Mit freundlichen Grüßen ...

12.03.1998

Maxdata Computer GmbHGeschäftsführung

Herrn Wolfgang F. Kochan

Elbestraße 16

45768 Marl

München, 30.11.1998

Sehr geehrter Herr Kochan,

das Jahr 1998 neigt sich dem Ende zu, und allmählich wird es Zeit, sich über die guten Vorsätze für 1999 Gedanken zu machen. Als für den Vertrieb verantwortlicher Maxdata-Geschäftsführer steht für Sie ein berufliches Ziel für das kommende Jahr wohl schon "von Amts wegen" fest: möglichst viele Artist-PCs und Belinea-Monitore an den Mann zu bringen.

Das dürfte nicht schwer fallen. Zumindest wenn man den Prognosen der Marktforscher und anderer Experten Glauben schenken will. Denn die versprechen für die PC-Branche ein Boom-Jahr. In Anbetracht der Jahrtausendwende und der damit sattsam bekannten Probleme bei Hard- und Software geht jetzt doch immer mehr gewerb-lichen Anwendern die Düse. Panikkäufe werden die Folge sein. Die Nachfrage soll 1999 so groß sein, daß die Fabriken gar nicht schnell genug mit der Fertigung nachkommen werden und sich die Branche heute schon auf massive Lieferengpässe einstellen kann, hört man. Mit anderen Worten: Ende nächsten Jahres sind alle, Industrie und Handel, steinreich und können sich auf ihrer Finka auf Mallorca zur Ruhe setzen.

Das ist auch gut so, denn im Jahr 2000 soll die ganze Herrlichkeit auch schon wieder vorbei sein. Auf die Hausse im nächsten folgt die Baisse im Jahr 2000. Weil sich die Geschäftskunden noch schnell vor Beginn des neuen Millenniums mit neuen Rechnern eindecken werden, haben sie anschließend erst einmal keinen Bedarf mehr. Die Folge: Um die Fabriken durch zusätzliche Absatzimpulse auszulasten, wird die Industrie mit den Preisen runter-gehen müssen und sich noch stärker als bisher auf den privaten Konsumenten stürzen.

Aber auch hier müssen sich die PC-Hersteller umstellen. Der PC herkömmlicher Bauart ist, behaupten Experten wie der Microsoft-Manager Joachim Kempin, ein Auslaufmodell (vergleiche hierzu auch unseren Beitrag "Der PC ist zum Monster geworden" in der letzten ComputerPartner-Ausgabe, Seite 8). Auch die Wochenzeitung "Die Zeit" kündigte vor kurzem unter der Schlagzeile "Abschied vom PC" an, daß der PC "in den nächsten Jahren eines langsamen Todes sterben" wird. Die These: Der Alleskönner PC wird durch kleine, spezialisierte Geräte ersetzt. Das können Netzcomputer sein (die Grabgesänge würden sich dann doch als zu früh erweisen), Telefone mit

E-Mail-Funktion und was weiß ich. Einige dieser Spezialgeräte gibt es ja auch schon. Zum Beispiel die Settop-Boxen fürs Internet-TV-Surfen oder die Spielekonsolen von Sony, Nintendo oder Sega.

Gerade die Spielekonsolen sind ein Phänomen. Denn trotz PC boomt dieses Segment. Allein Sony wird in diesem Jahr in Deutschland rund 1,5 Millionen Playstations verkaufen. Verfolger Nintendo (Deutschland-Absatz 1997: 630.000 Nintendo-64-Konsolen) will dem Marktführer auf den Fersen bleiben. Der Grund für die Riesen-Nachfrage: Die Konsolen sind einfach die besseren Spielecomputer. Und obendrein viel billiger. Die Ausgabe für meinen Familien-PC zu Hause hätte ich mir jedenfalls sparen können. Er wird von meinen Kindern ohnehin nur zum Spielen genutzt. Und jetzt wünscht sich mein neunjähriger Sohn vom Christkind eine Nintendo-64-Konsole.

Die kostet 250 Mark. Den PC kann ich dann in den Keller stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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