Mit freundlichen Grüßen

15.04.1999

Compaq Computer GmbHGeschäftsführung

Frau Gerrit Huy

Einsteinring 30

85609 Dornach

München, 12.04.1999

Sehr geehrte Frau Huy,

eine Geschichte aus dem Alltag: Da ist ein Händler mit dem Oberstudiendirektor einer Berufsschule im Gespräch, der 30 PCs kaufen möchte. Händler unterbreitet Angebot, knapp kalkuliert versteht sich, denn die Konkurrenz ist hart. Direktor wiegt bedächtig mit dem Kopf und verspricht wohlwollende Prüfung. Händler fragt ein paar Tage später nach, was denn nun Sache sei. Direktor sagt, beim Mediamarkt kriegt er denselben Rechner günstiger. Händler gibt Vernetzung, After-Sales-Support undsoweiter zu bedenken. Direktor meint, er habe einen Physiklehrer, der mache das schon. Direktor kauft 30 PCs beim Mediamarkt. Händler schaut in die Röhre. Händler beschwert sich beim Hersteller wegen Preisgestaltung. Hersteller meint, Direktor werde womöglich Probleme bekommen, weil im extremsten Fall in allen 30 PCs unterschiedliche Komponenten verarbeitet wurden. Händler ist enttäuscht, weil er sich dafür auch nichts kaufen kann. Alltag in Deutschland.

Nun kann man sagen: Der Oberstudiendirektor ist schön blöd. Das wäre aber ungerecht. Denn schließlich wird man nicht Oberstudiendirektor, wenn man blöd ist. Man kann auch sagen: Der Fachhändler ist blöd, weil er es nicht verstanden hat, dem Direktor seine Mehrwertleistung zu vermitteln. Aber das wäre ebenfalls ungerecht, weil der Direktor ein Theoretiker ist und die Theorie besagt, daß Computer einfach funktionieren. Nur: Das ist die Theorie. Die Praxis sieht oftmals ganz anders aus. Vor allem, wenn man einzelne PCs in ein Netzwerk einbindet. Dann passiert oft etwas, was wir aus dem zwischenmenschlichen Bereich alle kennen. Es gibt Leute (zum Beispiel Mitarbeiter), mit denen man prima zurechtkommt, wenn man mit ihnen alleine ist. Aber wehe, sie befinden sich in einer Gruppe von Gleichgesinnten. Dann kennt man sie oftmals nicht mehr wieder, und sie stellen Sachen an, die man einfach nicht versteht. Motzen rum, geben freche Widerworte und sind insgesamt unausstehlich. Genauso ist es mit Computern. Aber das wußte unser Direktor leider nicht.

Warum nicht? Weil es ihm niemand gesagt hat. Sicher, der Händler hat es ihm gesagt, aber der war ja, zumindest aus Sicht des Direktors, befangen, weil er das Geschäft machen wollte. Also muß ein anderer Aufklärungsarbeit leisten. Wer kann das sein? Ich meine: die Industrie. Die Hersteller betonen ja immer lautstark, wie sehr ihnen an einem starken und gesunden Fachhandel gelegen ist und was sie nicht alles für ihn tun, um ihn zu unterstützen. Inzwischen gibt es so viele Partnerprogramme, daß sich mit dem Papier ganze Großstädte neu tapezieren ließen. Aber warum, frage ich mich, ist noch nie jemand auf den Gedanken gekommen, Anzeigen zu schalten oder Broschüren zu verteilen, in denen der Hersteller mal nicht nur seine Produkte, sondern die Leistung seiner Fachhandelspartner herausstellt? Zehn Gründe, warum unser Studiendirektor beim Fachhandel oder beim Systemhaus besser aufgehoben ist als beim Kistenschieber. Das wäre Händlerunterstützung!

Nicht zuletzt würden sich die Hersteller damit selber einen Gefallen tun. Denn kann es in ihrem Interesse sein, wenn wir hier in Deutschland ähnliche Verhältnisse wie in Großbritannien bekämen, wo eine einzige Firma (Dixons) den Markt mehr oder weniger dominiert und aus der Industrie das letzte herauspreßt?! (Zu Dixons haben wir übrigens auf Seite 24 einen interessanten Beitrag.)

Sie, sehr geehrte Frau Huy, hatten kurz nach Ihrem Amtsantritt in einem ComputerPartner-Interview im September 1997 gesagt, sie wollten Compaq zum Fachhandelspartner Nummer 1 machen. Zeigen Sie, daß Sie es ernst meinen. Schalten Sie die Anzeige!

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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