Mit freundlichen Grüßen ...

20.08.1998

Star Division GmbHGeschäftsführung

Herrn Marco Börries

Sachsenfeld 4

20097 Hamburg

München, 20.08.1998

Sehr geehrter Herr Börries,

in letzter Zeit ist es in unserer Branche schick geworden, sich mit der Automobilindustrie zu vergleichen. Am bekanntesten ist vielleicht folgende lustige Bemerkung von IBM-Chef Louis Gerstner: 1985, so Gerstner, hat ein Cadillac rund 17.000 Dollar gekostet, weit mehr als eine Tonne gewogen und 20 Liter Sprit auf 100 Kilometer verbraucht. Hätte sich die Automobilindustrie, so der IBM-Chef weiter, genau so schnell entwickelt wie die Informationstechnik, dann würde das gleiche Auto heute 12,63 Dollar kosten, sieben Kilo wiegen und hätte einen Verbrauch von 0,04 Litern.

Ich finde diesen Vergleich sehr interessant. Denn er offenbart die anscheinend nicht kaputt zu kriegende grundsätzlich

falsche Denkweise vieler Bosse in der Computerindustrie. Egal ob Soft- oder Hardwarehersteller, sie sind noch immer fixiert auf Leistungsdaten: schnellere Prozessoren, größere Speicherkapazitäten, immer mehr Features bei Textverarbeitungsprogrammen und so weiter und so weiter. Klar: Leistung ist wichtig, aber wenn sie zum Fetisch wird, kann sie kein Mensch mehr nutzen.

Es kommt nicht - zumindest nicht nur und nicht in erster Linie - auf Leistung an. Sondern darauf, Produkte herzustellen, mit denen der Anwender etwas anfangen kann, die ihm Vorteile verschaffen und die der Normalbürger mit einem durchschnittlichen europäischen Intelligenzquotienten handhaben kann. Die Automobilindustrie hat dies geschafft. Wer einmal gelernt hat, daß das Gaspedal rechts und die Bremse in der Mitte ist, kommt mit jedem Fahrzeug zurecht. Wer das nicht kann, gilt als Idiot und darf sich entsprechender Tests unterziehen.

Beim Computer ist das noch immer ganz anders. "PCs sind einfach zu kompliziert", meint Oracle-Chef Larry Ellison, und in diesem Punkt muß ich ihm einmal recht geben. Daß die PC-Branche in Deutschland nur halb so viele Computer verkauft wie die Automobilbranche Autos, liegt sicher nicht daran, daß die Rechner in puncto Leistung zu schwach auf der Brust sind. Und noch ein Punkt: Die meisten der in Deutschland zugelassenen mehr als 40 Millionen Autos rollen (vor allem zur Reisezeit). Wieviele PCs aber stauben in den deutschen Haushalten als Investitionsruinen vor sich hin, weil die Anwender vor der Technik kapituliert haben?

Übrigens: Das Auto für zwölf Dollar und mit einem Gewicht von sieben Kilo gibt es schon längst. Man nennt es "Bobbycar", und meine beiden Kinder haben Dutzende von Kilometern damit zurückgelegt, ohne einen einzigen Liter Benzin zu verbrauchen (nur ein paar Schuhe mußte aufgrund hohen Antriebsverschleißes ausgetauscht werden). Gibt es auch von BMW, dann kostet es aber ein paar Mark fünfzig mehr.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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