...MIT FREUNDLICHEN GRÜSSEN

26.09.1997
Fachverband Informationstechnik im VDMA und ZVEIHerrn Menno Harms

Fachverband Informationstechnik im VDMA und ZVEIHerrn Menno Harms

Lyoner Straße 18

60528 Frankfurt

München, 26.09.1997

Sehr geehrter Herr Harms,

eines der schlimmsten Dinge, die einem Menschen widerfahren können, ist der Verlust seiner Hoffnungen, seiner Wünsche, seiner Träume. Denn dann erlischt sein Lebensmut. Bei der PC-Industrie scheint es sich nicht anders zu verhalten. Auch sie braucht ihre Hoffnungen, ihre Wünsche und ihre Träume. Wie zum Beispiel den Traum, daß in jedem deutschen Haushalt mindestens ein PC steht. Letztes Jahr der damalige IBM-Chef Edmund Hug, heute Sie als Vorsitzender des Fachverbands Informationstechnik: Der Traum von der 100-Prozent-Durchdringung lebt.

Doch wo soll dieses Wachstum herkommen? Von den derzeit rund 21 Millionen in Deutschland installierten PCs steht nur etwa ein Drittel, also rund sieben Millionen, in den privaten vier Wänden. Bei 36 Millionen Haushalten fehlt also bis zu einer 100-Prozent-Abdeckung die Kleinigkeit von 29 Millionen PCs. Marktforscher erwarten im Consumer-Markt für die nächsten vier, fünf Jahre aber nur Zuwachsraten beim Absatz von durchschnittlich acht Prozent. Und nach Einschätzung von Branchenkennern ist bestenfalls nur jeder dritte verkaufte PC eine echte Neuinstallation. Also 100 Prozent in 100 Jahren?

Wachstum im PC-Markt bedingt neue Kunden. Neue Kunden erfordern neue Anwendungen. Aber wo sind diese Anwendungen, die den Schub bringen sollen? Internet, sagen viele. Nur: Interessiert sich der Maurer, der Tankwart, die Verkäuferin wirklich fürs Internet? Digitale Photographie, sagen andere. Interessanterweise gründet Rolandt Schmidt, Geschäftsführer des Photoindustrie-Verbands, seine Hoffnung, daß der bisherige Flop "digitale Kameras" doch noch auf eine größere Akzeptanz stößt, darauf, daß "die Sättigung an PCs zunimmt". Verkehrte Welt! Nicht die Anwendung soll den PC-Absatz stimulieren, sondern der PC die Anwendung. Ebenso gut könnte man hoffen, daß der Kaffeeabsatz zunimmt, wenn man nur genügend Tassen verkauft.

Jeder braucht, wie gesagt, seine Träume. Aber träumen, sagte mir der heutige NCR-Geschäftsführer Werner Sülzer vor ein paar Jahren, kann man morgens und abends - dazwischen hat man am besten einen Plan. Welchen Plan haben Sie, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen ?

Mit freundlichen Grüßen

Computerwoche Verlag GmbH

Damian Sicking

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