Mini-Computer, Shuffle & Co.

20.01.2005
Mit "Mac mini" und mit "Shuffle", einem Flashspeicher-iPod, zeigte Apple-CEO Steven Jobs auf der "Mac World Expo", wohin die Reise gehen soll: in den Consumer-Markt. Professionelle Nutzer schauen in die Röhre. Von ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder

Steven Jobs konnte Apple auf der diesjährigen Hausmesse Mac World Expo in San Francisco zumindest eines beglaubigen: In den Entwicklerabteilungen der Kalifornier wird heftig über die Positionierung des Computerbauers nachgedacht. Als neuestes Beispiel des Nachdenkens kann der nun vorgestellte, fünf Zentimeter hohe "Mac mini" gelten. Der G4-Rechner, ab 22. Januar in zwei Modellvarianten für 489 und 589 Euro im Handel (siehe Beitrag auf Seite 20), wurde offiziell kreiert, um Apple zu mehr Marktanteilen bei Rechnern zu verhelfen. "Leute, die über einen Wechsel nachdenken, haben künftig keine Ausrede mehr, nicht umzusteigen, sagte Steven Jobs.

Nun lädt der "erschwinglichste Mac aller Zeiten" (Jobs) vielleicht tatsächlich einige zum Experimentieren mit Mac OS X ein, und noch mehr zum Gebrauch digitaler Video-, Photo- und Musik-Software durch die Suite "iLife 05, die Jobs ebenfalls vorstellte. Sie bündelt die Programme "iPhoto, "iMovie, "iDVD" "Garage Band" und "iTunes"und erlaubt es, digitale Fotos auf einfache Weise zu bearbeiten.

Ebenfalls passend zur Consumer-Strategie präsentierte Jobs "iWork 05'", den Nachfolger von "Appleworks, mit dem neuen Textverarbeitungsprogramm Pages und der Präsentationssoftware Keynote 2. Beobachter sehen darin einen Versuch Apples, sich von jenem oft kritisierten Entwicklungstempo abzukoppeln, das Microsofts Apple-Abteilung mit dem weitaus mächtigeren Büropaket "Office" vorgibt, aber auch den Versuch, die Bedürfnisse des Konsumenten durch eine einfach zu handhabende Software zu befriedigen.

Geht Apple in den Massenmarkt?

In der Tat vermuten viele Beobachter, Apple sei viel mehr auf dem Weg in den Massenmarkt für "Digital Home"-Produkte, als es die Historie des Rechnerbauers nahe legt: Nicht nur der phänomenale Erfolg des Ende 2001 lancierten MP3-Spielers "iPod", den Apple jetzt mit dem 99 beziehungsweise 149 Euro teuren, Flashspeicher- basierten "iPod shuffle" massengerecht fortsetzen will, steht für diese Vermutung.

Der Player kommt ohne Display aus, ermöglicht eine Spielzeit von zwölf Stunden, weist bis zu 1 GB Speicherraum auf und ist ungefähr so groß wie ein Päckchen Kaugummi. Er soll als kompletter MP3-Spieler unterhalb des "iPod mini" mit den Produkten anderer Flashspeicher-Anbieter konkurrieren und Apples MP3-Marktanteile, die bei weltweit rund 60 Prozent aller festplattenbasierenden MP3-Spieler liegen, ausweiten. Außerdem soll es die Käufer dazu verführen, weitere Produkte der Kalifornier zu kaufen, so Jobs.

Seinen Weg in die Consumer-Welt erkennen Beobachter auch daran, dass Apples professionelle Domäne, Verlage und Werbeagenturen, derzeit am Stock geht und deshalb für das Unternehmen hier nicht viel zu holen ist. Und dass in der Keynote von Jobs das Thema HD-Video viel Zeit einnahm, das Thema professionelle Hardware hingegen keine Sekunde gewürdigt wurde, kann als weiteres Indiz angeführt werden. Diese Technik werde sich, so der Apple-Chef, im Consumer-Bereich durchsetzen- und Apple werde dabei sein.

Diese Absicht bestätigte auch das Auftauchen von Kunitake Ando, President des derzeit eher leidgeprüften Sony-Universums. Ando nährte laut Beobachtern zumindest die Spekulation, dass Sony zusammen mit Apple das Thema "Digital Home" bearbeiten werde.

Dass Apple auf der diesjährigen Mac World Expo keine Produkte für den professionellen Markt ankündigte, wurde bereits erwähnt. Zwar sagen Beobachter, dass dieser Bereich eher der WWDC (Worldwide Developers Conference) vorbehalten sei. Doch angesichts der augenfälligen Bemühungen der Kalifornier, bei Nutzern zu punkten, die schnelle Absätze durch rasche Abfolge von Produkten garantieren, stellt sich die Frage: Wie hält es Apple mit dem professionellen Markt?

Meinung des Redakteurs

Apples Erfolge können sich sehen lassen: Angetrieben durch den iPod-Erfolg, bestätigt durch die "Digital Home"-Anstrengungen fast aller IT-Größen, ist der kalifornische Nischenanbieter auf dem besten Weg, sich im Consumer-Markt zu etablieren. Dass dabei das bisherige Brot-und-Butter- Geschäft deutlich vernachlässigt wird, nimmt Steven Jobs in Kauf. Wie lange professionelle Kunden diesem Weg gehen werden, wird sich zeigen.

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