Mit freundlichen Grüßen ...

20.07.2000

ComputerPartner

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Computer 2000 Deutschland GmbH

Geschäftsführung

Herrn Dr. Roland Apelt

Baierbrunnerstr. 31

81379 München

München, 17.07.2000

Sehr geehrter Herr Dr. Apelt,

na, wie waren die ersten drei Wochen bei Ihrem ehemaligen Klassenfeind? Die Frage ist ja die: Kann ein Mann, der sieben Jahre bei Macrotron in Amt und Würden stand, einfach so zum Erzrivalen wechseln, ohne dass er einen Kulturwechselschock erlebt? Die Macrotron-Leute und die von Computer 2000 konnten sich ja noch nie gut leiden. Die C2000-Mitarbeiter trugen die Nase schon immer etwas höher und blickten gerne auf die Angestellten von Macrotron herab. Für sie war Macrotron der "Bauern-Disti", was durchaus abwertend gemeint war. Die Macrotron-Mitarbeiter vollbrachten ihrerseits das Kunststück, sozusagen von unten auf die C2000-Angestellten herabzublicken. Die C2000-Mitarbeiter - das waren "die von der Armani-Fraktion", weil sie immer so feine Anzüge trugen und gerade aus dem Sonnenstudio kamen. Kurzum: Ich bin sehr gespannt, wie's klappt.

Ihre Ernennung zum neuen Deutschlandchef von Computer 2000 war ja für viele Insider eine Überraschung. Europachef Karl Pohler hatte sich viel Zeit gelassen - fast ein Jahr -, bis er einen Nachfolger für Joachim Prinz gefunden hatte. Pohlers Anspruch war eben hoch. Er wollte nicht den Erstbesten, sondern den Besten haben. Und er hat ja auch einige Gespräche mit Kandidaten und Interessenten geführt. Na ja, und dass Sie jetzt der neue Chef sind, kann man auch so verstehen, dass Sie der Beste sind. Oder nicht?

Überrascht waren einige Branchenbeobachter auch deshalb, weil das Anforderungsprofil an den neuen Deutschlandchef einige Kriterien aufwies, die sich aus Ihrem bisherigen Werdegang nicht unmittelbar erschließen. Der wichtigste Punkt war sicherlich die Forderung, der neue Mann müsse über umfassende Erfahrung im Bereich E-Commerce verfügen. Das macht ja auch Sinn vor dem Hintergrund, dass Pohler Computer 2000 zum "E-Commerce-Outsourcer" umbauen will. Oder sollte man lieber sagen "wollte"? Denn inzwischen hat sich das ganze Thema "New Economy" inklusive Internet und E-Commerce ja mächtig abgekühlt, und bei vielen Unternehmen ist der anfängliche Rausch in Katzenjammer umgeschlagen. Vor diesem Hintergrund ist ein Unternehmen wie Computer 2000 gut beraten, wenn es die Tradition nicht leichtfertig für ein Stück Zukunftshoffnung über Bord wirft.

So gesehen macht es wiederum Sinn, dass Pohler mit Ihnen einen "Old-Economy"-Mann eingestellt hat. Das ist nicht geringschätzig gemeint, im Gegenteil. Sie haben in einem ersten Gespräch mit Journalisten ja auch der "Hysterie, dass die Distribution und der Fachhandel keine Zukunft mehr haben", eine klare Absage erteilt und erklärt, dass "die Distribution, die wir bisher gemacht haben, auch weiterhin einen festen Platz im Markt haben wird".

Politiker haben in einem neuen Amt bekanntlich 100 Tage Schonfrist. Sie sagten, dass man Ihnen diese 100 Tage nicht gewähren wird. Das klingt nach hohen Erwartungen, denen Sie gerecht werden müssen, das klingt nach viel Druck, das klingt nach einem 14-Stunden-Arbeitstag. Da fragt man sich schon, warum sich der Apelt das antut. Sie selber haben dazu erklärt, dass die Distribution "eine unsagbare Anziehungskraft auf mich ausübt". Sie gestatten mir, dass ich Ihnen dieses Geständnis nicht abkaufe. Ich neige eher dazu, mich derjenigen Meinung anzuschließen, der zufolge Sie einen gut dotierten Job gut brauchen können, um Ihre Schulden abzubauen, die Sie bei Ihrem leider fehlgeschlagenen Ausflug ins Verlagsgeschäft angehäuft haben. Mehrere 100.000 Mark Miese soll Ihnen die Tageszeitung "15 Uhr aktuell", deren Geschäftsführer Sie für ein halbes Jahr bis zur Insolvenz waren, eingebracht haben.

"No risk, no fun", sagten Sie mir, als ich Sie auf dieses Thema ansprach. "No risk, no fun" gilt auch für Ihren neuen Job bei Computer 2000. Ich wünsche Ihnen, dass sich das Risiko in Grenzen hält und der Spaß groß ist.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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