Mit freundlichen Grüßen ...

23.03.2000

ComputerPartner

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Dell Computer Corp.

Herrn Michael Dell

One Dell Way

Round Rock, Texas 78682

USA

München, 20.03.2000

Sehr geehrter Herr Dell,

da war die Branche in der vergangenen Woche doch ganz schön überrascht, als plötzlich das Gerücht auftauchte, Dell wolle sich an Maxdata beteiligen. In die Welt gesetzt worden war diese Meldung von dem amerikanischen Finanzinformationsdienst "Maininvestor", den zwar hierzulande kaum jemand kennt, dessen Behauptung dafür aber auch postwendend von den beteiligten Parteien als falsch dementiert wurde. Stellt sich für mich die Frage, wie diese Meldung zustande kam. Nach meiner Auffassung handelt es sich um eine gezielte Aktion aus Ihrem Hause. Einfach mal einen Ballon steigen lassen und gucken, was passiert.

Nun, auch ungefragt sage ich Ihnen gerne meine Meinung. Erstens: Sollten Sie tatsächlich an Maxdata interessiert sein, wäre dies ein interessantes Signal: Nämlich das Eingeständnis, dass Ihr "Erfolgsmodell" Direktvertrieb vielleicht doch nicht so toll ist. Überhaupt bin ich ja davon überzeugt, dass es sich bei dem ganzen Getue um den Dell-Direktvertrieb nur um eine von Ihnen gezündete Nebelkerze handelt, um die Konkurrenz in die falsche Richtung zu lotsen. Was wäre das auch für ein Geheimnis, das der Firmenboss wie ein Marktschreier in die Welt hinausposaunt und auch noch auf 270 Seiten zwischen zwei Buchdeckel presst?

Die Beteiligung an oder die Übernahme von Maxdata und damit das Eingeständnis der Grenzen des Direktvertriebs wäre natürlich auch ein schönes Signal an Dells Konkurrenten, ihre Vertriebspartner gut und pfleglich zu behandeln.

Zweitens: Eine Allianz mit Maxdata würde Ihre Probleme in Deutschland nicht lösen. Im Gegenteil. Denn die 4.500 Händler, die bei Maxdata kaufen, können Sie überhaupt nicht leiden. Dell ist für viele Händler das Feindbild Nummer eins, was kein Wunder ist. Denn waren es nicht Dell-Manager, die die Händler immer gerne in die Ecke von Schmarotzern gestellt haben, deren einziger Beitrag im Markt darin besteht, die Ware zu verteuern? Was glauben Sie, wie die Maxdata-Händler reagieren würden, wenn ihr Lieblingsfeind plötzlich bei ihrem Lieferanten das Sagen hätte? Beifall klatschen?

Drittens: Diese Frage stellt sich natürlich nicht nur in Bezug auf eine Dell-Maxdata-Allianz. Nehmen Sie ein anderes Unternehmen, zum Beispiel Actebis. Eine Beteiligung an Actebis - ein rein hypothetischer Fall - hätte dieselben Folgen wie im Falle von Maxdata. All dies bringt Sie nicht wirklich weiter. Wenn schon Beteiligung oder Übernahme, dann käme dafür nur ein Unternehmen in Frage, das direkt an Endkunden verkauft. Optimal wäre ein Systemhausverbund, der flächendeckend vertreten ist, und dessen Zielgruppe sich aus dem (gehobenen) Mittelstand rekrutiert. Aber wäre dies wirklich sinnvoll?

Froh, sich nicht Ihren Kopf zerbrechen zu müssen, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

P.S.: Bin beim Blättern in unserem Archiv auf ein interessantes Interview gestoßen, das Sie 1997 der "Wirtschaftswoche" gegeben haben. Daraus nur fünf Sätze: "Ich glaube nicht, dass ein PC-Hersteller sowohl im direkten als auch im indirekten Verkauf erfolgreich sein kann." "Sie werden es nicht erleben, dass Dell seine Computer über den indirekten Vertriebsweg anbietet." "Wir wollen keinerlei Partnerschaften mit Einzelhandelsketten eingehen. Dell setzt weltweit auf den direkten Vertrieb. Davon werden wir auch in Deutschland nicht abweichen."

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