Mit freundlichen Grüßen ...

18.05.2000

ComputerPartner

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Systematics AG

Vorstand

Herrn Detlef Fischer

Barmbecker Straße 2

22303 Hamburg

München, 15.05.2000

Sehr geehrter Herr Fischer,

die Überraschung ist Ihnen wirklich gelungen. Ich hatte bereits am Mittwoch vergangener Woche, also einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe, von der geplanten Übernahme der MSH AG durch Systematics gehört und wollte es zuerst gar nicht glauben. Auch die Branchen-Insider, die immer das Gras wachsen hören, und die ich deshalb sofort anrief, zuckten mit den Schultern. Irgendjemand aber hatte offenkundig doch etwas gewusst oder einfach nur einen guten Riecher: Der Aktienkurs von MSH jedenfalls machte bereits einen Tag vor der Übernahme-Bekanntgabe einen kleinen Lupfer nach oben.

Ob auch der MSH-Vorstandsvorsitzende Klaus Hofmann einen Freudensprung gemacht hat, als Mehrheitsaktionär Schroders & Partner ihm mitteilte, man wolle die 70 und ein paar Prozent MSH-Anteile an Systematics verkaufen, ist nicht bekannt. Ich glaube es aber nicht. Vielmehr bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass Herr Hofmann von dieser Idee ganz und gar nicht begeistert war. Überhaupt wird mir jetzt, im Lichte der Ereignisse, verständlich, weshalb Herr Hofmann eine Woche vorher wie ein Bullterrier öffentlich über den ehemaligen STS-Geschäftsführer Hartmut Wenzel hergefallen ist: Der Mann hatte einfach schlechte Laune. Denn verkaufen, das wollte Hofmann ganz bestimmt nicht. Nur hatte er mit seinen paar Prozent Anteil nicht viel zu melden.

Ich bin nicht einmal sicher, dass es Herrn Hofmann in erster Linie gegen den Strich geht, dass in Zukunft nicht mehr der Titel "Vorstandsvorsitzender" auf seiner Visitenkarte steht (obwohl ihm das kaum gefallen wird). Was ihm aber ganz bestimmt quer im Magen liegt, ist, dass er nicht mehr der Boss ist. Und nach dem, was über Herrn Hofmann in der Branche erzählt wird, bin ich sehr gespannt, ob er das überhaupt kann: nicht die erste Geige spielen.

Obwohl man durchaus von einer Elefantenhochzeit im Systemhausbereich sprechen kann, ist der Zusammenschluss von Systematics und MSH doch merkwürdig spannungslos, ja geradezu langweilig. Die von den Aktienmärkten immer geforderte Phantasie ist jedenfalls nicht erkennbar. Die Frage ist, inwieweit der Erwerb von MSH Systematics strategisch wirklich weiterbringt. Gut, man bekommt ein paar Mitarbeiter, ein paar Geschäftsstellen, ein paar Auslandsfilialen dazu. Aber es ist nicht erkennbar, inwieweit MSH das Leistungsangebot von Systematics substantiell erweitert. Es ist ähn-lich, wie wenn Compaq das PC-Geschäft von IBM kaufen würde. Langweilig eben. Man hat vorher PCs verkauft und tut dasselbe nach der Übernahme, nur mehr.

Einer meiner Gesprächspartner meinte, der Grund für die Übernahme sei wohl in erster Linie in den schlechten ersten Monaten dieses Jahres zu sehen. Denn viele Unternehmen hinken hinter ihren Geschäftsplänen her. Die Übernahme soll sicherstellen, so mein Gesprächspartner, dass Systematics überhaupt einen Umsatzanstieg für dieses Jahr ausweisen kann. Ein interessanter gedanklicher Ansatz, wie ich finde.

Natürlich gibt es gegenseitige Ergänzungen und Gemeinsamkeiten. Beide Unternehmen ergänzen sich zum Beispiel insofern, als das eine mehr Umsatz macht (nämlich MSH), das andere dafür mehr Gewinn (Systematics). Und gemeinsam ist beiden, dass sie jedes für sich eine Profitabilität aufweisen, die über dem Branchenschnitt liegt. Ich wünsche Ihnen, dass dies auch unter dem gemeinsamen Dach so bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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