und durchgestrichen. Dieser Zettel beweist nach Ansicht von Quackenbusch, daß Sun zusammen mit Netscape, Oracle und IBM eine "Viererbande" gegründet habe, um Microsoft zu schaden.

An der anderen Front, im Kartellrechtsverfahren, verwendet Microsoft die just angeprangerte "Viererbanden"-Verschwörung für die eigene Sache. Der Softwareriese verlangt derzeit von Oracle die Herausgabe von Dokumenten, die beweisen sollen, daß Absprachen in der Computerbranche gang und gäbe sind. Die Unterlagen sollen unter anderem Informationen zu einem Treffen zwischen Oracle, Sun und IBM im Jahr 1994 enthalten. Bis auf Oracle hätten alle Beteiligten die angeforderten Unterlagen ausgehändigt, so Microsoft. US-Bezirksrichter Thomas Penfield Jackson hat daraufhin die Herausgabe der Dokumente angeordnet. (gn)

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