Mit freundlichen Grüßen ...

08.03.2000

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Alpina GmbH + Co

Geschäftsführung

Herrn Burkard Bovensiepen

86807 Buchloe

München, 31.07.2000

Sehr geehrter Herr Bovensiepen,

da haben Sie es Herrn Lejeune ja mal richtig gezeigt. Ich meine Ihre ganzseitige Anzeige in verschiedenen Zeitungen in der vorletzten Woche. Unter der Überschrift "Herzliches Beileid, Herr Lejeune!" beziehen Sie sich auf eine Anzeige des Herrn Lejeune, die kurz vorher erschienen ist und in der Herr Lejeune dem Herrn Bundeskanzler zur Durchsetzung der Steuerreform gratuliert und sich bei ihm bedankt und ihn als den "Turbo-Kanzler für die deutsche Wirtschaft" feiert. Mit anderen Worten: Herr Lejeune war wieder voll motiviert und gut drauf. So kennt man ihn.

Sie dagegen waren gar nicht gut drauf. Zum einen nicht wegen der Steuerreform und zum anderen nicht wegen Herrn Lejeune. Deshalb haben Sie in der Anzeige Dampf abgelassen. Ihr Vorwurf an Herrn Lejeune: Als Sprecher des Wirtschaftssenats des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft vertrete er nicht die Interessen des Mittelstandes. Warum nicht? Weil es eine unerträgliche Ungerechtigkeit ist, dass nach dem neuen Steuermodell die Einkünfte von Personengesellschaften höher besteuert werden als die von Kapitalgesellschaften. Und weil der Klassensprecher des Mittelstandes das offenkundig auch noch gut findet, verlangen Sie von ihm: "Herr Lejeune, bitte nehmen Sie in bezug auf die mittelständische Wirtschaft Ihren Hut."

Für Sie, sehr geehrter Herr Bovensiepen, ist es "unvorstellbar", dass das Bundesverfassungsgericht dieser Ungleichbehandlung der Unternehmen seinen Segen erteilt. Darf man daraus schließen, dass Sie gegen die Steuerreform anwaltlich vorgehen werden?

Für mich ist das Bemerkenswerte an der Anzeige des Herrn Lejeune, dass sie überhaupt erschienen ist. Wieso nimmt jemand so viel Geld in die Hand, um dem ganzen Land mitzuteilen, dass er die Steuerreform und unseren Herrn Bundeskanzler so toll findet? Ist es, wie Sie schreiben, lediglich eine "Anbiederung im Stil einer Hofschranze an die rot-grüne Regierung und deren Kanzler"? Oder will "Deutschlands Motivator Nummer eins" (Lejeune über Lejeune) den Kanzler motivieren? Auch einfach einmal loben, wo andere immer nur herummäkeln? Oder will Herr Lejeune schlicht und ergreifend nur dies: Werbung machen für sich und seine Aktie?

Auf dieser Klaviatur kann Buchautor und Fußballsponsor Lejeune ja spielen wie kein anderer. Vor ein paar Jahren kannten ihn nur wenige Branchen-Insider. Heute ist er fast ein Prominenter. In dieser Hinsicht lässt sich sagen: Herr Lejeune ist der Zlatko "Sladdi" Trpkovski der deutschen Wirtschaft. (Sie wissen schon, der von "Big Brother" auf RTL II.) Wie Herr Lejeune das geschafft hat? Na ja, eben durch solche Aktionen wie die Anzeige, durch seine Bücher ("Lebe ehrlich, werde reich"), durch das Bemalen des Stadions des Bundesligavereins Unterhaching mit seinem Namen, durch seine Talkshow im Fernsehen (Münchener Lokalsender), durch motivierende Vorträge und natürlich auch durch den Börsengang seiner Firma CE Consumer Electronic AG. Alles nach dem Sprichwort: "Wer sich als Pfannkuchen verkauft, wird auch als Pfannkuchen gegessen."

Hier können viele Unternehmer und Vorstandschefs von Herrn Lejeune etwas lernen: wie man PR in eigener Sache macht. Mancher findet das Auftreten von Herrn Lejeune übertrieben, substanzlos, ja sogar unseriös. Von meiner Warte aus bin ich froh, dass es Menschen wie Herrn Lejeune gibt. Sie machen die nüchterne und grau-melierte Wirtschaft bunt und unterhaltsam. Deshalb, sehr geehrter Herr Bovensiepen, empfehle ich Ihnen sehr, sich nicht zu sehr über die Anzeige des Herrn Lejeune zu ärgern. It's Show-Business.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

Übrigens: Nur 15 Prozent der Computerhändler in Deutschland finden die Steuerreform wirklich gut. Das hat das Marktforschungsunternehmen Techconsult in Kassel herausgefunden. Mehr dazu auf Seite 30 dieser Ausgabe.

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