Mit freundlichen Grüßen ...

05.04.2000

ComputerPartner

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MSH International Service AG

Vorstand

Herrn Klaus Hofmann

Berner Straße 38

60437 Frankfurt

München, 02.05.2000

Sehr geehrter Herr Hofmann,

Ihr Kauf des Systemhauses STS Spectrum Ende vergangenen Jahres war ja wohl - wenn ich Sie richtig verstanden habe - ein Griff ins ... äh ... na, Sie wissen schon. Ich kann zwar von dieser Stelle aus nicht beurteilen, ob Ihre Vorwürfe gegen den ehemaligen STS-Chef Hartmut Wenzel, er habe Ihnen ein Potemkinsches Dorf verkauft, berechtigt sind. Aber das Gefühl, über den Tisch gezogen worden zu sein, das kenne ich auch. Gut, eine Firma habe ich noch nie gekauft, dafür aber einen gebrauchten Fiat Uno. Der sah auch von außen tiptop aus, hatte jedoch einige störende Eigenheiten, die erst beim näheren Kennenlernen in Erscheinung traten. Zum Beispiel sprang er bei einer Luftfeuchtigkeit von über 30 Prozent oder Temperaturen von weniger als 20 Grad nicht gerne an. Entsprechend gut war ich auf den Verkäufer zu sprechen.

So ungefähr stelle ich mir Ihre momentane Lage vor. Wobei bei Ihnen natürlich alles viel professioneller abläuft, mit Anwälten und so. Und auch der Firmenkauf ist selbstredend mit dem Erwerb eines Gebrauchtautos nicht zu vergleichen. Aber trotzdem, trotz der Anwälte, Betriebsprüfer, Unternehmens-berater, Merger-&-Akquisitions-Fachleute, die Ihnen sicher vor und während des STS-Kaufs zur Seite standen, diese Pleite! Eine Firma, die, wie Sie im Nachhinein feststellten, alles andere als die Perle war, als die der Verkäufer, also Herr Wenzel, sie Ihnen präsentiert hatte. Wie kann so etwas passieren? Das ist mir schleierhaft. Ich meine, hier geht es schließlich nicht um einen gebrauchten Uno, sondern um ein Unternehmen mit damals 250 Angestellten und 150 Millionen Mark Umsatz. Da würde ich mir schon vorstellen, dass der Kaufinteressent die Firma so lange durch den Röntgenapparat schiebt, bis er selbst über den monatlichen Verbrauch der Klopapierrollen Bescheid weiß.

Insofern sind Sie sicher vor allem auf sich selber wütend. Aber gehen Sie nicht zu streng mit sich ins Gericht. Sie sind nicht allein. Mittlerweile hat sich ja herumgesprochen, dass mehr als jede zweite Übernahme oder Fusion danebengeht. Auch was die Akquisitionen im Systemhausbereich betrifft, ist nicht alles Gold. Da gab es auch die eine oder andere Übernahme, die der Käufer liebend gerne wieder rückgängig gemacht hätte. Gespannt bin ich auch schon, wie die Telekom mit Debis klarkommt. Das wird nicht einfach werden. Die Telekom-Pressestelle sieht sich jedenfalls nicht einmal in der Lage, uns einen verantwortlichen Manager im Telekom-Vorstand zu nennen, der für dieses Thema verantwortlich ist. Hoffentlich weiß wenigstens der Vorstand Bescheid.

Dass die Übernahme von Compunet durch Computacenter vorerst auf Eis gelegt wurde - wie man hört, war den Briten der Kaufpreis von 1,5 Milliarden Dollar zu hoch - ist vor diesem Hintergrund vielleicht das Beste, was beiden Parteien passieren konnte.

Wie auch immer: Ich finde es prima, dass Sie sich durch den Misserfolg der STS-Akquisition nicht entmutigen lassen. Dazu besteht ja auch keine Veranlassung. Denn das Geschäft läuft bei MSH offenbar absolut stabil, und die Zahlen, die Sie für das Geschäftsjahr 1999/2000 ausweisen, können sich auch im Vergleich zu den MSH-Konkurrenten sehen lassen (siehe Artikel auf Seite 20).

Insofern wäre es sicher das Beste, sich nicht mit den Fehlern der Vergangenheit zu quälen, sondern nach vorne zu schauen und es beim nächsten Mal besser zu machen. Ob ich selbst aus meinem Flop mit dem gebrauchten Fiat Uno gelernt habe? Klar. Beim nächsten Kauf habe ich einen Studienkollegen mitgenommen. Der verstand zwar genauso wenig von Autos wie ich, war aber Deutscher Vizemeister im Kugelstoßen, 1,98 Meter groß und 120 Kilo Kampfgewicht.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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