Mit freundlichen Grüßen

20.05.1999

Sinell EDV Zubehör GmbHGeschäftsführung

Herrn Jörg Sinell

Siemensstr. 11

40789 Monheim

München, 17.05.1999

Sehr geehrter Herr Sinell,

vielen Dank für Ihr Fax zu meinem Offenen Brief an CTT-Geschäftsführer Günter Kalina in ComputerPartner

Nr. 17/99. Sie fragen sich in Ihrem Schreiben, ob sich "heute wirklich jemand daran stört, wenn aus Distributoren plötzlich auch Fachhändler werden". Ich sage ganz klar JA! Jeder stört sich daran, wenn ein Distributor auch Endkundengeschäft betreibt. Nicht nur die Fachhändler, zu denen der Disti in Konkurrenz tritt. Sondern auch die Industrie. Denn wenn der Distributor den Einkaufsvorteil, den er als Großhändler nun einmal hat, dazu nutzt,

das allgemeine Preisniveau in den Keller zu treiben, dann kann das nicht im Interesse der Hersteller sein. Und natürlich sind auch denjenigen Distributoren, die sich an die Spielregeln des Marktes halten, die schwarzen Schafe der Zunft ein Dorn im Auge. Mit anderen Worten: Distributoren mit Endkundengeschäft schädigen den

gesamten Markt und sind daher auch als Schädlinge zu behandeln.

Um so wichtiger ist es, daß man solche Geschäftspraktiken nicht durchgehen läßt. Hier darf erst gar nicht so

etwas wie ein Gewohnheitsrecht entstehen. Wann immer ein Distributor derart negativ auffällt, muß dieses Vergehen angeprangert werden. Motto: Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt. Für grobe Fouls gibt es die Gelbe Karte, im Wiederholungsfall wird der Sünder mit der Roten Karte vom Spiel ausgeschlossen. Dann darf er in

der Kabine über seine Verfehlungen nachdenken.

Die von Ihnen vorgeschlagene Gründung einer Interessengemeinschaft "Ich kaufe nur beim fairen Disti" ist meines Erachtens gar nicht erforderlich, um für Ordnung in der Distributionslandschaft zu sorgen. Jeder Fachhändler kann ja bereits heute tagtäglich entscheiden, ob er einen unfairen Disti durch seinen Einkauf weiterhin unterstützt oder ob er bei anderen Lieferanten nicht besser aufgehoben ist. Insofern braucht es auch keinen Damian Sicking als

Vorsitzenden dieser Interessengemeinschaft, wobei ich mich natürlich sehr darüber gefreut habe, daß Sie mich als geeignete Person für diesen Job ansehen.

Das Problem, das Sie, sehr geehrter Herr Sinell, völlig zu Recht ansprechen, ist aber nicht auf Distributoren begrenzt. Denn was ist mit der Industrie? Gilt hier nicht dasselbe? Hier sollte sich der Händler ebenfalls fragen, ob der Hersteller, der an seinen Vertriebspartnern vorbei direkt mit den Endkunden Geschäft machen will, noch der richtige Partner ist. Erstaunlicherweise scheint mir die Toleranz der Händler der Industrie gegenüber deutlich größer zu sein als den Distributoren gegenüber. Ist das sachlich gerechtfertigt? Ich meine nein.

Selbstverständlich kann man den Herstellern das Recht nicht absprechen, die Spielregeln für sich neu zu definieren. Aber ebenso hat jeder Händler das Recht, die Annahme dieser geänderten Spielregeln zu verweigern und sich

einen anderen Partner zu suchen. Wenn ein Hersteller glaubt, mit einem direkten oder gemischten Vertriebsmodell mehr Erfolg am Markt zu haben - viel Glück! Die meisten werden sich eine blutige Nase holen. Und wenn sie dann reumütig zu ihren Handelspartnern zurückkehren und ihnen versprechen, daß sie jetzt wieder ganz lieb sein wollen, dann - stelle ich mir vor - schallt ihnen aus zahlreichen Kehlen der Spruch aus Kindertagen entgegen: "Weggegangen, Platz vergangen, mußt dir wieder einen fangen."

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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