...MIT FREUNDLICHEN GRÜSSEN

07.11.1997
PMI Marketing für InformationstechnologienHerrn Gerhard Pleil

PMI Marketing für InformationstechnologienHerrn Gerhard Pleil

Haggenmüllerstr. 6

87439 KemptenMünchen, 11.07.1997

Sehr geehrter Herr Pleil,

irgendein Schlaumeier will einmal die Entdeckung gemacht haben, daß "die Welt betrogen" werden will. Dieser Mann muß sein Leben im Disneyland verbracht haben. Im wirklichen Leben gilt dieser Satz sicher nicht. Die Welt will nicht betrogen werden. Die Computerhändler jedenfalls wollen es nicht.

Dennoch scheinen eine Reihe von Top-Managern in der Industrie genau dieser Ansicht zu sein. Immer wieder trifft man in den Chefetagen auf Personen, die den Händlern das Blaue vom Himmel versprechen und sich im nächsten Augenblick über ihr "Geschwätz von gestern" und über die "dummen Händler", die ihnen ihre Treueschwüre abgekauft haben, nur noch köstlich amüsieren. Flexibilität nennt man das wohl und rechnet diese Eigenschaft denjenigen Tugenden zu, ohne die Erfolg nicht möglich ist. Dabei bleibt eine andere Tugend nur leider allzu oft auf der Strecke: Berechenbarkeit! Berechenbarkeit, Verläßlichkeit und Glaubwürdigkeit sind aber wesentliche Forderungen der Händler an ihre Partner aus der Industrie.

Es gibt aber, gottlob! auch Männer, die zu ihrem Wort stehen. Zu ihnen muß man, wie es scheint, auch Kurt Dobitsch zählen. Compaqs langjähriger Deutschland-Chef hat mit seinem Glaubensbekenntnis "Die Hersteller sollen herstellen und der Handel soll handeln" viel Zustimmung bei den Händlern gefunden. Doch jetzt weht der Wind bei Compaq offenkundig aus einer anderen Richtung. US-Boß Eckhard Pfeiffer informierte seine Vertriebspartner darüber, daß Compaq sich in Zukunft um wichtige Kunden selber kümmern wolle. Damit ließ er seinem Deutschland-Statthalter keine andere Wahl als zu kündigen, wenn er nicht als Marionettenfigur der Amerikaner erscheinen wollte.

Damit eins klar ist: Kein verständiger Mensch hat etwas dagegen, wenn ein Hersteller seine Vertriebsstrategie ändert, weil er glaubt, daß die Marktverhältnisse dies nun einmal erfordern. Aber jeder Mensch hat etwas dagegen, wenn er für dumm verkauft werden soll. Bauernfänger, die den Händlern ewige Treue schwören und an die Einlösung dieses Versprechens nicht eine Sekunde verschwenden, weil sie dann schon wieder auf irgend einem anderen Stuhl bei irgendeinem anderen Hersteller sitzen, haben in unserer Branche nichts verloren.

Sie, sehr geehrter Herr Pleil, verfolgen seit vielen Jahren als Beobachter die Entwicklung der Branche. Sie haben viele Manager und viele Vertriebskonzepte kommen und gehen gesehen. Daher würde mich Ihre Meinung interessieren: Wie ist es um die Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit der Industrievertreter bestellt? Können sich die Händler mit gutem Gewissen auf das Wort ihrer Partner aus der Industrie verlassen? Oder sind sie dann verlassen?

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

- Chefredakteur -

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