Mit Comtech und Vobis will IBM die Krone im Home-PC-Markt erobern

20.03.1998

MÜNCHEN: Big Blue will es im Consumer-PC-Markt endlich wissen. Nach einigen mehr oder weniger glücklosen Versuchen unternimmt IBM nun durch die Ausdehnung der bisherigen Vertriebspartnerschaft mit Comtech auf den PC-Hersteller und -Händler Vobis einen neuen Anlauf. Neben IBM dürfte aber auch den beiden PC-Handelsketten mit diesem Deal ein großer Wurf geglückt sein.Gert Hügler weiß es schon jetzt: "Wir werden alle drei zu den Gewinnern gehören", erklärte der Vorstandschef der Vobis AG und begründete auch gleich seinen Optimismus: "Durch das Abkommen haben sich zwei kräftige Vertriebsnetze zusammengetan, um einen A-Brand am Markt zu postieren. Und somit macht jeder das, was er am besten und am schnellsten kann." Was heißt: IBM übernimmt bei der Partnerschaft (siehe Kasten) den Part des Technologielieferanten, Vobis bringt die Stärke als größtes deutsches PC-Handelshaus ein und Comtech die Beweglichkeit eines mittelständischen Unternehmens sowie das Know-how des deutschen Consumer-Marktes.

Eine geniale Verbindung also, die vor allem die IBM auf die Siegerstraße führen wird? Was augenscheinlich recht einseitig aussieht, erweist sich auf den zweiten Blick aber auch für Vobis und Comtech als durchaus zukunftsträchtig. Beide Unternehmen, soviel steht fest, müssen sich für ihre Geschäfte etwas einfallen lassen. Der Consumer-PC-Markt, in dem beide PC-Händler traditionell stark sind, stagniert seit einigen Jahren. Im vergangenen Jahr wurden nach Informationen von Marktkennern lediglich 1,1 bis 1,2 Millionen PCs in diesem Marktsegment abgesetzt. Und auch in diesem Jahr wird sich das Geschäft nach Einschätzung von Comtech-Chef Joachim Bäurle sehr schwierig gestalten. Was bei ihm noch erschwerend hinzukommt: Die Übernahme der Escom-Läden habe sich komplizierter und vor allem teuerer gestaltet, als erwartet, bekannte der Comtech-Gründer.

Neue Käuferschichten im Visier

Aus diesen Gründen hat Bäurle selbst vor einiger Zeit erste Vorsorgemaßnahmen eingeleitet und bereits im September eine Fertigungs- und Vertriebskooperation mit IBM abgeschlossen, die sich nach seinen Worten "überraschend gut" angelassen hat. Warum Bäurle die Partnerschaft mit Big Blue eingegangen ist, begründete der Comtech-Chef bereits im Herbst 1997: "Der Markt dreht zur Marke, und mit dem Aptiva-E bekomme ich ein Marken- und damit ein Lifestyle-Produkt in meine Läden, das ich vorher nicht hatte." Damit, so ist Bäurle noch heute überzeugt, erreiche er ganz neue Käuferschichten, zumal die Preise der Marken-PCs mit den Preisen eines No-Names mittlerweile mithalten könnten.

Für Vobis war IBM der Wunschpartner

Auch für Vobis-Chef Hügler dürfte sich das IBM-Engagement auszahlen. Immerhin muß Hügler angesichts der Verluste im Stammgeschäft von 17,5 Millionen Mark (vgl. ComputerPartner Nr. 4/98, Seite 8) nach neuen Marktpotentialen Ausschau halten. Die Aptiva-E-PCs könnten hier für einiges Wachstum sorgen. Hügler selbst jedoch gibt diese Misere nicht als Grund für seinen Eintritt in den Vertriebsbund an. "Um unseren neuen Auftritt, näher am Kunden zu sein, konsequent durchziehen zu können, fehlte uns noch ein Produkt, an das der Kunde glaubt. Mit den IBM-Geräten haben wir nun dieses fehlende Produkt", erklärt der Vorstandsvorsitzende der Vobis Microcomputer AG. Und fügte hinzu: "Natürlich hätten wir auch Compaq an Bord nehmen können, aber IBM war unser Wunschpartner."

Daß sich Hügler mit den Aptiva-PCs die Konkurrenz zu seinen eigenen Highscreen-Geräten ins Haus holt, stört ihn wenig. Vielmehr glaubt er, genau wie Bäurle, neue Käuferschichten zu erreichen. Und nimmt auch, ebenfalls wie der Comtech-Chef, Substitutionseffekte in Höhe von 25 Prozent in Kauf. Ebenfalls kein Problem ist es für Hügler, daß er nicht allein die Aptivas verkaufen kann. "Ich habe meine Mitarbeiter in den Filialen motiviert und gesagt: Wir wollen mindestens dreimal soviel verkaufen, wie der Comtech-Laden von nebenan. Und da Herr Bäurle sicher seinen Leuten das gleiche gesagt hat, wird es einen spannenden Wettbewerb geben", erwartet der Vobis-Vormann. Während Vobis und Comtech mit Engelszungen immer wieder die Vorteile der Kooperation erklären müssen, hat IBM diesbezüglich keine Nöte.

Auch Fachhändler können nur Aptivas verkaufen

Denn der Trumpf, den Big Blue mit Vobis und Comtech in der Hand hat, ist klar: Mit den beiden Unternehmen hat IBM die größten PC-Handelsketten als Partner gewinnen können und verfügt damit über ein Vertriebsnetz von rund 600 Filialen.

Außerdem sollen die Aptivas, von denen es künftig drei Modelle geben wird, auch über Metro-Kanäle (zum Beispiel Media Markt) und über Peacock, die über Maxdata auch zu Vobis gehören, verkauft werden. Damit ergibt sich eine enorme Vertriebsbasis für die PCs, denen eventuell schon bald IBM Thinkpads und Peripherie-Produkte folgen könnten. Konkrete Verträge diesbezüglich wurden allerdings noch nicht abgeschlossen, verlautete von Big Blue.

Insgesamt ist die IBM davon überzeugt, mit ihrem neuen Vertriebs- und Fertigungsmodell die richtige Richtung eingeschlagen zu haben. "In solch einem schwierigen Markt, wie dem PC-Geschäft, muß man einfach neue Vertriebswege gehen", erklärte Jim Firestone, General Manager der IBM Consumer Division. Für ihn steht fest, daß IBM nunmehr den Grundstein für den Durchbruch im deutschen PC-Consumer-Markt gelegt hat.

Innovationen im Vertrieb sind gefragt

Vor allem in Deutschland, in dem Vertriebsketten eine wichtige Rolle spielen und der Einzelhandel den Trend zu den Brands beobachtet habe, seien Innovationen beim Vertrieb unabdingbar. Und Hermann Josef Lamberti, deutscher IBM-Statthalter, fügte hinzu: "In der Lizenzfertigung sehen wir das richtige Modell für den Consumer-Markt." Kommentar dazu auf Seite 8. (sn)

Sieht sich als Initiator des Deals zwischen IBM, seinem Unternehmen und Vobis: Comtech-Gründer und -Chef Joachim Bäurle.

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