"Mit freundlichen Grüßen"

25.06.1998

Compaq Computer GmbHFrau Gerrit Huy

Einsteinring 30

85609 Dornach

München, 25.06.1998

Sehr geehrte Frau Huy,

als passionierte Fallschirmspringerin wissen Sie besser als ich, wie schnell die Zeit vergeht. Kaum ist man aus dem Flugzeug raus, muß man schon die Reißleine ziehen, um unversehrt auf dem Erdboden zu landen. Gott sei Dank hat Ihr Job bei

Compaq nichts mit Fallschirmspringen zu tun - schließlich befinden Sie sich nicht im Sturzflug nach unten, und für eine

weiche Landung ist ja auch sonst sicherlich Sorge getragen. In jedem Fall: Herzlichen Glückwunsch zum Einjährigen!

Eins hat Ihr Job bei Compaq aber vielleicht doch mit dem Fallschirmspringen zu tun: Beides ist ungemein aufregend.

Vor allem in den kommenden Monaten dürfte die Integration von Digital eine enorme Herausforderung für das Management beider Unternehmen darstellen (Abbau von mehr als 17.000 Arbeitsplätzen). Aber auch für die Compaq-Vertriebspartner ist die Frage hochinteressant, wie sich die "die neue Compaq" die Zusammenarbeit mit ihnen vorstellt. Wir beide haben ja bereits im letzten Jahr über die Befürchtungen der Compaq-Vertriebspartner gesprochen - ausgelöst vor allem durch

unglückliche Formulierungen von US-Boß Eckhard Pfeiffer -, daß ihr Hardwarelieferant ihnen durch Direktgeschäfte die Butter vom Brot nimmt. Damals versprachen Sie, daß Compaq "dem indirekten Vertriebsmodell treu" bleibe.

Jetzt aber hat sich Herr Pfeiffer im Rahmen der Digital-Übernahme wieder zu diesem Thema geäußert und eine

"neue Unternehmensstrategie" verkündet. Hier heißt es unter anderem, daß Compaq die Kundenbeziehungen "strategisch erweitern und intensivieren", die Kunden "mit einem umfassenden Service weltweit betreuen" und "als zentraler Ansprechpartner der Kunden" auftreten werde. Solche Äußerungen lassen immer bei allen Absatzmittlern die Alarmglocken schrillen. Zumal Herr Pfeiffer - vielleicht aus Versehen - ein klares Bekenntnis zum indirekten Vertrieb nicht abgeben hat.

Klar: Vor allem Großkunden suchen den direkten Kontakt zum Hersteller. Aber ihre Türen stehen auch, wie der Einkaufschef der Postbank Data GmbH in Bonn, Rüdiger Volkert, auf dem Kongreß Channel Focus vor wenigen Tagen in Stuttgart

unterstrich, den Vertriebspartnern offen, wenn diese die entsprechenden Leistungen bieten können. Und dafür sind die Volkerts dieser Welt auch durchaus bereit, ihre Geldbörsen noch etwas weiter zu öffnen.

Damit sich aber die Händler und Systemhäuser für einen Hersteller stark machen, müssen sie von folgendem überzeugt sein: Meine Investition in Geld, Personal und Know-how zahlt sich aus, weil mein Industriepartner aufrichtig und berechenbar

ist und mich anständig behandelt. Aussagen von CEOs, die sich in diese oder jene Richtung interpretieren lassen, wirken demotivierend.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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