Mit freundlichen Grüßen ...

30.11.2000

ComputerPartner

Chefredaktion

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IFCO Online AG

Vorstand

Herrn Karl Pohler

Zugspitzstraße 15

82049 Pullach

München, 27.11.2000

Sehr geehrter Herr Pohler,

wie geht es eigentlich Karl Pohler, wurde ich in der vergangenen Woche gefragt. Gute Frage, habe ich geantwortet. Das letzte, was ich von Ihnen gehört habe, war die Information, dass Sie bei einem Tourenwagenrennen auf dem Nürburgring Ihren Porsche zerlegt hatten. Gott sei Dank nur Blechschaden, wenn auch teures Blech.

Apropos Blech: Bei den Systemhäusern in Deutschland steht das Blech derzeit ja gar nicht hoch im Kurs. Nachdem Compunet bereits im Sommer angekündigt hatte, man wolle keine Boxen mehr schieben, hat jetzt mit der M+S AG in Niedernberg auch das zweitgrößte Systemhaus in Deutschland entschieden: "weg von der Hardware und vom PC und hin zu einem Dienstleister rund um die Informationstechnologie" (Zitat aus einem FAZ-Artikel vom 22.11., den man sich unter www.mus.de herunterladen kann). Kann man ja irgendwie auch verstehen, nicht wahr? Viel Arbeit, viel Ärger, wenig Geld, das macht keinen Spaß. Überdies gibt es eine steigende Anzahl von Großabnehmern, die ihre PC-Aufträge heute schon per Internet-Auktion vergeben. Das zieht die Preise und damit die Margen noch weiter runter.

Wenn jetzt die Systemhäuser mit den Kisten nichts mehr zu tun haben wollen, was, so stellt sich die Frage, passiert dann mit ihren schönen, großen, und zum Teil auch neuen Lagerhallen, neudeutsch "Logistikcentern"? Wie man hört, will Compunet das Lager in Kerpen verkaufen. Und wie man weiter hört, ist die IFCO sehr stark an einem Erwerb dieser Immobilie interessiert. Allerdings ziehen sich die Gespräche nun bereits über Monate hin. Da fragt man sich schon: Wo ist das Problem?

Möglicherweise, kombiniert der Beobachter, liegt der Grund für dieses langwierige Verfahren darin, dass es um mehr geht als um den reinen Verkauf von überdachten Quadratmetern. IFCO will, wenn ich das richtig verstanden habe, auch für die IT-Branche Logistikdienstleistungen erbringen. Da wäre es natürlich ein schönes Signal nach außen, wenn man mit einem Unternehmen vom Kaliber einer Compunet starten würde. Könnte sich förderlich auf den Aktienkurs auswirken.

Bei dieser Gelegenheit bin ich mal auf die IFCO-Homepage unter www.ifco.de gegangen. Da wird viel von "E-Logistik" gesprochen und dass dies die Zukunft sei. Ihre Aufgabe, sehr geehrter Herr Pohler, besteht ja wohl vor allem darin, dieses Thema voranzutreiben. Nun muss ich Ihnen gestehen, dass ich nicht so ganz verstanden habe, was sich hinter dem Schlagwort "E-Logistik" verbirgt. Gut, man kann Ihnen übers Internet einen Auftrag schicken. Aber ist das aufregend? Dann basteln Sie an einem Order-Tracking-System, so dass Absender und Adressat immer wissen, wo sich ihre Sendung gerade befindet. Tolle Sache, aber auch nicht ganz neu. Deshalb meine Frage: Ist das alles?

Mein Eindruck ist, dass dieses ganze Thema E-Logistik ein schöner Schaum ist, der von den Anbietern geschlagen wird. Nicht nur von IFCO, sondern von der ganzen Branche. Natürlich ist Logistik heute mehr als das Transportieren einer Ware von A nach B. Deshalb heißen die Firmen ja auch nicht mehr "Spedition Dönne+Hellwig", sondern "D.Logistik", um ein Beispiel zu bringen. Aber wenn man dieses Transportieren mal wegnimmt, was bleibt dann noch übrig? Und solange man einen Becher Joghurt nicht durch ein Telefonkabel (meinetwegen auch Breitband) schicken kann, ist Logistik im Wesentlichen Asphalt, Brummi, Diesel. Stimmt's oder hab ich recht?

Die Bemühungen der Logistikunternehmen, sich als "E-Companies" darzustellen, erinnern mich daher an den Versuch der CDU-Werbeexperten, ihre Vorsitzende Angela Merkel als Frau mit Sexappeal zu verkaufen. Irgendwie, wie soll ich sagen, interessant.

Mit freundlichen Grüßen (und fahren Sie bitte vorsichtig)

Damian Sicking

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