...MIT FREUNDLICHEN GRÜssEN

20.03.1998

Von der Heyden & Co. GmbH Personal- und Unternehmensberatung

Herrn Karl-Hermann Großkreutz

Geiselgasteigstraße 120

81545 München

München, 20.03.1998

Sehr geehrter Herr Großkreutz,

vor kurzem saß ich in geselliger Runde mit einigen Geschäftsführern und Managern aus Handel und Industrie zusammen. Neben einigen Frotzeleien über die Geschäfte der Anwesenden diskutierte die Runde auch ausführlich die Situation und das Seelenleben von Abwesenden. Vor allem die Frage, wie lange es der eine und der andere Unternehmensführer noch macht, ob er angesichts des beliebten Hineinregierens der amerikanischen, japanischen oder auch deutschen Muttergesellschaften noch Lust hat oder wie fest er in seinem Sattel sitzt, beschäftigte die Gemüter. Ob es sich um Michael Kaack (Macrotron), Sven Janssen (Ingram Micro), Winfried Hoffmann (Fujitsu), Holger Lampatz (Maxdata) oder Gert Hügler (Vobis) handelt - die Teilnehmer dieser Runde schienen am Schicksal dieser Personen ernsthaften Anteil zu nehmen.

Warum eigentlich? Sicher zum Teil aus reiner Neugier und weil sie das Thema in bezug auf ihre eigene Person selbst beschäftigt. Aber etwas weiteres kommt hinzu. Ein personeller Wechsel in der Geschäftsführung eines Geschäftspartners oder eines Konkurrenten kann weitreichende Konsequenzen haben. "Wohl und Wehe" eines Unternehmens, war kürzlich im "Spiegel" zu lesen, hängen "vor allem vom Mann an der Spitze ab - und damit von seinen Stärken und Schwächen". (Daß dieser Mann an der Spitze auch eine Frau sein kann, hat der Spiegel-Redakteur völlig vergessen.)

Kurzum: Es ist durchaus von Belang, welcher Kapitän auf welchem Schiff auf der Kommandobrücke steht und den Kurs festlegt. Ein Schönwetterkapitän, der bisher immer nur in Küstennähe dahingeschippert ist, wird bei hohem Seegang in unbekanntem Gewässer anders reagieren als ein sturmerprobter Seebär. Handelt es sich zum Beispiel um ein Frachtschiff, ist es für den Lieferanten der Ware wie für den Abnehmer von gleich hoher Bedeutung, ob der Skipper das Zeug hat, die Fracht heil und fristgerecht zum Bestimmungsort zu bringen.

Die Größe des Unternehmens spielt dabei keine Rolle. Ob Hersteller mit Milliardenumsätzen oder PC-Fachhändler mit kleinem Budget - das Thema ist dasselbe. Natürlich hat der Erfolg, wie man sagt, viele Väter. Aber, und das wird gerne unterschlagen, der Mißerfolg nicht weniger. Ein Kapitän auf hoher See wäre ohne seine Offiziere und Matrosen handlungsunfähig und vollkommen hilflos. Aber es hängt vom Geschick des Kapitäns ab, die richtige Besatzung anzuheuern und diese zu motivieren, ihr bestes zu geben. In der netten Redensart "Der Fisch fängt immer vom Kopf an zu stinken" für ein Unternehmen, in dem es kracht und zischt, ist diese exponierte Rolle des Chefs ja auch entsprechend gewürdigt. Interessant nur, daß es kein griffiges sprachliches Pendant gibt für ein erfolgreiches Unternehmen; etwa in der Art "Die Lok ist die treibende Kraft eines Zuges" oder so.

Sie selbst, sehr geehrter Herr Großkreutz, haben ja unter anderem als Vertriebschef bei Peacock und Visio-Geschäftsführer ihre ganz eigenen Erfahrungen zu diesem Thema gesammelt. Ein Thema, das Sie heute als Personalberater zweifelsohne tagtäglich beschäftigt. Daher würde mich Ihre Meinung interessieren, wie Sie die Rolle von "Chefs" in der Computerbranche sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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