Mit freundlichen Grüßen ...

15.10.1998

Nortel Dasa Network Systems GmbH & Co. KG Geschäftsführung

Herrn Robert W. Pfeffer

Hahnstraße 37-39

60528 Frankfurt

München, 15.10.1998

Sehr geehrter Herr Pfeffer,

die erste Megafusion zwischen einem Telco-Ausstatter und einem Anbieter von Computernetzwerken, Nortel und Bay Networks, ist über die Bühne gegangen. Und schenkt man den Branchenbeobachtern Glauben, war es nicht die letzte. Vom Ausverkauf der Netzwerker ist gar die Rede. Satte 9,1 Milliarden Dollar hat sich Nortel das Wissen um das Kommunikationsprotokoll, das auf den schlichten Namen "IPË (Internet Protocol) hört, kosten lassen.

Die Frage, warum Nortel als Bereitsteller von Telekommunikations- und IP-Netzen für das einverleibte Know-how so einen Batzen Geld ausgegeben hat, ist jetzt klipp und klar beantwortet. Jedenfalls dürfte kaum ein IT-Manager, der die Tageszeitungen in letzter Zeit durchgeblättert hat, ihre Werbebotschaft nicht verstanden haben. Simpler kann man die Chose nicht darstellen: links ein Telefon und rechts ein PC. Verbunden werden die beiden durch eine aus Buchstaben bestehende "LeitungË. Der Wortlaut: "Die sitzen da am Schreibtisch. Höchstens ein oder zwei Meter voneinander entfernt. Doch das Netzwerk hinter ihnen könnte nicht weiter entfernt sein. Bis jetzt, jedenfalls.Ë Fernsprechwesen und Datenübertragungswege wachsen - so die Ansage - zusammen. Was die IT-/Telco-Beschaffer in den Unternehmen besonders freuen dürfte, ist die Nachricht, daß Nortel solche Lösungen quasi aus einer Hand feilhält. Eine vor knapp einem Jahr durchgeführte Umfrage von ComputerPartner unter 76 Systemhäusern/VARs bestätigt übrigens diesen Wunsch. Auf die Frage hin, ob Kunden von ihrem Lösungsanbieter in zunehmenden Maße erwarten, daß er nicht nur ihre DV-, sondern auch deren Telekommunikationsprobleme meistert, antworteten fast 70 Prozent mit einem klaren "Ja".

Jetzt müßten eigentlich Verzückungsschreie aus den Kehlen der Systemhaus-Chefs ertönen. Zumindest von jenen, die mit Bay Networks verbandelt sind. Denn ich gehe davon aus, daß sie jetzt voll eingespannt werden und mithelfen dürfen, das Kabelgewirr in den Firmen zu entflechten. Und hat nicht gerade Nortel als klassischer Telco-Direkt-anbieter beste Verbindungen zu den IT-Managern in den Firmen und deshalb nun gute Chancen, auch den einen oder anderen fetten Auftrag in Sachen Netzwerk an Land ziehen?

Ich bin sicher, daß die Bay-Networks-Partner parat stehen, wenn es gilt, ihr langjährig aufgebautes Wissen und ihre Produkt- wie Projekterfahrung einbringen zu können. Denn über fundiertes IP-Know-how verfügen Ihre rund 400 Servicetechniker ja nicht. Oder muß es besser "noch nichtË heißen, wie einige Experten vermuten? Dem einen oder anderen Bay-Networks-Partner ist bei dem Gedanken an das Wörtchen "nochË jedenfalls nicht zum Frohlocken zumute. Wie lange, so fragt er sich, wird das neue Unternehmensgebilde das hohe Lied der Partnerschaft noch singen? Werde ich auch in Zukunft gebraucht? Oder drücken die Nortel-Monteure bereits die Schulbank, um IP-Wissen einzupauken, mit dem Ziel, künftig selbst Hand anlegen zu können? Wenn ja, dann dürfte die Zwangsscheidung nicht mehr lange auf sich warten lassen. Und die Partnerschaft wird - wie so oft - mit den Worten enden: "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen."

Mit freundlichen Grüßen

Christian Meyer

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